Reifen-Recycling

Die chinesische Regierung hat hohe Hürden für den Markteintritt von Altreifen-Recyclern errichtet. Die Folge ist ein brachliegendes Recyclingpotenzial. Auch in Japan steht das Recycling noch am Anfang.

China: Hohe Hürden für Altreifen-Recycler


Natürlicher Kautschuk ist einer der Kandidaten auf der EU-Liste der kritischen Rohstoffe. Das Angebot ist im Vergleich zur Nachfrage knapp, und dass die Nachfrage so hoch ist, daran haben vor allem die Reifenproduzenten einen großen Anteil. Denn drei Viertel des weltweiten Kautschukverbrauchs werden für die Herstellung von Fahrzeugreifen benötigt.

Allen voran steht China, der weltweit größe Produzent von Reifen. In der Volksrepublik wurden im Jahr 2013 über 965 Millionen Gummireifen produziert, darunter 583,78 Millionen Radialreifen, wie aus einer Marktstudie von Market Research hervorgeht. Die US-amerikanischen Analysten gehen davon aus, dass in den kommenden Jahren die Reifenproduktion weiter anziehen wird, bedingt durch den wachsenden heimischen Bedarf und die steigenden Exporte. Folglich wird Chinas Anteil am globalen Gummiverbrauch noch größer werden. Schon heute beträgt der Anteil über 30 Prozent. Gleichzeitig dürfte auch die Abhängigkeit der Volksrepublik von Importen dieses Rohstoffes steigen. Bislang muss China bereits über 70 Prozent des benötigten Naturkautschuks und über 40 Prozent der künstlich hergestellten Stoffe importieren, wie es im Market Research-Report heißt.

Produktion von Reifen in China in den Jahren 2009 bis 2013 (in Millionen) Von daher läge es nahe, das Gummi aus Altreifen zurückzugewinnen. Material wäre genug vorhanden. „Die Menge an Altreifen hat 2012 die Marke von 200 Millionen überschritten“, sagte der international anerkannte Altreifenexperte Serji Amirkhanian bei der Altreifenkonferenz der European Tyre Recycling Association (ETRA), die im März in Brüssel abgehalten wurde. Allerdings gibt es ein schier unüberwindliches Hindernis: Das Ministerium für Industrie und Informationstechnologie in Peking hat 2012 für die Reifen-Recyclingindustrie Bedingungen für den Marktzutritt erlassen. Eine dieser Voraussetzungen, die erfüllt werden muss, lautet: „Unternehmen müssen eine jährliche Verarbeitungskapazität für Altreifen von nicht weniger als 10.000 Tonnen haben.“ „Die Sache ist nur, dass rund 90 Prozent der chinesischen Reifenrecycler diesen Schwellenwert nicht erreichen können“, sagte Amirkhanian, der an der University of Alabama als Professor am Fachbereich Bauingenieurwesen, Ressourcen- und Umweltmanagement tätig ist.

Japan muss immer mehr Altreifen aus Übersee importieren

Verglichen mit dem chinesischen Post-Consumer-Reifenmarkt ist der japanische relativ klein. Im Jahr 2013 sind nach Zahlen der Japan Automobile Tyre Manufacturers Association (JATMA) 97 Millionen Altreifen angefallen. Das entspricht einem Gewicht von 1,021 Millionen Tonnen. Rund 899.000 Tonnen sind recycelt worden – 17.000 Tonnen mehr als 2012. Damit ist die Recyclingquote für Altreifen auf immerhin 88 Prozent gestiegen.

Diese Zahl wirkt beeindruckend, allerdings bedeutet „Recycling“ in Japan vor allem die Verwendung von Altreifen als Ersatzbrennstoff (EBS). Rund 60 Gewichtsprozent der ausrangierten Reifen werden von verschiedenen Industrien als EBS für ihre Herstellungsprozesse benötigt. „Der Bedarf an aus Reifen erzeugten EBS ist dermaßen groß, dass einige Hersteller geschnittene oder geshredderte Altreifen aus Übersee importieren müssen“, wie JATMA schreibt. Die Importmenge steigt bereits seit Jahren und hat 2013 bei 110.000 Tonnen gelegen.

Ein vermutlich nicht geringer Teil dieser Altreifen-EBS-Importe stammt aus den USA. „Zwischen 2008 und 2012 ist bei den US-Altreifenexporten ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen, und zwar von 8 Millionen auf zwischen 15 und 20 Millionen“, legte Amirkhanian dar. Die größte Menge davon gehe Richtung Asien, unter anderem als EBS nach Korea und Japan. Viele Reifen würden nach Vietnam exportiert und von dort aus nach China weitertransportiert.

Insgesamt fallen in den USA laut Amirkhanian pro Jahr über 300 Millionen Altreifen an. Immerhin 48 der 50 US-Bundesstaaten haben Bestimmungen bezüglich der Entsorgung und Recyclings dieses Abfallstroms erlassen. Der Altreifenexperte bezeichnet diese allerdings etwas abwertend als „Mainstream“. In 37 Bundesstaaten müssten Hersteller und Importeure von Reifen eine Recyclinggebühr bezahlen. Diese berechnet sich nach Angaben der US-Umweltbehörde EPA typischerweise auf Basis der Verkäufe von Neureifen. Die Gebühren liegen demnach zwischen 0,50 und 2 US-Dollar pro Pkw-Reifen. Für Lkw-Neureifen muss etwas mehr bezahlt werden, und zwar zwischen 3 und 5 US-Dollar. Allerdings haben fünf US-Bundesstaaten diese Reifenrecyclinggebühr bereits wieder abgeschafft, nämlich Indiana, Minnesota, Oregon Texas und Wisconsin.

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