Gerüchte und Halbwahrheiten

Sie halten sich hartnäckig, bleiben aber trotzdem unwahr: Die Mythen darüber, was Arbeitsnehmer dürfen und was nicht. Sie reichen in alle Bereiche: Urlaub, Probezeit, Überstunden, Teilzeit. Wir stellen Ihnen fünf davon vor.

Fünf Mythen des Arbeitsrechts


Knapp 375.000 erledigte Klagen vor deutschen Arbeitsgerichten hat das Statistische Bundesamt im Jahr 2015 gezählt. Nicht selten geht es beim Streit mit dem Arbeitgeber um das Gehalt oder eine Kündigung. Und ebenfalls nicht selten sind die Betroffenen von der Rechtsprechung überrascht. Denn sie hatten eine andere Vorstellung, davon, was rechtens ist und was nicht.

In vielen Fällen basiert die Rechtsauffassung auf Gerüchten, die sich hartnäckig halten, auch wenn sie falsch sind. Das gemeinnützige Verbraucherportal Finanztip hat solche Gerüchte aufgenommen und zeigt, was es damit auf sich hat:

1. Kein Urlaub und keine Krankheit in der Probezeit

Arbeitsverhältnisse beginnen in der Regel mit einer sechsmonatigen Probezeit. In dieser Zeit gilt für beide Seiten eine kürzere Kündigungsfrist. „Entgegen vieler Gerüchte gibt es aber kein grundsätzliches Verbot, in der Probezeit bezahlten Urlaub zu nehmen“, erklärt Britta Beate Schön, Expertin für Arbeitsrecht bei Finanztip. „Auch wer krank wird, muss sich in der Probezeit finanziell erstmal keine Sorgen machen.“ Denn wer länger als vier Wochen in der Firma ist, für den zahlt der Arbeitgeber den Lohn weiter. Bei weniger als vier Wochen springt die Krankenkasse ein.

2. Es gibt kein Recht auf Teilzeit

Jeder Arbeitnehmer hat ein Recht auf Teilzeit – auch Führungskräfte. Rechtlich müssen nur zwei Bedingungen erfüllt sein: Das Arbeitsverhältnis dauert schon länger als sechs Monate und im Unternehmen sind mehr als 15 Mitarbeiter beschäftigt. „Der Arbeitgeber kann den Wunsch nach Teilzeit dann nur mit betrieblichen Gründen ablehnen“, erklärt Schön. „Dazu zählen beispielsweise unverhältnismäßig hohe Kosten für den Arbeitgeber oder eine wesentliche Beeinträchtigung des Arbeitsablaufes.“

3. Wer im Urlaub krank wird, hat Pech

Im Krankheitsfall benötigen Arbeitnehmer keinen Urlaub. „Wer im Urlaub krank wird, kann seine Urlaubstage retten“, sagt Schön. „Arbeitnehmer sollten dann zum Arzt gehen und das Attest unverzüglich ihrem Arbeitgeber vorlegen.“ Der Arbeitgeber muss die Urlaubstage dann wieder auf dem Urlaubskonto gutschreiben. Wichtig zu wissen: Der Urlaubsanspruch verfällt grundsätzlich am 31. Dezember. Arbeitnehmer können ihren Urlaubsanspruch über den 31. Dezember hinaus bis zum 31. März des Folgejahres retten, falls es dringende betriebliche oder persönliche Gründe dafür gab. 20 Urlaubstage schreibt das Gesetz mindestens bei einer 5-Tage-Woche vor, üblich sind 30 Tage.

4. Überstunden sind bereits abgegolten

Überstunden sind mit dem Gehalt bereits abgegolten – wer diesen Klassiker der unwirksamen Klauseln im Arbeitsvertrag stehen hat, kann sie einfach ignorieren. Der Arbeitgeber darf Überstunden nicht pauschal abgelten. „Niemand ist grundsätzlich zu Überstunden verpflichtet“, sagt Schön. „Eine Ausnahme können unvorhergesehene Situationen sein wie ein Personalengpass durch viele kranke Mitarbeiter.“ Wer also mehr als zehn Stunden arbeiten soll, ohne innerhalb der nächsten sechs Monate einen Freizeitausgleich dafür zu bekommen, kann die Mehrarbeit ablehnen. Wer immer wieder Überstunden leistet, sollte seinen Vorgesetzten darauf ansprechen. Gewährt der Arbeitnehmer keinen Freizeitausgleich, müssen die Überstunden vergütet werden. Wichtig ist: Überstunden verjähren nach drei Jahren.

5. Privates Surfen ist erlaubt

Arbeitgeber können Mitarbeiter in der Regel nicht ohne Weiteres kündigen. „Wer länger als sechs Monate in einem Unternehmen arbeitet, das mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt, den schützt das Kündigungsschutzgesetz“, sagt Britta Schön. Dann muss der Arbeitgeber einen triftigen Kündigungsgrund haben. Das kann privates Surfen auf Kosten des Arbeitgebers sein oder Schummeleien bei der Arbeitszeit, sofern bei einer Zeiterfassung der Arbeitnehmer nicht richtig ausstempelt. In der Regel muss der Arbeitgeber aber vorher abmahnen. „Wem gekündigt wird, der sollte schnell handeln und sich umgehend an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht wenden“, rät Schön. „Denn innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung muss geklärt sein, ob man eine Kündigungsschutzklage erheben möchte.“

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