Appell an Landesumweltminister

Die Einstufung von HBCD-Dämmstoffen als gefährlicher Abfall droht in einem Entsorgungsnotstand zu münden. Der bvse fordert deshalb die Landesumweltminister auf, die Einstufung zurückzunehmen. Daneben schlägt der Verband vier Maßnahmen vor, um die aktuelle Situation kurzfristig zu entspannen.

bvse fordert Korrektur für HBCD-Dämmstoffe


HBCD-Dämmstoffe gelten erst seit wenigen Tagen als gefährlicher Abfall gemäß Abfallverzeichnisverordnung, doch die Auswirkungen sind bereits immens. Aus den Kommunen würden Baustillstände gemeldet, berichtet der bvse, darüber hinaus hätten sich Abbruchmaßnahmen und Neubauten drastisch verteuert. Für HBCD-Dämmstoffe bestehe ein Entsorgungsengpass, bei den Sanierungs- und Wärmedämmmaßnahmen im privaten und öffentlichen Bereich herrsche weitgehend Stillstand.

Der bvse fordert deshalb die Landesumweltminister auf, die vorgenommenen Änderungen der Abfallverzeichnisverordnung (AVV) rückgängig zu machen. Dieser Vorschlag entspreche dem Regierungsentwurf zur Novellierung der Abfallverzeichnisverordnung, in dem derartige Abfälle ursprünglich als nicht gefährlich eingestuft waren. Auch die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger hätten sich schon dafür ausgesprochen, zur bisherigen Entsorgungspraxis zurückzukehren.

Alternativ fordert der bvse, den Paragraphen 3 Absatz 3 der AVV in Gang zu setzen. Auf dessen Grundlage könne in einer Einzelfallentscheidung (bezogen auf den spezifischen Abfall) von einer Regeleinstufung als gefährlicher Abfall abgesehen werden, wenn keines der Gefährlichkeitsmerkmale aus Anhang 3 der Abfallrahmenrichtlinie zutrifft, erklärt der Verband. Dies sei nach einschlägiger Diskussion mit dem Umweltbundesamt bei HBCD-Dämmstoffen der Fall.

„Wir bitten Sie also dringend dafür Sorge zu tragen, dass die Länder eine Entschließung zur entsprechenden Änderung der Abfallverzeichnisverordnung im Bundesrat einbringen“, heißt es in einem Schreiben des bvse an die Landesumweltminister. Das Schreiben ging auch an die Wirtschaftsminister der Länder sowie an Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Die Bundesregierung dürfte einem entsprechenden Antrag zustimmen, betont der Verband. Alternativ sollte die Einzelfallentscheidung nach Paragraf 3 Abs. 3 der AVV allgemeinverbindlich und länderübergreifend herbeigeführt werden.

Um zugleich den entstandenen Engpass zeitnah zu entzerren, schlägt der bvse folgende vier Maßnahmen vor:

  • Bei der Handhabung von Gemischen sollte dem Vorschlag Niedersachsens und Sachsen-Anhalts gefolgt werden. Sofern in Vermischungen die HBCD-haltigen Dämmstoffe nur eine untergeordnete Rolle spielen, seien für das gesamte Gemisch die AVV-Schlüssel für nicht gefährliche Abfälle zu Grunde zu legen.
  • Den Müllverbrennungsanlagen sollte genehmigt werden, die HBCD-haltigen Dämmstoffe im Gemisch mit anderen ungefährlichen Baumischabfällen unter Beachtung ihrer eigenen Annahmebedingungen in Volumenanteilen bis maximal 30 Prozent wie bisher als ungefährlichen Abfall (170904 oder 191212) thermisch zu verwerten. Denn hierbei werde die Unterschreitung des HBCD-Grenzwertes von 0,1 Prozent sichergestellt.

Monofraktionen, für die alleine der Schlüssel 170603 in Betracht käme, kommen laut bvse in der Praxis so gut wie nicht vor. Im Altbau lägen diese i.d.R. als Wärmesystemverbunde also ohnehin als Stoffgemisch vor, und bei Neubau seien die heute anfallenden Verschnitte HBCD-frei und könnten daher als 170604 mit den anderen Baustellenabfällen gemischt ebenfalls in den MVAs entsorgt werden.

  • Für die Entsorger fordert der bvse, dass sie für die Annahme, den Transport, das Lagern und Behandeln von HBCD-haltigen Dämmstoffen weiterhin die jeweiligen nicht-gefährlichen AVV-Schlüssel (170302, 170604, 170904) in Anspruch nehmen können, sofern sie anteilsmäßig untergeordnet sind. Durch Vermischen von Verpackungen könne auch der Abfallschlüssel 150102 betroffen sein.
  • Bis zur Entscheidung über eine Regeleinstufung, die die geordneten Entsorgungswege wieder zulässt, sollte die Zwischenlagerung erlaubt werden. Konkret fordert der bvse, dass öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Entsorger sich der Zwischenlagerung für kompaktierte Dämmmaterialen auf hierfür genehmigten Flächen für bis zu zwölf Monate bedienen können. Die Zwischenlagerung soll kongruent zu den Bedingungen erfolgen, die zum Auslaufen der Technischen Anleitung Siedlungsabfall zusammen mit der Abfallablagerungsverordnung gültig waren.

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