Sortiertechnik für Aluminium

Bislang war es nicht möglich, einzelne Aluminiumlegierungen im Alu-Schrott voneinander zu unterscheiden. Deswegen mussten beim Einschmelzen große Mengen von Primäraluminium beigemengt werden. Ein deutscher Mittelständler hat eine Lösung gefunden. Im Mai wird das Verfahren großindustriell zum Einsatz kommen.

Aluschrott im Röntgenscanner


Weil Aluminium so leicht und gut formbar ist, nimmt die industrielle Nutzung des Metalls stetig zu. Weltweit werden Schätzungen zufolge mehr als 50 Millionen Tonnen Aluminium pro Jahr hergestellt, Tendenz steigend. Allerdings ist die Produktion von Primäraluminium extrem energieintensiv. Um die Ökobilanz des Metalls zu verbessern, wäre ein vermehrter Einsatz von Recyclingaluminium wünschenswert. Das Problem ist jedoch: Das Leichtmetall existiert in Form hunderter verschiedener Legierungen, die für Härte, Festigkeit oder Formbarkeit des Materials sorgen – je nachdem, ob eine Auto oder eine Dose entstehen soll.

Die einzelnen Aluminiumlegierungen im Aluschrott voneinander zu unterscheiden, war bislang nicht möglich. Deswegen müssen beim Einschmelzen des Metallschrotts immer große Mengen von Primäraluminium beigemengt werden, um die gewünschte Mischung der richtigen Legierung einzustellen. Der Sortierspezialist WMR Recycling in Dormagen, Nordrhein-Westfalen, hat jedoch in den vergangenen Jahren eine Sortiertechnik entwickelt, die es ermöglicht, Aluminiumlegierungen aus 100 Prozent Sekundärmaterialien herzustellen.

Perfekt geschnittene Alu-Chips

Erprobt wurde das vom Umwelt-Innovationsprogramm der Bundesregierung geförderte Verfahren beim Recycling von Alufenstern. In der ersten Stufe geht es dabei noch recht konventionell zu: eine Schrottschere und ein konventioneller Shredder sorgen für die Zerkleinerung der Fensterrahmen. Magnet- und Wirbelstromabscheider ziehen anschließend Eisenschrauben- und Scharniere, Gummi, Holz und Kunststoffe aus dem Stoffstrom. Der so erlangte Schredderschrott besteht nahezu vollständig aus Aluminium – enthält aber auch jene Alu-Teile, die nicht der Fensterrahmenlegierung entsprechen.

Diese auszusortieren ist die Aufgabe einer speziellen Röntgenanlage. „Das innovative an unserer Anlage besteht darin, diesen Teil noch mal nachzuschreddern, zu sieben und optimal für die Röntgentransmissionsanlage vorzubereiten“, sagt Boris Kurth, der das Verfahren gemeinsam mit einem Bruder entwickelt hat. Im zweiten Schritt wird das Aluminium nicht zerschlagen, sondern von speziellen, besonders gehärteten Messern auf vier bis sechs Zentimeter große Alu-Chips geschnitten. Die anschließende Siebanlage sortiert kleine Teile aus, so dass nur Teile mit einer nahezu homogenen Geometrie auf dem Band verbleiben. Nur so sei die Detektion in der anschließenden Röntgenanlage möglich.

Anschließend durchleuchten zwei starke Röntgenquellen die einzelnen Teile. Ein Röntgendetektor misst die eintreffende Strahlung: je mehr störende Schwermetalle wie Kupfer, Messing -oder Zinkteile enthalten sind, desto weniger Strahlung kommt bei der Messung an. Ein Computer berechnet, wann und wo diese Teile den Ausgang des Geräts passieren werden und steuert eine dort platzierte Leiste mit fast 400 Druckluftdüsen an. Die unerwünschten Chips werden mit Luftstößen in die Luft geblasen und landen in einem Sammelbehälter. Zwischen zwei und vier Prozent betrage dieser Ausschuss, der anderen Stoffkreisläufen zugeführt wird. Der Rest entspricht der Legierung 60/60, die in der Fensterrahmenproduktion eingesetzt wird.

Einsatz für Dosenschrott

Der erfolgreiche Probebetrieb lockte einen großen Investor an: Im vergangenen Jahr wurde der Mittelständler WMR Recycling vom Aluminiumhersteller Norsk Hydro gekauft. Dieser wird die Technologie in einer neuen Recyclinglinie für gebrauchte Getränkedosen (Used Beverage Can Line) am Standort Neuss einsetzen. Die auf einem Areal von rund 20.000 Quadratmetern entstehende Recyclinglinie wird die bisherige Jahreskapazität von 50.000 Tonnen auf mehr als 100.000 Tonnen erhöhen und soll ein breites Spektrum an Dosenschrotten verarbeiten können. Rund 45 Millionen Euro investiert Hydro in die Anlage.

„Wir setzen mit dieser Investition klar unsere Wachstumsstrategie im Markt für Getränkedosen fort, die ein integraler Bestandteil unserer Produktstrategie sind, und erfüllen gleichzeitig die Forderungen unserer internationalen Kunden nach einem geschlossenen Recyclingkreislauf“, sagt Kjetil Ebbesberg, Hydro-Konzernvorstand für das Walzgeschäft. Mit der neuen Anlage reduziere das Unternehmen seinen ökologischen Fußabdruck deutlich: bei der Herstellung von Sekundäraluminium benötige das Unternehmen nur fünf Prozent der Energie, die für die Primärerzeugung benötigt wird – ganz abgesehen von der Einsparung an Rohstoffen. Anfang Mai soll das Werk feierlich eröffnet werden.

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