Rede im Bundesrat

Das Bundesumweltministerium lehnt die kommunale Sammelverantwortung im Rahmen des Wertstoffgesetzes unverändert ab. Staatssekretär Gunther Adler warnte heute im Bundesrat vor einer „Lizenzverteilungsbehörde“. Eine klare Haltung bezog er auch zur geforderten Herausnahme von Papierabfällen aus der Produktverantwortung.

Adler signalisiert Entgegenkommen – mehr nicht


Der von den Ländern Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein eingebrachte Entschließungsantrag im Bundesrat ist heute in die zuständigen Ausschüsse verwiesen worden. Demnach werden nun der Innenausschuss und Wirtschaftsausschuss unter Federführung des Umweltausschusses über die geforderte Sammelverantwortung für Kommunen beraten.

Gunther Adler, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, verteidigte heute im Bundesrat den Arbeitsentwurf für das geplante Wertstoffgesetz. Der Entwurf sei ein Kompromiss, der sowohl den privatwirtschaftlichen als auch den kommunalen Interessen angemessen Rechnung trage. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE) würden weitgehende Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten erhalten, mit denen sie die Entsorgungsaufgaben vor Ort ausgestalten könnten. Somit könnten sie die Struktur der Wertstoffsammlung unter Beachtung der örtlichen Gegebenheiten und bereits vorhandenen Sammelsysteme einseitig festlegen.

Adler räumte ein, dass es einige Regelungen gebe, die nochmal besonders kritisch überprüfen werden müssten, insbesondere was die Frage der kommunalen Steuerungsmöglichkeiten betrifft. Das Bundesumweltministerium (BMUB) habe hierzu bereits signalisiert, dass man bereit sei, entsprechende Anpassungen vorzunehmen. „Am Ende sollen die Kommunen trotz einer privatwirtschaftlich geführten Werstoffsammlung annähernd die gleichen Gestaltungsmöglichkeiten haben, die sie bei einer vollständigen Übertragung der Organisationsverantwortung für die Sammlung hätten“, betonte Adler.

Keine Abkopplung der operativen Verantwortung

Die Übertragung der Organisationsverantwortung lehnt das BMUB unverändert ab. Ein vollständiger Systemwechsel wäre in dieser Legislaturperiode kaum zu realisieren, sagte Adler. Ein „kommunales Sammelmonopol“ sei mit den europarechtlich garantierten Grundfreiheiten insbesondere der Warenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit nicht vereinbar. Aus Adlers Sicht sollen mit dem eingereichten Entschließungsantrag „gut funktionierende privatwirtschaftliche Strukturen zugunsten einer vermeintlich besseren kommunalen Aufgabenerfüllung kaputt gemacht werden“.

Der Staatssekretär bezeichnete es außerdem als inkonsequent, dass der Entschließungsantrag nicht vorsehe, auch die Finanzierungsverantwortung auf die Kommunen zu übertragen. Die Erklärung ist aus seiner Sicht die, dass die kommunale Wertstoffsammlung am Ende erheblich mehr kosten könnte als die bisherige Sammlung über die dualen Systeme. Deshalb sollen nach den Vorstellungen der Antragsteller weiterhin Industrie und Handel die Kosten tragen, obwohl sie keinerlei Einfluss mehr auf die Erfassung hätten. „Eine solche Abkopplung der operativen von der finanziellen Verantwortung widerspricht unserem Verständnis einer umfassenden Produktverantwortung“, erklärte Adler.

Warnung vor „Bürokratiemonster“

Abgesehen davon lasse der Entschließungsantrag die Details der Finanzierung offen. Eine Finanzierung über die Zentrale Stelle als Bundesbehörde sei finanzverfassungsrechtlich nicht zulässig. „Am Ende müssen die Länder im Wege eines Staatsvertrags eine ‚Lizenzverteilungsbehörde‘ gründen“, warnte Adler. Wenn eine solche Behörde auch noch die Sortierung und Verwertung vergeben soll, dann würde es eine „Mammutbehörde mit mehreren hundert Mitabeitern“. Das wäre dann ein „Bürokratiemonster“.

Adler erteilte auch der Forderung eine Absage, Papierabfälle aus der Produktverantwortung zu entlassen. Dafür gebe es keinerlei ökologische Begründung, sondern lediglich kurzfristige finanzielle Interessen auf Seiten der Kommunen, sagte der Staatssekretär. Eine solche Herausnahme würde einen umweltpolitischen Rückschritt darstellen. Diesen werde das BMUB nicht mittragen.

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