Hoher Aufwand, wenig Nutzen

Zu wenig Praxisbezug der Gesetze, schlechte Vollzugstauglichkeit und uneinheitliche Auslegung. Was klingt wie die Klage eines Unternehmers, kommt in Wirklichkeit von einem Behördenvertreter. Mehr noch: Er hält manche Verordnungen für völlig überflüssig.

Behördenvertreter: Entsorgungsnachweis ist überflüssig


Reinhold Petri ist Regierungsoberrat des Regierungspräsidiums Darmstadt. Er kennt die Vollzugspraxis aus vielen Jahren seiner Tätigkeit als Beamter. Erfahrungen hat er insbesondere mit Verordnungen in der Abfallwirtschaft gesammelt. Manche der Erfahrungen sind gut, manche aber auch ziemlich schlecht.

Woran es aus seiner Sicht mangelt, ist unter anderem die Zusammenarbeit zwischen Entsorgungs- und Recyclingunternehmen, den Vollzugsbehörden und den gesetzgebenden Organen schon im Stadium der Gesetzesentstehung. Dies führe oft dazu, dass in nationales Recht zu überführende EU-Vorgaben oft nicht vollzugs- oder praxistauglich seien, erklärte er beim bvse-Schrottforum Mitte November in Köln. Hinzu käme nicht selten eine uneinheitliche Auslegung der Gesetze und Vorgaben in den einzelnen Bundesländern.

Nach Petris persönlicher Ansicht sind einige Verordnungen mittlerweile sogar völlig überflüssig. Ein gutes Beispiel hierfür sei der Entsorgungsnachweis. Dieser habe vor 25 Jahren, als es noch Entsorgungsnotstände gab, seine Existenzberechtigung gehabt. Er sei aber aus seiner Sicht heute nicht mehr erforderlich, denn der dafür notwendige Arbeitsaufwand stünde in keinem Verhältnis mehr zum abfallrechtlichen Nutzen.

Der bürokratische Aufwand, den der Entsorgungsnachweis verursache, ließe vollkommen unberücksichtigt, dass die allermeisten Unternehmen schon seit langem einem umweltbewussten und qualitätsorientierten Handeln u.a. mit Zertifizierungen und Qualifizierungen, Rechnung trügen, betonte Petri. Die anderen Mitgliedsstaaten der EU kämen auch ohne einen Entsorgungsnachweis in der abfallrechtlichen Überwachung aus. Zumal auch der sachliche Grund, der aufgrund fehlender Entsorgungskapazitäten eine 5-jährige „Entsorgungssicherheit“ nachweisen sollte, heute entfallen sei. Heute gäbe es nämlich ausreichend Kapazitäten.

„Illegale Sammelbrigaden“

Ein Problem sei in diesem Zusammenhang auch das Fehlen von Personal für den Vollzug in den Behörden. Dieses wäre dringend notwendig, um beispielsweise „illegalen südosteuropäischen Sammelbrigaden“ Einhalt zu gebieten, sagte Petri. Die oft organisierten kriminellen Banden seien durch die Verdrängung der Kleinsammler im Rahmen des Anzeigeverfahren gemäß Paragraf 18 KrWG auf den Plan gerufenen worden und verursachten einen hohen ökonomischen Schaden, weil sie die Steuern und Sozialabgaben zahlenden Kleinunternehmen ersetzen würden.

Daher bezeichnete Petri die Regelungen zur Anzeigepflicht für Wertstoffe aus privaten Haushaltungen als ein Musterbeispiel eines „bürokratischen Betriebsunfalls“. Ursprünglich ging der Gesetzgeber in der Begründung des KrWG davon aus, dass die Vorschrift ohne großen bürokratischen Aufwand umzusetzen sei. So sei eine Anzeige für eine gemeinnützige Sammlung mit 3 Euro veranschlagt worden. Inzwischen beschäftige diese Vorschrift Heerscharen von Verwaltungsbeamten, Juristen und Verwaltungsrichter, ohne jedoch eine einheitliche Vollzugspraxis zu erreichen.

In nicht wenigen Fällen werde auch die Existenz von alteingesessenen Betrieben gefährdet. Dabei geht es auch anders. Die Praxis zeige, dass es durchaus möglich sei, dass Kommunen das Einsammeln von Altmetall oder Altkleidern als Teil des „Bürgerservice“ anbieten könnten, ohne „Nischenbetriebe“ vom Markt zu verdrängen, erklärte der Behördenvertreter. Auch hier gelte es, die „schwarzen Schafe“ durch eine entsprechende Überwachung aus dem Markt zu nehmen.

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