Fasern für neue Kleidung

Ein schwedisches Start-up hat ein Verfahren entwickelt, um aus Altkleidern Fasern für neue Kleidung zu gewinnen. Die Demonstrationsanlage soll im Frühjahr 2017 in Betrieb genommen werden. Ziel ist es, Stoffreste industriell aufzubereiten.

Alttextilien: Neue Recycling-Methode aus Schweden


Rund eine Million Tonnen Altkleider inklusive Schuhe landeten 2013 in Deutschland in den Sammelcontainern. Etwas mehr als die Hälfte war gut genug, um in Second-Hand-Geschäften verkauft zu werden. Die übrige Menge diente als Quelle für Putzlappenrohstoffe oder wurde als Dämmstoff sowie in Autoauskleidungen verwertet. Was, wenn aus diesen weiterverwendeten oder recycelten Mengen hochwertige Fasern für neue Kleider gewonnen werden könnten? Das schwedische Unternehmen Renewcell hat genau das vor.

Bereits seit 2012 arbeiten die Ingenieure in Kristinehamn, knapp drei Autostunden westlich von Stockholm, an einem entsprechenden Verfahren. Ein gelbes Kleid aus vollständig recyceltem Alttextil, das so genannte Yellow Dress, ist daraus schon entstanden. Ihr Plan ist nun, Stoffreste im industriellen Maßstab aufzubereiten. Frische Baumwollfasern müssten somit kaum noch beziehungsweise gar nicht mehr in der Produktion zugeführt werden.

„Fluffiger, watteartiger Zellstoff“

„Im Detail besteht das neue Verfahren aus vier Schritten“, erklärt Louise Norlin, zuständig für die Kommunikation bei Renewcell. Zunächst werden die Textilabfälle grob geshreddert und entfärbt. Anschließend werden die nun stückigen Abfälle mit einem Chemikalien-Mix behandelt und so deren Struktur aufgebrochen. Dabei entsteht ein Brei, aus dem in einem dritten Schritt gelöste Zellulosebestandteile von anderen Gewebebestandteilen abgetrennt werden, etwa Polyester. Im finalen Schritt muss das Ganze nur noch getrocknet werden. Ergebnis ist ein fluffiger, watteartiger Zellstoff, Baumwolle nicht unähnlich.

„Dieser Zellstoff kann einfach in der herkömmlichen Faserproduktion eingesetzt werden. Daraus werden dann Textilfasern wie Viskose oder Lyocell für neue Kleidung gewoben“, sagt Norlin. Bereits seit Längerem werden Viskosefasern beziehungsweise Lyocell industriell genutzt, um daraus textile Stoffe herzustellen. Die Fasern werden aus Zellulose gesponnen, die zuvor aus Holz gewonnen wurde. „Hinsichtlich der Qualität sind unsere Lyocell-Fasern gleichwertig oder sogar besser als solche, die konventionell aus Holz gemacht sind“, betont Norlin. Ein weiteres Produkt seien nicht gewebte Vliesstoffe, wie sie zum Beispiel für Putzlappen verwendet werden.

Ihre Technologie wollen die Schweden nun im größeren Maßstab demonstrieren. Dafür soll im Frühjahr 2017 eine Pilotanlage am Standort Kristinehamn in Betrieb gehen. Die Investitionskosten werden sich hierfür auf acht Millionen Euro belaufen. Geplant ist, erst einmal 7.000 Tonnen sogenannten Renewcell-Zellstoff zu produzieren. Als Input sind Produktionsreste aus der Bekleidungsindustrie denkbar. Aber auch Alttextilien mit hohem Baumwoll-, Viskose- oder Lyocell-Anteil könnten zum Einsatz kommen.

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