Internationaler Markt

Ein stabiles Wirtschaftsumfeld sieht anders aus: Der Brexit, schwankende Ölpreise und deutliche Wechselkursschwankungen schürten auch bei Altpapierhändlern die Sorge vor einer Konjunkturdelle. Aber zumindest im zweiten Quartal 2016 zogen die Altpapierpreise leicht an - besonders in Europa.

Altpapier: Stabile Nachfrage trotz turbulentem Umfeld


In den vergangenen Monaten trotzten die Altpapierpreise vielerorts den schwierigen Marktbedingungen. Wie Ranjit Baxi von J&H Sales International im aktuellen Marktbericht des Weltrecyclingverbands BIR schreibt, starteten die Notierungen für Wellpappenpapiere im April bei rund 160 US-Dollar pro Tonne und lagen Ende Juni bei rund 167 US-Dollar. Für gemischte Altpapiere verbesserte sich der Preis von rund 115 US-Dollar auf 130 US-Dollar pro Tonne. Die Frachtraten blieben weiterhin niedrig.

Für die zweite Jahreshälfte erwartet Baxi eine gesteigerte Fasernachfrage, da sowohl in Europa als auch in Indien und China die Wirtschaft anziehen soll. Ein solches Versprechen gab kürzlich auch die Regierung in Indonesien. Demnach soll die dortige Papierindustrie jährlich um rund 3 bis 4 Prozent wachsen. Allerdings war im vergangenen Quartal die Landeswährung Rupiah so schwach, dass die Händler fast ausschließlich im eigenen Land einkauften. Altpapierbestellungen aus den USA oder Europa wurde gecancelt, berichtet Mark Mijnster von Papermarketing. Oder sie wurden auf August oder September verschoben.

produktion-von-papier-karton-und-pappe-in-ausgewaehlten-laendern-bis-2014Auf Europa hatte der Kaufstopp aus Indonesien aber kaum einen Effekt, da dort neue Kapazitäten wie etwa in den Niederlanden geschaffen wurden und chinesische Händler die Einkäufe deutlich nach oben schraubten.

In Deutschland beobachtete Reinhold Schmidt von Recycling Karla Schmidt, dass die Nachfrage vor allem für die niedrigeren Altpapiersorten in den neuen Bundesländern und aus Osteuropa anzog – das führte auch zu leicht steigenden Preisen. Die Fabriken freuten sich außerdem über eine steigende Qualität der Altpapierlieferungen aus den Benelux-Ländern und aus Großbritannien. Laut Schmidt waren dafür gesteigerte Sammelaktivitäten verantwortlich. Im Juni wurden in Deutschland vor allem gemischte Sorten und Kaufhauspapiere stark nachgefragt – dank hoher Sammelmengen konnte die Nachfrage gut bedient werden. Auch die Nachfrage an den anderen Sorten war stabil oder stieg leicht an.

In der Türkei hingegen stagnierte die Nachfrage an Papierprodukten was dazu führte, dass die Papierfabriken nur zu 70 Prozent ausgelastet waren, schreibt BIR-Vertreter Ekrem Demircioglu. Infolgedessen ging auch die Altpapiernachfrage zurück, die Preise waren davon aber zunächst nicht betroffen.

Umbruch in Finnland

Die Altpapiersammlung in Finnland steht derzeit von einem Umbruch. Wie Merja Helander von Lassila &Tikanoja schreibt, waren dort im Rahmen der Produktverantwortung bislang die Inverkehrbringer lediglich für Papierverpackungen zuständig – die rechtlichen Papiere wurden von den Kommunen gesammelt. Nun soll die Verantwortung für gesamte Sammlung in die Hände der Inverkehrbringer gelegt werden. Rund 1.850 Sammelstellen müssen die Produktverantwortlichen schaffen. Derzeit wird an dem Aufbau des neuen Systems gearbeitet – bis zum Ende des Sommers soll es fertig sein.

Ebenfalls in Finnland hat im Süden des Landes der Hersteller Kotka Mills eine neue Maschine in Betrieb genommen, die jährlich 400.000 Tonnen Kartons produziert. Zwar wird hier kein Altpapier eingesetzt, aber laut Helander ist die große Investition eine willkommene Ergänzung auf dem schwedischen Altpapiermarkt.

Höhere Preise in UK und Italien

In Großbritannien sorgte der Brexit und das daraufhin gefallene Pfund dafür, dass die Exportpreise für gemischte Sorten um rund 30 Pfund pro Tonne anstiegen, schreibt Simon Ellin von der dortigen Recycling Association. Händler aus China kauften weiterhin große Mengen. Im Juli stiegen die Preise dann nochmal um 30 bis 40 Pfund pro Tonne.

Wenig Material und eine hohe Nachfrage der Papierfabriken haben in Italien laut Giampiero Magnaghi dazu geführt, dass für einige Sorten im vergangenen Quartal höhere Preise als in anderen europäischen Ländern gezahlt wurden. Ähnliches berichtet Francisco J. Donoso von Alba Servicios Verdes aus Spanien. Hier ist vor allem die Nachfrage nach Deinkingsorten deutlich höher als die Sammelmengen. Da aber auch auf dem europäischen Markt kaum Material zu finden ist, sind die Lager vieler Fabriken fast leer.

© 320°/ek | 21.07.2016

Mehr zum Thema
Kreislaufwirtschaft: Deutschland und China vereinbaren Aktionsplan
Alternative Papiersorten: Wie gut sind die Top Ten wirklich?
Rohstoffimporte: „Höchste Zeit für einen Kurswechsel“
Wie recyclingfähig sind Papiersäcke?
Gute Nachfrage lässt Altpapierpreise steigen
Deutsche Industrie weiter im Plus