Internationale Märkte für NE-Metallschrott

Die weltweiten Marktbedingungen sind derzeit fragil. Das hat viele Gründe, angefangen von Hafenarbeiterstreiks in den USA, über die griechische Finanzkrise und den Ukraine-Konflikt, bis hin zu den Neujahrsferien in China. Auch die deutschen Schrott- und Metallhändler sind höchst unzufrieden mit der derzeitigen Lage.

„Als ob ganz Asien im Urlaub ist“


So richtig zufrieden ist momentan keiner der NE-Metallexperten des Weltrecyclingverbands BIR. In Europa belasten noch immer die Finanzkrise Griechenlands sowie der bewaffnete Konflikt in der Ukraine die NE-Metall- und Schrottmärkte. In den USA spüren Händler wie Recycler die Folgen des monatelangen Streiks der Hafenarbeiter an der Westküste und des strengen Winters im Nordosten des Landes. „Hinzu kamen noch die Neujahrsferien in China – die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt lag für eine Woche still“, schreibt David Chiao, Interimspräsident der BIR-Fachsparte NE-Metalle. „All diese Faktoren haben zu den fragilen Marktbedingungen in dieser ohnehin fragilen Welt beigetragen.“

Ralf Schmitz, Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Metallhändler (VDM), ist mit der Lage des Schrottmarktes in Deutschland überhaupt nicht zufrieden: „Der NE-Schrottmarkt war auch im Februar enttäuschend.“ Es gebe ausreichend Schrott, und der Markt sei gut versorgt, aber die Nachfrage sei schwach. Das gelte nicht nur für die Inlandsnachfrage, sondern auch für den Export. Einige Unternehmen würden nicht nur unter der zurückhaltenden ausländischen Nachfrage leiden, sondern auch unter den russischen Handelssanktionen. Positiveres kann Schmitz dagegen über den Markt für Primärmetalle berichten. Vor allem Primäraluminium werde besonders gut nachgefragt.

Anteil von Sekundärkupfer an der europaweiten Kupferproduktion* in den Jahren von 2002 bis 2012 Die verhaltene Schrottnachfrage in Europa macht sich nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich bemerkbar. „Die Kunden kaufen derzeit nur kleine Mengen zu immer höheren Preisnachlässen, und die Schrottvolumen stehen nur kleckerweise zur Verfügung“, so Alexandra Weibel-Natan, Vertreterin der Young Traders Group, der BIR-Gruppe junger Fachkräfte. „Die Lieferanten ziehen es beim derzeit niedrigen Preisniveau vor, ihre NE-Schrotte zu lagern.“ Auch bei den Langstreckenexporten herrscht derzeit eine Flaute. „Obwohl nur die Chinesen Neujahr feiern, hat es den Anschein, als ob ganz Asien im Urlaub ist.“ Weibel-Natan hofft, dass mit der Rückkehr Chinas auf den Schrottmärkten in den kommenden Wochen auch die europäischen Käufer nachziehen und ihre Geschäftstätigkeit wieder steigern. Daneben präge vor allem das niedrige Preisniveau der wichtigsten Nichteisenmetalle an der London Metal Exchange (LME) die Marktsituation.

Dasselbe berichtet auch Shigenori Hayashi, Vorstandsmitglied der NE-Metallsparte im BIR, vom japanischen Markt. „In Folge der niedrigeren LME-Metallpreise sind die japanischen Aluminiumschrottpreise im Januar dramatisch gefallen.“ Die Preise von ausländischen Hütten für ADC12-Aluminiumlegierungen sind demnach zwischen 40 und 50 US-Dollar pro Tonne gefallen. Der Leiter der Materialwirtschaft bei Daiki Aluminium Industry ist aber zuversichtlich, dass die Talfahrt der Schrottpreise bald ein Ende haben wird, da momentan nicht ausreichend Schrott zur Verfügung stünde, um die Nachfrage zu decken.

Düstere Marktbedingungen in Russland

In Russland haben die am Schrottmarkt Beteiligten mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. „Die Marktbedingungen haben sich seit dem Jahreswechsel deutlich eingetrübt“, berichtet Ildar Neverov von der Steelway Limited Company. „Die staatlichen Behörden üben Druck aus und bereiten den Unternehmen Unannehmlichkeiten.“ Ungemach könnte von den russischen Plänen drohen, höhere Exportzölle für Schrott einzuführen. Über derartige Pläne, mit denen der Staat seine einheimischen Schrottvorkommen schützen will, werde derzeit gemunkelt. „Wir haben bereits Schreiben und Klagen bei hochrangigen Staatsbeamten eingereicht, mit dem Versuch, uns vor einer Isolation zu schützen. Wenn Russland doch so dringend NE-Schrott braucht – warum räumen die Behörden nicht die 18-prozentige Mehrwertsteuer bei der Einfuhr aus dem Weg, um einen freien Handel mit den früheren GUS-Staaten zu ermöglichen?“, fragt Neverov.

Umsatz der Branche Rückgewinnung sortierter Werkstoffe in Indien von 2008 bis 2012 und Prognose bis zum Jahr 2018 (in Millionen US-Dollar) Ähnliches fordert auch die indische Schrottindustrie von ihrer Regierung. „Unsere Industrie hat bereits mehrfach Einspruch gegen Einfuhrzölle auf Schrotte eingelegt, um nicht länger gegenüber den anderen ASEAN-Staaten benachteiligt zu sein“, schreibt Dhawal Shah von Metco Marketing. Nicht nur Importe von Fertig- oder Halbfertigprodukten aus ASEAN-Staaten sollten zollfrei sein, sondern auch Grundmaterialien wie Schrotte, fordert der Interims-Vizepräsident der BIR-Fachsparte. Hersteller, die Schrott importieren, müssten somit einen Zusatzzoll von 4 Prozent zahlen. Das müssten die Produzenten beim späteren Absatz der Endprodukte versuchen zu kompensieren. Ironischerweise seien Händler von diesem Zusatzzoll befreit.

In den USA hat die Schrottwirtschaft einerseits mit den Folgen des strengen Winters im Nordosten des Landes und des neunmonatigen Streiks der Hafenarbeiter an der Westküste zu tun. Andererseits haben sich auch die niedrigen LME-Preise und die chinesischen Neujahrsferien negativ ausgewirkt. Die Preise für Sekundäraluminium haben wieder einmal um 20 bis 40 US-Dollar je Tonne nachgeben, wie Andy Wahl, Vizepräsident der BIR-NE-Metall-Sparte berichtet. Trotz allem übt sich Wahl in Optimismus: „Im Großen und Ganzen sind die Marktaussichten in den USA nach wie vor zufriedenstellend – verglichen mit anderen Teilen der Welt.“

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