Bioabfälle

Die Biokunststoffbranche will die Qualität von Kompost verbessern. Aus ihrer Sicht braucht es dazu die Getrenntsammlung von Biomüll – und vor allem den stärkeren Einsatz von biologisch abbaubaren Kunststoffen. Die DUH hält dagegen.

„Biologisch abbaubare Kunststoffe reduzieren die Kontaminierung“


Wie der Verband der europäischen Bioplastikhersteller (EUBP) beklagt, ist in Bioabfallströmen nach wie vor eine hohe Kontaminierung durch nicht-biologisch abbaubare Kunststoffe festzustellen. Dies stelle für Kompostieranlagen ein echtes Problem dar und wirke sich negativ auf die Qualität des Komposts aus, betont der Verband. Um dem Problem Herr zu werden, brauche es deshalb eine verpflichtende separate Sammlung von Biomüll.

Unterstützt werden sollte die Getrenntsammlung von Biomüll durch den Einsatz biologisch abbaubarer Müllbeutel und Verpackungen sowie eine Aufklärung der Verbraucher über korrektes Entsorgen und Recycling. „Biologisch abbaubare Kunststoffe tragen dazu bei, die Kontaminierung von Recyclingströmen zu reduzieren, da der Bioabfall getrennt von anderen Recyclingströmen gesammelt wird“, heißt es seitens des EUBP. Zahlreiche Leuchtturmprojekte in Europa, etwa in den Städten Mailand, München und Paris, zeugten von dem positiven Beitrag, den kompostierbare Müllbeutel zur Effizienz und Qualität von Biomülltrennung leisten.

Sollten biologisch abbaubare Kunststoffprodukte dennoch in werkstoffliche Recyclingströme gelangen, könnten sie mit bestehenden Technologien wie Nahinfrarot einfach aussortiert werden. Die EUBP verweist in diesem Zusammenhang auf eine Analyse der niederländischen Universität Wageningen. Diese habe einen Anteil von maximal 0,3 Prozent des Materials in werkstofflichen Recyclingströmen festgestellt.

Nur jeder zweite Deutsche nutzt eine Biotonne

In Deutschland landen unterdessen noch immer enorme Mengen Bioabfälle im Restmüll. Aus Sicht des Naturschutzbunds Deutschland (NABU) liegt das daran, dass bis heute nur jeder zweite Bürger eine braune Tonne für Bioabfälle nutzen kann. „Auch 1.000 Tage nach Einführung der Pflicht zur Bioabfallsammlung ist die Ausstattung der deutschen Haushalte mit Biotonnen mangelhaft“, so der NABU.

Nach NABU-Recherchen weigern sich noch 35 von 402 Städten und Landkreisen, die Biotonne einzuführen – obwohl sie seit dem 1. Januar 2015 gemäß Kreislaufwirtschaftsgesetz gewährleisten müssen, dass Küchen- und Grünabfälle getrennt vom Restmüll entsorgt werden können. So gingen pro Jahr sechs Millionen Tonnen wertvoller Bioabfälle im Restmüll verloren, aus denen klimafreundlich Gas und Kompost gewonnen werden könnte, kritisiert der Naturschutzbund.

„Besorgniserregender Trend“

Die Deutsche Umwelthilfe erneuert unterdessen ihre Kritik an Biokunststoffen. Vorhandene Ökobilanzen könnten bislang keine gesamtökologischen Vorteile von Biokunststoffen im Vergleich zu Plastik aus fossilem Rohöl belegen, betont der Umweltverband. Dies entspreche auch der Einschätzung des Umweltbundesamtes und anderer europäischer Umweltagenturen.

Wie die DUH bemängelt, werden aktuell Joghurt-Becher aus maisbasiertem Polylactid (PLA), Wasser-Einwegflaschen aus „Öko-PET“, Trinkjoghurtflaschen aus Zuckerrohr oder Coffee-to-go-Becher aus Papier und Bioplastik als ökologische Verpackungsinnovationen der Zukunft angepriesen. Hersteller und Vertreiber von Bioplastik schreiben ihren Produkten eine Vielzahl von Vorteilen zu: CO2-Neutralität, Ressourcenschonung oder Umweltfreundlichkeit. Mit diesen Argumenten würden zunehmend abfallarme und ressourcenschonende Mehrwegverpackungen verdrängt – ein laut DUH besorgniserregender Trend.

„Wenn in Fußballstadien oder beim Picknick im Park aus Bioplastik-Einwegbechern getrunken wird, so werden im Vergleich zu Mehrwegbechern weder Ressourcen geschont, noch das Klima entlastet“, sagt der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. „Bioplastik ist eben nicht umweltfreundlich, nur weil es die Vorsilbe „bio“ enthält. Tatsächlich bauen sich viele der sogenannten biologisch abbaubaren Kunststoffe in der Landschaft nicht schneller ab als herkömmliche Kunststoffe.“

Viele Biokunststoffe landen in der Verbrennung

Jüngste Studien zeigten zudem, dass sich die meisten dieser Biokunststoffe, wie etwa PLA, in Wasser praktisch nicht zersetzen, erklärt der Umweltverband. „Bioplastik ist also nicht die Lösung gegen marines Littering oder die Vermüllung der Natur. Selbst wenn Ökobilanzen in Zukunft zeigen sollten, dass Plastik aus nachwachsenden Rohstoffen besser ist als aus Erdöl, so darf das nicht als Legitimation für Wegwerfprodukte dienen. Wir brauchen keine Einwegverpackungen – egal aus welchem Werkstoff – sondern Mehrwegsysteme zur Schonung von Ressourcen und zum Schutz unserer Ozeane vor Müllteppichen“, so Resch.

Wie die DUH weiter ausführt, werben Bioplastik-Hersteller oft mit der „Kompostierbarkeit“ ihrer Produkte. Doch häufig genug bereite die Entsorgung solcher Produkte im Bioabfall große Probleme. „Viele Kompostierer sortieren Biokunststoff aus, weil sie diesen nur schlecht von normalem Kunststoff unterscheiden können und nicht vollständig abgebaute Biokunststoffe die Qualität des Komposts verschlechtern würden“, erklärt Thomas Fischer, Leiter der DUH-Kreislaufwirtschaft.

Normalerweise gehören gebrauchte Verkaufsverpackungen in den Gelben Sack. Bei vielen Biokunststoffen mache dieser Entsorgungsweg jedoch keinen Sinn, meint die DUH. Denn anders als bei gewöhnlichen Kunststoffen werden diese in der Regel nicht aussortiert und recycelt. „Für viele neuartige Biokunststoffe, wie etwa PLA, gibt es keine eigene Sortiergruppe und sie werden schlicht nicht abgetrennt, sondern gelangen mit anderen Sortierresten aus dem Gelben Sack in die Verbrennung. Im Ergebnis gibt es derzeit für viele Biokunststoffe keine aus Umweltsicht geeignete Entsorgungslösung“, sagt Fischer.

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