Überblick über die geplanten Regelungen

Bereits Anfang des kommenden Jahres will das Bundesumweltministerium (BMUB) einen Arbeitsentwurf zur Novelle der Gewerbeabfallverordnung vorlegen. Geplant sind umfangreiche Neuregelungen, die aus der bestehenden Verordnung ein wirksames Instrument machen sollen. Kommt es wie geplant, werden auch die öffentlich-rechtlichen Entsorger von der Novelle profitieren.

BMUB packt Gewerbeabfall-Verordnung an


Die Gewerbeabfallverordnung aus dem Jahr 2002 ist ein Negativbeispiel dafür, was passiert, wenn eine Verordnung in Kraft tritt, deren Vollzug nicht kontrolliert wird. Private Entsorgungsfirmen klagen seit Jahren über die Nichtbeachtung der Verordnung. Das weiß auch das BMUB. Der einzig messbare Erfolg sei, dass eine Pflichtrestmülltonne für Gewerbetreibende eingeführt wurde, räumte BMUB-Referent Claus-André Radde im Frühjahr auf der Umweltmesse IFAT ein. Die Verordnung sei ein „stumpfes Schwert“.

Die vorliegenden Zahlen bestätigen das. Von den 6,2 Millionen Tonnen gemischten Gewerbeabfällen, die 2010 angefallen sind, wurden nur 45 Prozent sortiert. Unterm Strich wurden nur rund 400.000 Tonnen stofflich verwertet – gerade mal 6 Prozent des Aufkommens. Der Rest landet vor oder nach einer „Einfach-Sortierung“ in der Müllverbrennungsanlage.

Damit soll bald Schluss sein. Seit einiger Zeit laufen im BMUB die Vorbereitungen für einen ersten Arbeitsentwurf zur Novelle der Verordnung. Die Ergebnisse der Überlegungen hat der Leiter der Unterabteilung Kreislaufwirtschaft, Thomas Rummler, gestern auf einer BDE-Tagung zum Thema Gewerbeabfälle vorgestellt. Demnach bezieht sich die Novelle auf die gewerblichen Siedlungsabfälle PPK, Glas, Kunststoffe, Metalle, Holz, Bioabfälle und weitere Fraktionen außerhalb Kapitel 20 AVV. Darüber hinaus fallen auch Bau- und Abbruchabfälle unter die geplante Verordnung. Die Novelle gilt für Abfallerzeuger und –besitzer sowie für Betreiber von Vorbehandlungsanlagen.

Dokumentationspflicht für Abfallerzeuger

Generell soll die Getrennterfassung beim Abfallerzeuger ausgebaut werden. Für die gewerblichen Siedlungsabfälle will das BMUB eine gemischte Sammlung zulassen, sofern eine separate Erfassung technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Davon ausgenommen sind Glas und Bioabfälle. Was im Zweifelsfall unter die Nicht-Zumutbarkeit fällt, sei inzwischen von der Rechtsprechung weitgehend geklärt, sagte Rummler in Berlin. Von daher geht das BMUB davon aus, dass diese Ausnahmeregelung keine beliebige Auslegung ermöglicht.

Die Pläne des Ministeriums sehen außerdem vor, dass Abfallerzeuger die Getrennthaltung dokumentieren und die Unterlagen auf Verlangen der Behörden vorlegen müssen. Ist die Verwertung für den Abfallerzeuger wirtschaftlich nicht zumutbar, kann er sie über den Restmüll entsorgen. Folglich würden hiervon die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger profitieren.

Des Weiteren ist für die Betreiber von Vorbehandlungsanlagen eine Vorbehandlungspflicht vorgesehen, sofern dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist. Ist die Verwertung technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar, greift ebenfalls die Überlassungspflicht.

