Bilanz für 2014

In Großbritannien steigt die Zahl der Abfallbehandlungsanlagen kontinuierlich an. Noch nie wurden so viele Haushaltsabfälle recycelt wie heute. Auch die Umsätze der Entsorgungswirtschaft steigen, aber sie könnten noch viel höher sein - wenn es nicht die Abfallkriminialität gäbe.

Britische Abfallwirtschaft bleibt auf Wachstumskurs


Der britische Entsorgungs- und Recyclingmarkt bleibt auf Wachstumskurs. In den Jahren 2008 bis 2013 sind die Umsätze der Branche von knapp 22 auf über 26 Milliarden Euro gestiegen. Auch die Zahl der genehmigten abfallwirtschaftlichen Anlagen zeigt nach oben: Zwischen 2010 und 2014 hat sich die Zahl um 21 Prozent auf 11.446 Anlagen erhöht.

Aufgrund des Zuwachses werden in Großbritannien so viele Haushaltsabfälle wie noch nie stofflich recycelt beziehungsweise wiederverwertet und kompostiert. Wie aus dem Leistungsbericht der britischen Environment Agency für 2014 hervorgeht, sind im vergangenen Jahr auf den britischen Inseln 21,6 Millionen Tonnen Haushaltsabfälle angefallen. Davon wurden 44,2 Prozent recycelt beziehungsweise kompostiert (10,9 Million Tonnen). Damit hat das Vereinigte Königreich seine Recyclingquote innerhalb von zehn Jahren mehr als verdoppelt. Im Vergleich zu anderen EU-Staaten wie Deutschland haben die Briten allerdings noch großen Nachholbedarf. Zumal die Recyclingquote für Haushaltsabfälle bis 2020 auf mindestens 50 Prozent steigen muss.

Auch die energetische Verwertung hat im vergangenen Jahr zugenommen. Dem Bericht zufolge wurden 6,1 Millionen Tonnen oder 13 Prozent der unter kommunale Zuständigkeit fallenden Haushaltsabfälle energetisch verwertet. Das ist mehr als doppelt so viel wie zehn Jahre zuvor. Parallel dazu sind die Exporte von Ersatzbrennstoffen seit 2010 von 10.000 Tonnen auf fast 2,4 Millionen im Jahr 2014 gestiegen. Die Deponierungsrate ist im selben Zeitraum um über 60 Prozent gesunken. Wurden 2003/04 noch 20,9 Millionen Tonnen Haushaltsabfälle auf Deponien abgelagert, waren es 2013/14 nur noch 7,9 Millionen Tonnen.

Deponiesteuer wirkt

Eines der wichtigsten Mittel der Regierung, um die Vermeidung von Abfällen zu fördern, ist die Deponiesteuer, die jedes Jahr um 8 Pfund (etwa 11 Euro) pro Tonne erhöht wird. Daneben zeigen aber auch die sogenannten Qualitätsprotokolle Wirkung, schreibt die Environment Agency in ihrem Bericht. Diese Quality Protocols bestimmen, wann Abfall kein Abfall mehr ist, sondern ein Produkt. Dadurch könnten die Unternehmen die Entsorgungskosten reduzieren und durch den Verkauf von Produkten mehr Umsatz generieren, wie es im Bericht heißt.

Seit Einführung dieses Qualitätsprogramms im Jahr 2007 seien über 61 Millionen Tonnen Altmaterialien nicht mehr auf Deponien gelandet, heißt es weiter. Dadurch hätten die Unternehmen Kosten in Höhe von rund 466 Millionen Pfund (668 Millionen Euro) gekommen. Bis 2020 könnten die Unternehmen durchschnittlich 122 Millionen Pfund (175 Millionen Euro) pro Jahr durch reduzierte Kosten für Abfallentsorgung sparen, prognostiziert die Umweltbehörde. Darüber hinaus könnten sie jährlich 495 Millionen Pfund (710 Millionen Euro) durch den Verkauf der in Produkte umgewandelten Abfälle erzielen.

