Verbot des Flammschutzmittels

Durch das Verbot des Flammschutzmittels HBCD wird Dämmmaterial, das diesen Stoff enthält, zu gefährlichem Abfall. Das HBCD muss daher vollständig zerstört werden. Ein Überblick zeigt, welche neuen Regelungen gelten und welche Auswirkungen auf die Entsorgung zu erwarten sind.

Alles Wichtige zum HBCD-Verbot


Für das Flammschutzmittel HBCD wird derzeit Schritt für Schritt ein weltweites Herstellungs- und Anwendungsverbot eingeführt. Seit dem 22. Mai 2016 darf es in Europa nicht mehr hergestellt werden, die Verwendung wurde stark beschränkt. Das Material wurde in der Vergangenheit vor allem in Dämmstoffen aus expandiertem Polystyrol (EPS) und in extrudiertem Polystyrol (XPS) eingesetzt. Aber auch in Verpackungsstoffen aus EPS oder in Textilien wurde es teilweise verwendet – im Jahr 2006 waren es in Europa insgesamt etwa 12.000 Tonnen.

Aus dem Verbot ergeben sich für Hersteller, Verwender und Verwerter einige Fragen. Das Umweltbundesamt hat dazu einen Hintergrundbericht veröffentlicht. Die wichtigsten Fragen und Antworten hat 320° für Sie zusammengefasst.

Warum wurde HBCD verboten?

HBCD gilt als giftig und vor allem persistent – er wird über viele Jahre in nahezu allen Umweltproben gefunden und lässt sich auch in Fischen und Meeressäugern nachweisen. Tierversuche haben gezeigt, dass die Embryonal- und Säuglingsentwicklung gestört wird. HBCD wird daher nach den Kriterien der Europäischen Chemikalienverordnung REACH als „besonders besorgniserregender Stoff“ eingestuft.

Gilt das Verbot für alle Anwendungen?

Bisher noch nicht. Eine Zeit lang gilt noch eine Ausnahme für Dämmstoffe aus EPS. Hier darf HBCD weiterverwendet werden, wenn der Hersteller über eine Zulassung unter REACH verfügt. Die Regelung gilt voraussichtlich bis 21. Februar 2018. Ansonsten gilt wie für alle Stoffe: Seit dem 22. März 2016 dürfen Produkte mit einem HBCD-Gehalt von mehr als 100 Milligramm pro Kilogramm in der EU nicht mehr hergestellt oder in Verkehr gebracht werden.

Was passiert mit HBCD-haltigen Abfällen?

Ein stoffliches Recycling der HBCD-haltigen Abfälle ist derzeit laut Umweltbundesamt nicht möglich. Ab einem bestimmten HBCD-Gehalt müssen die Abfälle so verwertet oder beseitigt werden, dass die darin enthaltenen persistenten organischen Schadstoffe („POPs“) zerstört oder unumkehrbar umgewandelt werden. Ab dem 30. September 2016 gilt hierfür der Grenzwert von 1.000 Milligramm pro Kilo. Das entspricht einer Konzentration von 0,1 Prozent und wird praktisch alle Abfälle betreffen.

Zusätzlich gelten aufgrund einer Verzahnung der Abfallverzeichnis- und der POP-Verordnung (persistente organische Schadstoffe) die Polysterol-Dämmstoffe ab dem 30. September als gefährlich und nachweispflichtig. Ihnen wird der Abfallschlüssel „17 06 03* anderes Dämmmaterial, das aus gefährlichen Stoffen besteht oder solche Stoffe enthält“ zugeordnet. Die Abfälle dürfen also nur noch in Abfallverbrennungsanlagen behandelt werden, die über eine entsprechende Zulassung verfügen.

Zwar gibt es für HBCD-haltige Textilien und Möbeln, wie auch für Kleinmengen an HBCD-haltiger Dämmstoffabfälle (< als 2 Tonnen pro Jahr) keinen Abfallschlüssel, aber auch dieses Abfälle müssen unumkehrbar zerstört oder umgewandelt werden. Auch hier gilt: Das geeinigte Verfahren ist die Verbrennung, da hierbei das HBCD vollständig zerstört und das enthaltene Brom als Salz in der Abgasreinigung aufgefangen wird.

Wann ist ein stoffliches Recycling möglich?

Laut Umweltbundesamt wird derzeit an Verfahren zur selektiven Abtrennung von HBCD aus Polystyrolabfällen geforscht. Ein Beispiel sei das CreaSolv-Verfahren. Wenn bei den neuen Produkten der seit 22. März geltende HBCD-Grenzwert eingehalten wird, könnte an deren Lebensende ein werkstoffliches Recycling stattfinden. Ob die Dämmstoffe HBCD-frei und HBCD-haltig sind, kann ein Schnelltest auf Basis der Röntgenfluoreszenzanalyse erkennen.

Welche HBCD-freien Alternativen gibt es?

Hier verweist das Umweltbundesamt unter anderem auf mineralische Dämmstoffe aus Mineralwolle, Mineralschaum, Schaumglas oder Blähton. Auch Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen wie Holzfaserdämmplatten oder Dämmstoffe auf Basis von Holzspänen, Zellulose oder Hanf isolieren demnach gut. Als Flammschutzmittelalternative eignete sich beispielsweise ein bromiertes Polymer, das zu einem Anteil von ca. 1 Prozent dem Polystyrol zugegeben wird

Nach Angaben von Hartmut Schönel, Geschäftsführer des Industrieverbands Hartschaum (IVH), in dem die Produzenten von EPS für Dämmstoffe organisiert sind, verbauen die Mitgliedsunternehmen ohnehin schon seit Ende 2014 keine HBCD-haltigen Dämmmaterialien mehr.

© 320°/ek | 19.07.2016

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