Einstufung von Titandioxid

Ein Vorschlag der Europäischen Chemikalienagentur lässt bei Recyclern die Alarmglocken klingeln. Die Agentur plädiert dafür, Titandioxid als krebserzeugenden Stoff einzustufen. Ein Recycling von Baustoffen, die Titandioxid enthalten, wäre dann nicht mehr möglich.

bvse befürchtet Kollaps der Bauabfallentsorgung


Stein des Anstoßes ist der Vorschlag des Ausschusses für Risikobewertung (RAC) der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), Titandioxid als „Cancerogen 2“ einzustufen. Somit stünde Titandioxid im Verdacht, beim Einatmen krebserzeugend zu wirken. Folglich müssten Produkte mit einem Gehalt von mindestens 1 Prozent Titandioxid gekennzeichnet werden und der entstehende Abfall würde als gefährlich eingestuft, erklärt der bvse.

Ein Recycling dieser Produkte wäre somit nicht mehr erlaubt. Stattdessen müssten die betreffenden Bau-Abfälle in Sondermüll-Verbrennungsanlagen oder auf Sondermüll-Deponien entsorgt werden. Die Folgen wären insbesondere für die Bereiche Abbruch und Recycling gravierend, sagt bvse-Vertreter Thomas Probst. Denn Titandioxid werde überall in der Bauwirtschaft Titandioxid eingesetzt, beispielsweise in der Wandfarbe, im Putz, in Bodenbelägen, in Tapeten, in Lacken, in Fenstern und in Dämmplatten.

In Deutschland fallen pro Jahr rund 55 Millionen Tonnen Bauschutt an. „Wenn nur 5 Prozent dieser Menge als gefährlich eingestuft würde, käme es sofort zu einem Entsorgungskollaps. Diese Mengen an gefährlichen Abfällen könnten nicht einmal ansatzweise fachgerecht entsorgt werden“, warnt Stefan Schmidmeyer, Geschäftsführer des bvse-Fachverband Mineralik.

„Fachlich unbegründet“

Die geplante Einstufung ist nach Meinung des bvse fachlich unbegründet. Es sei allgemein anerkannt, dass die Stoffeigenschaft von Titandioxid nicht krebserregend sei. Vielmehr zähle Titandioxid zu den „nicht gefährlichen“ Stoffen.

Konsequenterweise müssten demnach Gemische, die Titandioxid als Partikel enthalten, weiterhin als ungefährliche Abfälle eingestuft werden. „Der Vorstoß der ECHA ist auch deshalb unverständlich, weil gerade Titandioxid als Modellsubstanz eingesetzt wird, um Partikeleffekte zu zeigen und diese gegen krebserzeugende, erbgutverändernde und fruchtbarkeitsgefährdende Stoffe (CMR-Stoffe) abzugrenzen“, so der bvse.

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