Einführung einer Recyclingquote

Geplant ist darüber hinaus eine Sortierquote in der Größenordnung von 85 Prozent. Daneben soll es eine Recyclingquote geben, die sich auf die aussortierte Menge bezieht. Denkbar sei eine Quote in Höhe von 30 bis 40 Prozent, sagte Rummler. Die Überlegungen im BMUB seien aber noch nicht abgeschlossen. Wird die Quote wiederholt unterschritten, muss der Anlagenbetreiber die Behörde über die Gründe für die Nichteinhaltung informieren und darlegen, mit welchen Maßnahmen man künftig die Quote einhalten will. Diese Regelung soll greifen, wenn die Quote „signifikant“ unterschritten wird – laut Rummler beispielsweise um 10 Prozent.

Für den Betrieb der Sortieranlagen werden ferner technische Mindeststandards vorgegeben. So müssen die Anlagen über die Komponenten Vorzerkleinerer, Sieb, Sichter, Sortierband und Aggregate zur Metall- und Kunststoffausbringung verfügen. Außerdem will das BMUB eine Eingangs- und Ausgangskontrolle vorschreiben. Der weitere Entsorgungsweg des Materials muss vom Betreiber der entsprechenden Entsorgungsanlage innerhalb von 30 Tagen, nachdem das Material die Sortieranlage verlassen hat, bestätigt werden. Die Anlagenbetreiber müssen außerdem ein Betriebstagebuch führen mit Angaben zu Kontrollen, Sortier- und Recyclingquoten. Sie sollen halbjährlich von der zuständigen Behörde kontrolliert werden. Eine Ausnahme soll für zertifizierte Entsorgungsfachbetriebe gelten.

Selektive Abbruch- und Rückbauverfahren

Weitgehende Getrennthaltungspflichten sind ebenfalls für Bau- und Abbruchabfälle vorgesehen, insbesondere für Gipsabfälle. Geplant sind selektive Abbruch- und Rückbauverfahren (außer für Baustoffe auf Gipsbasis) sowie eine Schadstoffentfrachtung. Die gemeinsame Erfassung von Beton, Ziegel, Fliesen, Keramik und Gemischen will das BMUB zulassen, sofern diese einer Aufbereitungsanlage zugeführt werden und gewährleistet ist, dass die dort gewonnenen Gesteinskörnungen die geltenden bauphysikalischen Eigenschaften für Recycling-Gesteinskörnungen erfüllen.

Generell gelte gemäß Abfallhierarchie, dass die Abfälle, die unter die Gewerbeabfallverordnung fallen, zunächst recycelt werden sollten, erklärte Rummler. Wenn das nicht möglich ist, sollten sie der energetischen Verwertung zugeführt werden. Nur wenn die Verwertung aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht möglich oder zumutbar ist, könnten die Abfälle über den Restmüll entsorgt werden.

Laut Rummler will das BMUB den Arbeitsentwurf für die Novelle der Gewerbeabfallverordnung Anfang des kommenden Jahres vorlegen. Im April soll dann der Referentenentwurf folgen. Das parlamentarische Verfahren könnte dann im besten Fall im zweiten Halbjahr 2015 beginnen. Der Zeitplan erscheint ambitioniert, doch Rummler glaubt daran. Es gebe schwierigere Projekte hinsichtlich der Interessengrundsätze als bei der Gewerbeabfallverordnung, sagte er.

Der BDE jedenfalls unterstützt die geplante zeitnahe Umsetzung. Das Recycling der gemischten Gewerbeabfälle werde jedoch nur gelingen, wenn die ökonomischen Voraussetzungen für eine Priorisierung der stofflichen Verwertung geschaffen werden können, betonte BDE-Geschäftsführer Andreas Bruckschen. Außerdem braucht es aus Sicht des Verbands Anreize für den Abfallerzeuger, bestimmte Abfallfraktionen getrennt zu halten. Letztlich, so BDE-Präsident Peter Kurth, werde nur die Praxisnähe über den Erfolg der Verordnung entscheiden.

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