Sinkender Ammonium-Gehalt

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass der Einsatz von Biokohle den Ammonium-Gehalt drosselt. Die Folge ist eine schnellere Biogasbildung. Die Biokohle selbst lässt sich aus Gärresten der Biogasanlage herstellen.

Biokohle steigert Biogas-Ausbeute


Biogas ist ein wichtiges Element für den Energie-Mix der Zukunft: Je nach Bedarf und Nachfrage kann es in Strom und Wärme umgewandelt und nach entsprechender Aufbereitung als Biomethan ins Erdgasnetz eingespeist werden. Um die Erzeugung von Biogas weiter ausbauen und kostengünstig halten zu können, sind Lösungen gefragt, die es ermöglichen, den Wirkungsgrad der Biogasanlagen zu steigern und bisher kaum genutzte Abfälle einzusetzen.

Hierzu zählt das Potsdamer Leibniz-Institut für Agrartechnik stickstoffreiche Abfälle wie Geflügelmist. Aus organischem Stickstoff entsteht bei der Vergärung Ammonium, das die Mikroflora im Fermenter empfindlich stören kann. Je höher der Ammonium-Gehalt, desto langsamer verläuft die Biogasbildung und desto geringer ist die Ausbeute. Die sogenannte Ammonium-Hemmung gehöre zu den verbreitetsten Problemen bei der Biogaserzeugung, betont das Institut.

Die Wissenschaftler setzen bei ihrem Lösungsansatz auf Biokohle, ein kohlenstoff- und oberflächenreiches Material, das ähnlich der Holzkohle bei der Verschwelung von Biomasse entsteht und aus Gärresten der Biogasanlage selbst hergestellt werden kann. Aufgrund ihrer hohen biologischen Stabilität und großen Aufnahmefähigkeit für Wasser und Nährstoffe wird Biokohle insbesondere als Hilfsstoff zur Verbesserung von wenig fruchtbaren Böden und zur dauerhaften Bindung von Kohlenstoff (C-Sequestrierung) betrachtet. Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften ist Biokohle aber auch für eine Reihe weiterer Anwendungen interessant, wie die Reinigung von Abwässern oder die Katalyse biologischer oder chemischer Prozesse.

Ausgangsmaterial war unter anderen Gärrest

In einem Artikel in der Fachzeitschrift „Bioresource Technology“ berichten die Potsdamer Wissenschaftler über den Einsatz von Biokohle im Biogasprozess. Demnach kann der Einsatz von Biokohle eine beginnende Ammonium-Hemmung unterbinden und darüber hinaus die Struktur der Mikroflora positiv beeinflussen. Die Ergebnisse zeigen einen erhöhten Anteil methanbildender Mikroorganismen nach der Zugabe von Biokohle. Biokohle kann zudem als direkte Nahrungsquelle für die Mikroorganismen dienen, wodurch der Ertrag an Biogas steigt.

Ausgangsmaterial für die Herstellung der Biokohlen im Versuch war zum einen Gärrest, zum anderen eine Abfallmischung aus Papiermühlenschlamm und Weizenspreu. Der feuchte Gärrest wurde durch hydrothermale Karbonisierung behandelt, die Abfallmischung mittels Pyrolyse zu Biokohle gewandelt.

In Laborversuchen wurden die so erzeugten Biokohletypen bei unterschiedlichen Ammonium-Konzentrationen auf ihre Wirkung getestet. Dabei zeigte sich jedoch auch, dass mit steigender Ammoniumkonzentration die positive Wirkung der Biokohle abnimmt und ihre Wirkung bisher nicht an die von Zeolith, einem mineralischen Material mit hohem Bindungsvermögen für Ammonium, heranreicht. Bei Ammoniumkonzentration von 3,1 – 6,6 g N je kg Reaktorinhalt zeigten die Biokohlen nach Angaben der Wissenschaftler keine Wirkung mehr, während Zeolithe bei 6,6 g N je kg noch bis zu 20 Prozent der Hemmung aufheben konnten. Da die getesteten Biokohlen aber nicht gezielt für den Einsatz in Biogasanlagen entwickelt wurden, sei hier noch ein erhebliches Optimierungspotenzial zu erwarten, erklärt das Institut.

HTC-Prozess eignet sich

Insbesondere Biokohlen, die mittels hydrothermaler Karbonisierung, einer milden und dadurch energieeffizienten Form der Biokohleerzeugung, hergestellt wurden, seien für den Einsatz in Biogasanlagen geeignet, heißt es. Der HTC-Prozess findet im Wasser statt und bietet daher passende Bedingungen für die Verkohlung des feuchten Gärrests. Im kombinierten Verfahren Biogas-Biokohle könne das während der hydrothermalen Karbonisierung anfallende Prozesswasser als gut vergärbare Biomasse in den Biogasfermenter eingespeist und die Biokohle als Aufwuchsträger und zusätzliche Nahrung für die Mikroorgansimen genutzt werden. Im Gesamteffekt lasse sich dadurch der Biogasertrag vor allem aus schwer abbaubaren Biomassen wie Stroh deutlich – bis auf das Doppelte – steigern.

„Biokohle kann genau dort wirken, wo die Biogaserzeugung an ihre Grenzen stößt: Beim Einsatz stickstoffreicher Biomassen, zur Erhöhung der Ausbeute aus schwer aufschließbaren Biomassen, zur Minderung von Stickstoffemissionen aus Gärresten und für die Versorgung des Bodens mit stabilem Kohlenstoff“, fasst Jan Mumme, Leiter des Projekts APECS am ATB, die in Aussicht stehenden positiven Effekte zusammen. „Aktuell arbeiten wir daran, die Biokohle noch wirkungsvoller in den Biogasprozess zu integrieren. Beispielsweise haben wir einen neuen Typ Biogasreaktor entwickelt und zum Patent angemeldet, der getrennte Bereiche für Biomasse und Biokohle aufweist. Unser Ziel ist es, das Gesamtverfahren zusammen mit Partnern aus Industrie und Landwirtschaft in die Pilot- und Demonstrationsphase zu bringen.“

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