Streit um Nebenentgelte

Der Streit um die Höhe der Nebenentgelte in Berlin eskaliert. Der Berliner Umweltsenat will acht dualen Systemen die Systemfeststellung entziehen. Die Systeme dürften dann keine Verpackungen mehr sammeln und verwerten.

Berlin will dualen Systemen die Systemfeststellung entziehen


Showdown in Berlin: Im Streit um die Höhe der Nebenentgelte will nun der Berliner Umweltsenat hart durchgreifen. „Wir haben gegenüber den Systembetreibern in den vergangenen Monaten Verhandlungsbereitschaft gezeigt und Kompromissvorschläge unterbreitet. Leider sind die dualen Systeme darauf nicht eingegangen“, erklärte Umweltstaatssekretär Christian Gaebler. „Ich habe deshalb meine Verwaltung angewiesen, den Widerruf der Systemfeststellung der acht Systeme vorzubereiten, die auf der Reduzierung der Nebenentgelte beharren.“

Hintergrund des Streits ist die Forderung von acht dualen Systemen, das Nebenentgelt auf 0,52 Euro je Einwohner und Jahr zu kürzen. In der Vergangenheit haben die dualen Systeme ein Entgelt von 1,79 Euro je Einwohner und Jahr an das Land Berlin gezahlt. Nur zwei Systembetreiber, dem Vernehmen nach Interseroh und Noventiz, sind bereit, an den 1,79 Euro festzuhalten.

Kein Durchgriffsrecht für Senatsverwaltung

Mit den Nebenentgelten beteiligen sich die dualen Systeme an den Kosten für die Bereitstellung von Flächen für Depotcontainer im öffentlichen Straßenland, die Reinigung des Umfelds und für die Beratung der Bürger. Wie der Umweltsenat betont, sei die Reduzierung der Nebenentgelte auf nicht einmal ein Drittel des bisherigen Betrages nicht hinnehmbar. „Auch deshalb nicht, weil das Land Berlin einen Beirat, bestehend aus Mitgliedern aller Dualen Systeme, eingerichtet hat, dem jährlich ein umfassender Bericht über die Verwendung der Nebenentgelte vorgelegt wird. Dies soll größtmögliche Transparenz gewährleisten. Die Dualen Systeme selbst haben dieses Verfahren als vorbildlich gelobt.“

Keine Einigung konnte laut Senat auch hinsichtlich des Sammelsystems für Altglas im Vertragsgebiet BE 104 (Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick) erzielt werden, für das der Systembetreiber RKD die Ausschreibungsführerschaft besitzt. In diesem Vertragsgebiet wurde Anfang 2014 ein Großteil der haushaltsnahen Sammeltonnen entfernt, so dass die Glassammelmenge um 20 Prozent zurückgegangen ist. Der Umweltsenat habe gegenüber dem zuständigen Systembetreiber mehrfach auf eine Zurückstellung der Tonnen gedrängt. Auch das Abgeordnetenhaus von Berlin habe sich in einem einstimmigen Beschluss vom 20.03.2014 für eine Rückkehr zum bewährten Holsystem ausgesprochen.

„Nichtsdestotrotz halten die Systembetreiber in der aktuellen Ausschreibung für die Jahre 2017 bis 2019 an der kritisierten Praxis fest“, so der Senat. Die Senatsverwaltung habe jedoch nach den aktuellen rechtlichen Bestimmungen keine Möglichkeit, die Systembetreiber anzuweisen, das Sammelsystem in einer bestimmten Art und Weise auszugestalten. „Das liegt daran, dass die Ausgestaltung eines Sammelsystems Verhandlungssache ist und dem Konsensprinzip unterliegt“, so die Senatsverwaltung.

Bundesweit die höchsten Nebenentgelte

Der Grüne Punkt, der in Berlin Ausschreibungsführer für ein Vertragsgebiete ist, hält dagegen, dass dem Land Berlin kein höheres Nebenentgelt zustünde. „Die Nebenentgelte setzen sich zusammen aus Beträgen, die zur Unterstützung der Aufklärung über das richtige Mülltrennen bestimmt sind (0,26 Euro je Einwohner und Jahr), und aus Kosten für die Gestellung und Sauberhaltung von Standplätzen für die Glascontainer“, erklärt Unternehmenssprecher Norbert Völl. „Während die Kosten für die Öffentlichkeitsarbeit bundesweit einheitlich festgelegt sind, bemessen sich die Entgelte für die Glascontainerstandplätze nach der Zahl der Standplätze je Einwohner. Dabei liegt Berlin mit seinen 1.493 Standplätzen bzw. 2.344 Einwohnern je Standplatz am unteren Rand des Möglichen – der bundesdeutsche Durchschnitt liegt bei 662 Einwohnern je Standplatz.“

Gleichwohl seien die Nebenentgelte die höchsten, die deutschlandweit von einer Kommune verlangt werden, so Völl. Das bedeute bei der Größe Berlins eine hohe Kostenbelastung der Systembetreiber und damit auch ihrer Kunden, der Hersteller und Händler, die letztlich für alle Kosten einstehen müssen. Versuche, einen geringeren Betrag zu vereinbaren, seien von der Senatsverwaltung stets abgelehnt worden. Rein rechnerisch stehe Berlin, gemessen an der Dichte der Containerstandplätze, ein Betrag von 0,52 Cent je Einwohner und Jahr zu.

Laut Völl verhandeln die Systembetreiber weiter mit der Senatsverwaltung. In Gesprächen mit Staatssekretär Gaebler sei vereinbart worden, sich auf einen Stufenplan für die nächsten Jahre zu einigen. Ein Vorschlag sei beim Grünen Punkt bislang aber nicht eingegangen. „Wir als Grüner Punkt würden uns sehr wünschen, dass die Stadt Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung, zu weiteren konstruktiven Beratungen bereit ist“, so Völl.

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