Gewerbliche Sammlung

Nach der Niederlage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart will der Kreis Böblingen das Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Mannheim prüfen lassen. Das Landratsamt will die Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht gelten lassen.

Altkleiderstreit: Kreis Böblingen geht in Berufung


Im Verfahren um die Untersagung von gewerblichen Altkleidersammlungen im Landkreis Böblingen wird das Landratsamt Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Stuttgart einlegen. Das kündigte Landrat Roland Bernhard am Montag (15. Mai) an. Das Landratsamt will das Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Mannheim prüfen lassen.

„Wir gehen in Berufung, um damit die Bürgerinnen und Bürger im Landkreis vor zu hohen Abfallgebühren zu schützen“, erklärt der Landrat. Gleichzeitig appellierte er an die Bevölkerung Altkleider in die Sammelcontainer des kreiseigenen Abfallwirtschaftsbetriebs (AWB) zu geben. „So ist sichergestellt, dass die Kleidung vernünftig verwertet wird und gleichzeitig die Einnahmen den Gebührenzahlern zugutekommen.“ Der AWB hat 300 Altkleider-Container an 164 Standorten im gesamten Kreis und auf allen 31 Wertstoffhöfen aufgestellt.

Schwellenwert wird deutlich überschritten

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte Ende April die Untersagungsverfügung des Landratsamts gegen einen gewerblichen Altkleidersammler als rechtswidrig zurückgewiesen. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass die gewerbliche Sammlung dem überwiegenden öffentlichen Interesse nicht entgegenstehe.

„Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist nicht festzustellen“, hieß es in einer Mitteilung des Gerichts. So habe der Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises die Sammlung von Alttextilien seit dem Einstieg im Jahr 2013 von rund 1.200 auf rund 1.800 Tonnen im vergangenen Jahr gesteigert – und das trotz der parallel durchgeführten gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen.

Das Landratsamt Böblingen verweist jedoch auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von Juni 2016. Demnach genieße das hochwertige Erfassungssystem des öffentlichen Sammlers besonderen Schutz. Dies gelte dann, wenn durch die gewerbliche Sammlung negative Auswirkungen auf die Sammelmenge des öffentlichen Erfassungssystems zu erwarten sind.

„Übersteigt die Sammelmenge aller gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen mehr als 15 Prozent des Gesamtaufkommens ist laut Bundesverwaltungsgericht diese Bedingung erfüllt“, sagt Wolfgang Bagin, Werkleiter des AWB. „Diese Schwelle ist im Falle der Auseinandersetzungen im Landkreis Böblingen deutlich überschritten: In den gewerblichen Sammlungen werden mehr als 50 Prozent der potentiellen Alttextilien im Landkreis erfasst.“

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