Geplantes Verpackungsgesetz

Was den Kommunen nicht genug ist, geht BellandVision bereits viel zu weit. Der Systembetreiber warnt vor gravierenden Folgen, sollten die vorgesehenen Steuerungsmöglichkeiten der Kommunen für die Erfassung von Verpackungen tatsächlich umgesetzt werden.

BellandVision: Kommunale Vorgaben können Existenz bedrohen


Die Positionen zur Verpackungsentsorgung bleiben auch beim neuen Entwurf für das Verpackungsgesetz kontrovers. Während die Kommunen mehr Mitspracherecht bei der Verpackungsentsorgung fordern, wünscht der Systembetreiber BellandVision genau das Gegenteil.

So wollen die Kommunen den Systembetreibern Standards vorgeben können, die sich an den Vorgaben für die Hausmüllsammlung orientieren. Außerdem verlangt der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU), dass das Gesetz klar festschreibt, welche Regeln gelten, wenn ein Systembetreiber auf die kommunale Infrastruktur zurückgreift – beispielsweise bei der Abfallberatung oder bei der Sammlung von Verpackungen auf kommunalen Wertstoffhöfen. Wie der VKU betont, gebe es derzeit immer wieder Streit bei der Kostenaufteilung und -erstattung. Die Regierung solle daher eine „eindeutige Anspruchsgrundlage“ schaffen.

In die entgegengesetzte Richtung gehen die Forderungen des Systembetreibers BellandVision. Schon der Entwurf des Verpackungsgesetzes räume den örE zu viele Befugnisse ein, heißt es in der Stellungnahme des Systembetreibers. Gemäß Entwurf können ausschließlich die örE verbindliche Vorgaben zur Art des Sammelsystems, zu Art und Größe der Sammelbehälter und zu Zeitraum und Häufigkeit der Behälterleerungen festlegen. Damit könnten die örE die Kosten der Erfassung beeinflussen, kritisiert BellandVision. Die Kosten selbst hätten aber nicht die örE, sondern die dualen Systeme zu tragen.

Nachteile für Entsorgungsbetriebe

BellandVision befürchtet, dass die unterschiedlichen Ausgestaltungen und Vorgaben der Kommunen auch zu einer Wettbewerbsverzerrung führen. „Kommunal unterschiedliche Ausgestaltungsmöglichkeiten greifen direkt in die Kalkulation der dualen Systeme ein, führen zu Wettbewerbsverzerrungen und bei dem zuständigen Ausschreibungs-/Kostenführer der dualen Systeme, der 50 + x Prozent der Kosten eines Gebiets zu tragen hat, je nach Konstellation zur Existenzbedrohung“, warnt der Systembetreiber. Zudem verliere die vom Kartellamt geforderte Ausschreibungs- und Kostenführerschaft ihren Zweck, führe in ein unkalkulierbares Risiko und sei deshalb nicht mehr aufrecht zu erhalten.

Auch für die Entsorgungsbetriebe sei es nachteilig, wenn die Kommunen die Sammlung vorgeben können, kritisiert BellandVision weiter. „Nicht zweckdienliche formale Anforderungen“ würden den Wettbewerb beschränken, außerdem würden die im Gesetzesentwurf vorgesehenen Anforderungen aus dem Vergaberecht die Teilnahme an den Ausschreibungen erschweren. Schon jetzt beteiligten sich immer weniger Unternehmen an den Ausschreibungen, gerade kleine Entsorger müssten Beratungsunternehmen engagieren und nähmen kaum noch teil.

Recyclingquoten: Ambitioniert oder unrealistisch?

Unterschiedliche Meinungen vertreten VKU und BellandVision auch bezüglich der vorgegebenen Recyclingquoten. Während der Kommunalverband noch Steigerungspotenzial sieht – besonders bei Glas und Papier – plädiert der Systembetreiber dafür, die geplanten Quoten grundsätzlich auf Realisierbarkeit zu prüfen. Verantwortlich für die Einhaltung der Verwertungsquoten sind indes nicht die örE, sondern die dualen Systeme.

Im Fall von Glas kritisiert BellandVision, dass die geforderte Verwertungsquote von 90 Prozent der lizenzierten Menge zu hoch sei. Zur Erreichung der Menge müsste deutlich mehr Altglas eingesammelt werden, als es derzeit tatsächlich bundesweit der Fall ist. „Selbst wenn 100 Prozent der erfassten Menge verwertet würden, ergäbe sich bei 90 Prozent Verwertungsquote eine Unterdeckung der geforderten Verwertungsmenge in Höhe von ca. 27.000 Tonnen Glas“, heißt es in der Stellungnahme. Der Gegenvorschlag von BellandVision: eine stufenweise Erhöhung der Quote in definierten Zeitabständen.

Außerdem fordert BellandVision, dass die Mengenschwellen bei der Meldepflicht komplett wegfallen und alle Inverkehrbringer die Daten der Verpackungen an die Zentrale Stelle melden müssen. Die neu geplante Zentrale Stelle wiederum sollte einige Instrumente ihrer Vorgängerin – der Gemeinsamen Stelle – übernehmen. Darunter die vom Bundeskartellamt entwickelte Grundlage für die Marktanteilsberechnung zur Aufteilung der Entsorgungskosten und Nebenentgelte.

Kritik an Definitionen und Einstufungen

Weitere Kritik äußert BellandVision mit Blick auf die Begriffsdefinitionen und Einstufungen: So sollte die derzeit gültige Definition von Serviceverpackungen nicht auf Verpackungen aus dem Versandhandel ausgeweitet werden. Der Systembetreiber befürchtet, dass sonst keine Kontrolle der Systembeteiligung mehr möglich wäre, da die Lizenzierungspflicht vom Inverkehrbringer der Ware auf die Verpackungshersteller oder Vorvertreiber übergehen würde.

Auch die Definition von Verbundverpackungen sollte laut BellandVision nicht wie vorgesehen ausgeweitet werden. Im Entwurf gilt eine Verpackung als Verbund, wenn kein Masseanteil mehr als 95 Prozent der Verpackung ausmacht. Laut BellandVision gilt das dann bereits für kleine Marmeladengläser mit Weißblechdeckel. „Die vorgesehene Definition würde die Erfüllung der Verwertungsquoten für Verbunde praktisch unmöglich machen, weil Verkaufsverpackungen als Verbundverpackungen definiert würden, die tatsächlich als Monofraktion dem Recycling zugeführt werden“, so der Systembetreiber.

© 320°/ek | 05.09.2016

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