EEG-Novelle

Auf die Betreiber von Abfallvergärungsanlagen könnten höhere Kosten zukommen. Grund ist ein neues Ausschreibungsmodell, das aktuell in der Diskussion ist. Es soll die bisherigen lukrativen Vergütungssätze für Strom aus erneuerbaren Energien ersetzen.

Ausschreibungs-Modell auch bei Abfallvergärung?


Auf die Betreiber von Abfallvergärungsanlagen könnten höhere Kosten zukommen. Denn die Bundesregierung prüft aktuell, ob auch Bioenergie-Anlagen in das Ausschreibungsmodell aufgenommen werden, welches das bisherige Modell der festen Einspeisevergütung für Regenerativstrom ersetzen soll.

Die Novelle des Erneuerbare-Energie-Gesetzes (EEG) sieht vor, dass ab 2017 der Preis für Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen über ein Ausschreibungsmodell ermittelt werden soll. Bei einem solchen Modell werden die Mengen von Erneuerbare-Energien-Kapazitäten, die jährlich zugebaut werden sollen, festgelegt und über Auktionen versteigert. Das bedeutet, dass ab 2017 nur noch jene Marktteilnehmer Erneuerbare-Energien-Anlagen errichten dürfen, die per Ausschreibung den Zuschlag erhalten. Ziel der Bundesregierung ist es, den Ausbau planbarer zu machen und wirtschaftlicher zu gestalten. Bisher haben zwei Pilotausschreibungen im Bereich der Photovoltaik stattgefunden, aktuell läuft die dritte Runde.

Für Biomasse-Neuanlagen waren gemäß einem Eckpunktepapier des Bundeswirtschaftsministeriums bislang keine Ausschreibung vorgesehen. Denn die Marktanalyse des Ministeriums hat ergeben, dass bereits unter den Rahmenbedingungen des aktuell geltenden EEG 2014 nur noch kleine Anlagen errichtet werden. Das betrifft vorwiegend Gülleanlagen bis 150 Kilowatt und Abfallvergärungsanlagen zwischen 500 Kilowatt und 1 Megawatt. Bei letzteren wurde die relativ hohe Förderung beibehalten, weil die Regierung explizit die Gewinnung von Energie aus Abfallstoffen fördern will. Der Ausbau der Biomasseanlagen in seiner Gesamtheit hingegen ist mit dem drastischen Absinken der Vergütungssätze im EEG 2014 weitgehend zum Erliegen gekommen.

ASA lehnt Ausschreibung ab

Der Bundesverband Bioenergie, der Fachverband Biogas sowie der Deutsche Bauernverband haben deshalb nun vorgeschlagen, Bestandsanlagen in eine Ausschreibung für Bioenergie einzubeziehen. Von der Teilnahme an künftigen Ausschreibungen erhoffen sich die Verbände, den zum Erliegen gekommenen Markt zumindest in Teilen wieder in Schwung zu bekommen. Durch die Teilnahme an Ausschreibungen ließen sich Innovationen und die angestrebte Flexibilität beim Einsatz von Biomasse im Strom und Wärmebereich am kosteneffizientesten erreichen, heißt es in der gemeinsamen Stellungnahme.

statistic_id168140_eeg-einspeiseverguetung-in-deutschland-nach-energietraeger-2014Nicht alle Vertreter der Bioenergiebranche teilen diese Meinung. Die Arbeitsgemeinschaft Stoffspezifische Abfallbehandlung (ASA) spricht sich gegen das Ausschreibungsmodell aus und plädiert dafür, die besondere Stellung der Abfallvergärungsanlagen und die bisherige Einspeisevergütung nach EEG 2014 beizubehalten. Zur Begründung erklärt die ASA, dass bei einer Vielzahl der deutschlandweit rund 1.000 Kompostierungs- und 100 reinen Bioabfallvergärungsanlagen in naher Zukunft Ersatzinvestitionen anstehen. Ohne die jetzigen Einspeisevergütungen und die Marktprämie würden sich diese Investitionen nicht lohnen.

Schon heute lägen die Behandlungskosten von Bioabfallvergärungsanlagen mit anschließender Nachrotte mit 50 bis 70 Euro pro Tonne über denen für reine Kompostierungen, betont der Verband. Ein kommunaler Abfallwirtschaftsbetrieb müsse also bei der Umsetzung einer Vergärung trotz der Einnahmen aus der Energievermarktung schon heute bereit sein, mittelfristig höhere Behandlungskosten zu tragen. Das vom Bundesumweltministerium ausgegebene Ziel, zusätzlich zur stofflichen Verwertung eine anteilige energetische Verwertung zu erhöhen, sei aber nur dann möglich, wenn deren Betrieb und Ausbau auch entsprechend gefördert werde.

Lange Planungszeiten erfordern Sicherheit

Hinzu komme, dass der Ausbau der Abfallvergärung noch ein erhebliches Potenzial habe, wie das Witzenhausen Institut in einem Diskussionspapier zur EEG-Novelle darlegt. Die Menge des getrennt erfassten Bioguts zur Vergärung ließe sich von heute zwei Millionen Tonnen auf bis zu sechs Millionen Tonnen pro Jahr steigern. Um einen Anreiz für weitere Vergärungs- und Kompostierungsanlagen zu schaffen und für Planungssicherheit im kommunalen Bereich zu sorgen, sei es daher sinnvoll, die bisherigen Förderungen des EEG beizubehalten und auf Ausschreibungen zu verzichten, heißt es in dem Papier.

Wie das Institut einräumt, stelle die Vergärung kommunaler Bioabfälle, vor allem Biogut, Grüngut und Marktabfälle, im Kanon der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien nur einen kleinen Anteil dar. Dennoch sei es ein wichtiger Beitrag. Schließlich trage der Bürger mit seinen getrennt gesammelten Bioabfällen direkt zur Energiewende bei. In der Diskussion um die Akzeptanz der Energiewende spiele es eine wesentliche Rolle, dass das ohnehin vorhandene Energiepotenzial der Bioabfälle auch genutzt werde.

Bis spätestens 30. Juni 2016 will nun die Bundesregierung einen Erfahrungsbericht vorlegen und den Bundestag über die Erfahrungen mit den Pilotausschreibungen informieren. Bis dahin will das Bundeswirtschaftsministerium sich eine Meinung gebildet haben, ob auch die Bioenergie in das neue Ausschreibungsmodell aufgenommen werden soll.

 

320°/db

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