Altauto-Verwertung

Die europäische Altauto-Richtlinie steht auf dem Prüfstand. Im Kern geht es um Lösungsansätze, wie der Export alter Fahrzeuge eingedämmt werden kann. An Lösungsvorschlägen mangelt es nicht. Nun kommt ein weiterer hinzu: In Zukunft auf Recyclingquoten verzichten.

„Brauchen wir wirklich Recyclingquoten?“


Das Problem ist seit Jahren virulent: In Deutschland stehen moderne Altauto-Verwertungsanlagen, die nicht ausgelastet sind. Stattdessen werden alte Fahrzeuge in Staaten außerhalb der EU exportiert – mutmaßlich illegal. Lange Zeit war angenommen worden, dass jedes Jahr allein in Deutschland rund eine Million Altautos illegal exportiert werden, doch neue Erkenntnisse des Instituts Ökopol brachten zutage, dass es im Jahr 2013 nur 350.000 Fahrzeuge waren. Das ist zwar deutlich weniger, aber immer noch viel.

Für die EU sind die Zahlen noch dramatischer. Geschätzt wird, dass jährlich zwischen 10 und 12 Millionen Altautos anfallen. Davon würden 1,2 Millionen als Gebrauchtwagen außerhalb der EU exportiert. 6 Millionen seien offiziell als Altautos erfasst und würden gemäß der EU-Altauto-Richtlinie behandelt. Wo die restlichen rund 4 Millionen Altfahrzeuge abbleiben, ist unbekannt.

Die Lösungsvorschläge, die seither angemahnt werden, sind vielfältig:

  • Exaktere Definition der Begriffe und präzise Abgrenzung zwischen Altfahrzeugen und Gebrauchtwagen.
  • Umkehr der Beweislast: Nicht Exporteure müssen nachweisen, dass es sich bei dem Exportgut um einen Gebrauchtwagen und nicht um ein Altfahrzeug handelt, sondern Zollbeamte.
  • Festlegung von Altersbegrenzungen: Ab einem bestimmten Alter dürfen Fahrzeuge nicht mehr exportiert werden.
  • Eine Stakeholderplattform, auf der Automobilhersteller, Zulieferer und Recyclingunternehmen gemeinsam Ansätze zur Erhöhung der Verfügbarkeit der Altfahrzeuge für den Wertstoffkreislauf erarbeiten sollen.
  • Einführung einer Recyclinggebühr zur Altfahrzeugentsorgung, wie sie Japan im Jahr 2005 vorgemacht hat.
  • Eine Art Straßenfonds-Abgabe: Diese könnte dem Letztbesitzer zugutekommen, wenn das Altfahrzeug ordnungsgemäß entsorgt wird.
  • Der Verkauf von Altfahrzeugen nur an anerkannte Demontagebetriebe.
  • Den Verwertungsnachweis stärken: Der Nachweis soll elektronisch vom Demontagebetrieb an das Zentrale Fahrzeugregister des Kraftfahrzeug-Bundesamts gemeldet werden. Bleibt die Meldung aus, würde dies als Ordnungswidrigkeit geahndet. Gleichzeitig müssten Kfz-Zulassungsstellen den Verwertungsnachweis konsequent einfordern.
  • Ein herstellerfinanziertes System für die Verwertung von Altautos. Demnach könnten die Autohersteller – ähnlich wie beim dualen System für Verpackungen – auf eine vorgezogene Entsorgungsabgabe verpflichtet werden. Dieses Geld würde dann von Systembetreibern verwaltet werden. Demontagebetriebe müssten sich über Ausschreibungen um den Entsorgungsauftrag bei den Systemen bewerben.

Beim diesjährigen Internationalen Automobilrecycling-Kongress IARC in Wien stand das Thema wieder auf der Agenda. Angesichts der jahrelangen Diskussion über die fehlenden Altautos machte Beate Kummer, Sprecherin des Metallrecyclingkonzerns Scholz, deutlich, was sie von den aktuellen europäischen Regelungen hält: „Die Altauto-Richtlinie ist bislang keine Erfolgsgeschichte“, sagte sie gestern (14. März) vor rund 200 Branchenvertretern.

Kummer empfahl, das System der Quoten kritisch zu überdenken. Zwar gelte seit 2015 die neue Verwertungsquote von 95 Prozent, doch nur 8 EU-Mitgliedstaaten erfüllten die Vorgabe, sagte sie. „Ich möchte Sie alle fragen: Wer braucht eigentlich die Recyclingquote, wenn das Ergebnis nicht einmal in den meisten Mitgliedstaaten überwacht wird?“ Die geringen Mengen an anfallenden Altautos würden ohnehin verwertet, wenn es sich lohne.

Für zielführender erachtet sie stattdessen eine Sammelquote, die die Recyclingquote ersetzen könnte. Davon verspricht sie sich, dem Problem der unzureichenden Sammlung ein Stück weit Herr zu werden. Für den Fall, dass sich die Sammelquote nicht durchsetzen lasse, sollte zumindest eine qualitative Recyclingquote an die Stelle einer quantitativen treten.

„Exporteuer-Verantwortung für Altautos

Flankierend sollte dem Letztbesitzer des Fahrzeugs ein finanzieller Anreiz geboten werden. „Der Letztbesitzer ist die einzige Person, die entscheidet, was mit dem Fahrzeug geschieht“, sagte Kummer. Insofern sei der Letztbesitzer die Schlüsselperson. Der finanzielle Anreiz sollte dabei so hoch sein, dass er die Zahlungsbereitschaft „illegaler Händler“ übertreffe. Entsprechende Beispiele für Fondslösungen und Pfandsystem würden bereits in vielen Ländern bestehen.

Nicht zuletzt machte sich Kummer auch für einen weiteren Lösungsansatz stark: die Einführung einer „Exporteur-Verantwortung“. Eine solche sei bereits in der europäischen WEEE-Richtlinie für E-Schrott-Exporte verankert. „Machen wir es ganz einfach und kopieren sie“, appellierte sie. Das wäre eine weitere Maßnahme, um illegale Exporte zu reduzieren.

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