Verwertung von Klärschlamm

Experten erwarten für die kommenden Jahre ein steigendes Aufkommen an Klärschlamm zur Monoverbrennung. Vorhandene Anlagen können jedoch nur die Hälfte der Menge abdecken. Für die Zukunft tun sich große Angebotslücken auf.

Bedarf an Monoverbrennungs-Anlagen steigt


In Deutschland müssen pro Jahr rund 1,8 Millionen Tonnen Klärschlamm (Trockenmasse) entsorgt werden. Rund zwei Drittel des Materials wird bislang verbrannt oder mitverbrannt, etwa ein Drittel wird zu Düngezwecken in der Landwirtschaft und zudem im Landschaftsbau eingesetzt. Weil Klärschlämme künftig als Phosphorquelle ausgebeutet und nur noch „saubere“ Klärschlämme auf dem Acker genutzt werden sollen, wird der Bedarf an Monoverbrennungsanlagen stark zunehmen.

Wie die Unternehmensberatung ecoprog in ihrem aktualisierten Mengenmodell zur Klärschlammentsorgung in Deutschland ausgerechnet hat, wird die Menge des Klärschlamms zur Monoverbrennung in den kommenden 15 Jahren auf über 1,2 Millionen Jahrestonnen zunehmen. Die Menge stammt vor allem aus Kläranlagen der Größenklasse 4b (über 50.000 Einwohnerwerte) und 5 (über 100.000 Einwohnerwerte). Mehrheitlich für diese Anlagen sieht die novellierte Klärschlammverordnung ein Ausbringungsverbot für Klärschlamm und eine Pflicht zum Recycling des im Klärschlamm enthaltenden Phosphors vor.

Angebotslücke regional sehr groß

Die aktuellen Kapazitäten können den Experten zufolge jedoch nur etwa die Hälfte dieser Menge abdecken. Langfristig sehen sie daher große Angebotslücken in der Klärschlamm-Monoverbrennung. Sie stützen ihre Aussage auf die Analyse von Kapazitäten und Durchsatz von rund 2.300 kommunalen Kläranlagen.

Demnach existierten allein in der Größenklasse 4b und 5 genau 73 Anlagen, die weiter als 100 Kilometer von der nächsten Monoverbrennungsanlage entfernt sind. „Erweitert man das Modell um Angebot und Nachfrage auf regionaler Ebene, so ist der Umfang der Angebotslücken noch deutlich größer“, sagt ecoprog-Geschäftsführer Mark Döing. Allerdings sei die Situation regional sehr unterschiedlich.

So besteht in einigen Regionen bereits heute eine Entsorgungsproblematik. Demgegenüber übersteigen in anderen Regionen die Kapazitäten in der Monoverbrennung die Nachfrage noch immer. Die Vielzahl der derzeit geplanten Projekte in unterschiedlichen Planungsstufen verkompliziert die Übersicht und birgt auch ein Risiko. Im schlimmsten Fall entstünden durch konkurrierende Planungen langfristig regionale Überkapazitäten, so ecoprog.


Monoverbrenner Klärschlamm


Alternative Mitverbrennung?

Zusätzliche Klärschlammmengen für die Monoverbrennung könnten künftig auch aus kleineren Kläranlagen der Größenklassen 3 (über 5.000 Einwohnerwerte) und 4a (über 10.000 Einwohnerwerte) kommen. Zwar versuchten einige Anlagen, den Phosphor aus Abwasser oder nassem Klärschlamm zu gewinnen, aber „wir gehen derzeit aber nicht davon aus, dass sich ein relevanter Anteil der Kläranlagen für diesen Weg entscheidet“, so Döing.

Diese Mengen könnten aber auch ihren Weg in den Landschaftsbau oder in die Mitverbrennung in Kohlekraftwerken finden. Offen sei hier aber, ob und welche Geschäftsmodelle in Zukunft bei stark rückläufigen Mengen noch logistisch und wirtschaftlich funktionieren. Genaue Prognosen sind ecoprog zufolge diesbezüglich nicht möglich. Das Unternehmen macht das an einem Beispiel fest: Demnach wurden im Jahresverlauf 2015 in Köln/Hürth und Veltheim die Mitverbrennungskapazitäten in zwei Kohlekraftwerken stillgelegt. Überraschenderweise habe die Mitverbrennung im Vergleich zu 2014 jedoch zugelegt.

Stoffliche Verwertung unter Druck

Während sich die Novelle der Klärschlammverordnung langfristig bemerkbar macht (Phosphor-Rückgewinnungspflicht für Anlagen der Größenklasse 5 ab 2029, für jene der Größenklasse 4b ab 2032) sehen die Analysten schnelle Effekte infolge der novellierten Düngemittelverordnung. Durch die darin verankerte Obergrenze des Stickstoffgehalts im Boden sowie verlängerte Sperrzeiten für die Ausbringung von Dünger stehe die stoffliche Verwertung unter Druck.

Ab 2018 gelten im Rahmen der Düngemittelverordnung zudem neue Anforderungen zur Abbaubarkeit von synthetischen Polymeren, die zur Entwässerung des Klärschlamms verwendet werden. Wie stark das Material bei der stofflichen Verwertung von Klärschlamm abgebaut wird, ist bislang umstritten.

Für die Kläranlagenbetreiber ist die Düngung aufgrund der seit 2015 geltenden Grenzwerte, insbesondere der strengeren Grenzwerte für Cadmium und Quecksilber, bereits schwieriger geworden. 2015 sank die stoffliche Verwertung von Klärschlamm in der Landwirtschaft und im Landschaftsbau um rund 10 Prozent auf 650.000 Jahrestonnen.

Zusammengenommen erhöht die Düngemittelverordnung künftig die Konkurrenz zwischen unterschiedlichen Düngemitteln wie Gülle, Klärschlamm oder Gärresten. „In dieser Situation ist die Entsorgung der Gülle für die meisten Landwirte wichtiger als der Hinzuverdienst durch die Klärschlammverbringung. Schließlich hängt an der Gülle das Kerngeschäft“, begründet Döing.

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