bvse-Altpapiertag

Das Altpapieraufkommen ist hoch und der Absatz auf Rekordniveau. Dennoch ist die Freude der Altpapierbranche getrübt. Das Problem: Die zunehmende Marktkonzentration und die Überreglementierung, die kleine und mittlere Unternehmen über Gebühr belastet.

Altpapierbranche beklagt Überreglementierung


Trotz guter Geschäfte hat die Altpapierbranche nicht nur Grund zur Freude. Wie der Vorsitzendes des Fachverbands Papierrecycling im Entsorgerverband bvse, Werner Steingaß, auf den Altpapiertag heute in Düsseldorf deutlich machte, hat vor allem der Mittelstand mit zwei Problemen zu kämpfen: der zunehmenden Marktkonzentration und der Überreglementierung.

Zusätzliche Regelungen und verschärfte behördliche Überwachung führen laut Steingaß zu einem deutlich erhöhten Aufwand im Betriebsablauf. „Dieser erhöhte Aufwand ist ohne eine teure und im Endeffekt unproduktive Personalaufstockung nicht zu stemmen und benachteiligt damit vor allem kleinere und mittelständische Unternehmen über Gebühr“, so der Altpapierexperte.

Als Beispiel nannte Steingaß das Abfallverbringungsrecht. Dieses sei aufgrund seiner Komplexität und Fülle von Regelungen kaum noch adäquat zu bewältigen. Bereits das „unkorrekte“ Ausfüllen der im Annex VII verlangten Angaben für Unternehmen könne zum Stopp des Abfalltransports oder gar zu hohen Bußgeldern führen. Schwer nachvollziehbar sei zudem, dass sich die Behörden oft nicht einmal untereinander einig seien.

„Keine Kungelei zwischen kommunalen Unternehmen und dem Vollzug“

Mit großer Sorge sieht der bvse-Vertreter auch die Konzentrationstendenz in der Altpapierbranche, die zu einem starken Aufkauf von Unternehmen führe. „Man kann mit Fug und Recht feststellen: Die Großen werden immer größer und die Zahl der mittelständischen Unternehmen wird immer kleiner“, so Steingaß.

Um den Mittelstand zu stärken, forderte Steingaß: Die Politik müsse die Rahmenbedingungen, insbesondere bei genehmigungsrechtlichen Fragen, so gestalten, dass auch kleinere und mittelständische Unternehmen eine reelle Chance haben, sich im Wettbewerb zu behaupten. Außerdem gebe es weiterhin Handlungsbedarf bei der gewerblichen Sammlung. „Hier darf es noch nicht einmal den Anschein einer Kungelei zwischen kommunalen Unternehmen und dem Vollzug geben“, sagte der bvse-Vertreter.

Rekord-Einsatzquote bei Altpapier

Neben den schwierigen Bedingungen für den Mittelstand hatte Steingaß auch von guten Entwicklungen zur berichten. So lag in Deutschland die Altpapiereinsatzquote der Papierfabriken mit 74,5 Prozent im vergangenen Jahr so hoch wie noch nie. Damit wurden für die Produktion von 22,5 Millionen Tonnen Papier, Pappe und Karton insgesamt 17 Millionen Tonnen Altpapier verwendet. Die Nachfrage in Deutschland überschritt erneut die Sammelmenge im eigenen Land und machte die Bundesrepublik zu einem Nettoimporteur.

Da europaweit jedoch mehr Altpapier erfasst wird, als benötigt wird, mahnte Steingaß die Bedeutung von Exportmöglichkeiten an. „Solange dem so ist, bleibt das Ventil des Altpapierexports die unverzichtbare Basis für die in Europa erfolgreich praktizierte Recyclingwirtschaft.“

Möglicherweise in Anspielung auf die Altpapier-Preisdiskussionen zwischen Papierfabriken und Altpapierhändlern und die Diskussion um Einhaltung von Qualitätsanforderungen , betonte Steingeiß die an sich gute Zusammenarbeit. „Auch unter solch engen Partnern kann es vorkommen, dass deren Auffassungen nicht immer deckungsgleich erscheinen. Gerade dies sollte uns aber zusammen noch stärker auf unsere Gemeinsamkeiten und somit auf unsere Stärken schauen lassen.“ Erst zuletzt konnten sich die Altpapierhändler mit steigende Preise gegenüber den Papierfabriken durchsetzen. Im März stieg der Preis sogar um 10 Euro pro Tonne.

© 320°/ek | 24.03.2017

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