Milliardenverluste durch Abfallkriminalität

Allerdings hat auch die britische Abfallwirtschaft ihre Schattenseiten. Wie die Zahlen der Environment Agency zur Abfallkriminalität belegen, hat die Behörde im vergangenen Jahr 871 Mal illegale Tätigkeiten unterbunden. Dazu gehören unerlaubte Abfallablagerungen, Entsorgungs- oder Behandlungsweisen. Darüber hinaus kam es zu 151 großen, ernsten und organisierten illegalen Abfallablagerungen. Meistens handelte es sich dabei um Haushalts- und Gewerbeabfälle, Bau- und Abrissschutt sowie Erdaushub.

beseitigung-gefaehrlicher-abfaelle-in-grossbritannien---umsatzprognose-bis-2020Während von diesen Abfällen noch ein relativ geringes Umwelt- oder Gesundheitsrisiko ausgeht, sind andere Abfälle wesentlich gefährlicher. Die Umweltbehörde hat 282 illegale Lagerstätten als „hohes Risiko“ eingestuft, ohne allerdings zu spezifizieren, um welche Abfallarten es sich dreht. Auffällig ist vor allem der Südosten Englands – allein dieser Teil macht 40 Prozent aller festgestellten Delikte aus. Die Environment Agency will nun gemeinsam mit dem Umweltministerium Defra einen umfassenden Aktionsplan aufstellen, wie die zukünftige Bekämpfung der Abfallkriminalität gestaltet werden soll.

Das ist auch unter wirtschaftlichen Aspekten dringend geboten, denn die illegalen Tätigkeiten führen zu horrenden finanziellen Verlusten. Die Environment Agency schätzt, dass den rechtmäßig tätigen Unternehmen und dem Fiskus dadurch bis zu einer Milliarde Pfund (1,4 Milliarden Euro) jährlich durch die Lappen gehen. Dazu kommen noch rund 160 Millionen Pfund (229 Millionen Euro) pro Jahr durch falsche Beschreibungen von Abfällen. Diese würden Entsorger vorsätzlich machen, um weniger Deponierungssteuern zahlen zu müssen. Angesichts dieser hohen Beträge scheut die Umweltbehörde auch keine Kosten im Kampf gegen die Kriminalität. Allein zwischen April 2014 und März 2015 hat sie dafür über 14 Millionen Pfund (20 Millionen Euro) ausgegeben.

Umweltperformance der Branche

Insgesamt jedoch scheint die Umweltleistung im Bereich Abfall auf einem hohen Niveau zu liegen. Nach Angaben der Environment Agency liegen 95 Prozent aller genehmigten Abfallaktivitäten im oberen Bereich, was die Erfüllung der Umweltvorschriften angeht. Die Zahl der sogenannten „Persistent Poor Performers“, die dauerhaft mangelhafte Leistungen zeigen, hat allerdings zwischen 2013 und 2014 zugenommen, und zwar um knapp ein Viertel von 175 auf 217. Diese Entwicklung zieht sich mit zwei Ausnahmen über alle Bereiche der Abfallbewirtschaftung nichtgefährlicher Abfälle hinweg. Nur bei der Bioabfallbehandlung und im Metallrecyclingsektor ist die Zahl rückläufig gewesen.

Wegen Umweltverstößen seien gegen 37 Abfallunternehmen Strafverfolgungsmaßnahmen eingeleitet worden (2013: 45 Unternehmen). Die im Rahmen von Strafverfolgungen auferlegten Geldbußen haben sich im vergangenen Jahr auf etwas mehr als 383.000 Pfund (etwas mehr als 549.000 Euro) belaufen. In zwei Fällen hat die Umweltbehörde die Zulassung entzogen (Vorjahr: vier Fälle). Die Gründe waren Verklappung von Abfall sowie unsachgemäße Behandlung und Beseitigung von Abfällen.

Daneben gab es auch eine Reihe ernsterer Umweltverschmutzungen, die durch genehmigte Abfallbewirtschaftungsmaßnahmen entstanden sind. Insgesamt waren das 148 Fälle und damit weniger als im Vorjahr (204 Vorfälle). In den meisten Fällen, nämlich 155, handelte es sich um Geruchs-, Rauch-, Staub- und Lärmbelästigung. Auch einige größere Brände haben im vergangenen Jahr zu Umweltverschmutzungen höheren Grads geführt. Insgesamt führt der Bericht 21 größere Brände auf – fast doppelt so viele wie im Jahr 2012.

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