Internationaler Markt

China hat in den ersten Monaten dieses Jahres die Altpapiereinfuhren fast halbiert. Auf den weltweiten Handel hatte das drastische Auswirkungen: Die Preise rutschten in den Keller und die Händler mussten sich neue Abnehmer suchen. Dafür kommen inzwischen mehrere Länder in Frage.

China wirbelt den Altpapiermarkt durcheinander


Das Kräftemessen im internationalen Handel zwischen den USA und China zeigt auch im Altpapiersektor erste Auswirkungen. So hat China im ersten Quartal dieses Jahres nur noch etwa 60 Prozent des üblichen Altpapiervolumens aus den USA importiert, berichtet Ranjit Baxi, Präsident des Weltrecyclingverbands BIR im BIR-„World Mirror“ für Altpapier.

Statt rund 1,1 Millionen Tonnen monatlich, kamen demnach nur noch 680.000 Tonnen Altpapier aus den USA – eigentlich der mit Abstand größte Altpapierlieferant für China. Im vergangenen Jahr stammten von den insgesamt 21 Millionen eingeführten Tonnen 11,5 Millionen aus den Vereinigten Staaten.

Neben dem reduzierten Handel mit den USA sorgen auch die Bestimmungen der chinesischen Regierung dafür, dass die Einfuhren drastisch zurückgingen. Denn mittlerweile werden nur noch maximal 0,5 Prozent Störstoffe akzeptiert. Insgesamt hat China die Altpapiereinfuhren im ersten Quartal um fast 50 Prozent gedrosselt.

Da es den internationalen Händlern nicht vollständig gelang, den Teil-Rückzug Chinas zu kompensieren, sind die Preise für Wellpappenpapiere stark gefallen. Sie lagen zuletzt bei etwa 150 US-Dollar pro Tonne. Auch bei den gemischten Sorten fielen die Preise teilweise stark: Zeitweise lagen die Notierungen unter 75 US-Dollar pro Tonne.

Indien verdoppelt Altpapiereinfuhren

Allerdings berichtet Baxi, dass vereinzelte Länder wie Indien, Indonesien oder Vietnam die Einfuhr von Fasern stark erhöhten, sodass die Ausfuhren nach Asien insgesamt im ersten Quartal sogar leicht angestiegen sind. Indien verdoppelte den Altpapierexport sogar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Wieder gestiegen sind auch die Frachtraten. Nach dem Aus von Hanjin Shipping gibt es trotz Übernahmebemühungen weiterhin zu wenig Container. Nach einer kleinen Erholung der Preise sind diese mittlerweile wieder gestiegen – laut Baxi beispielsweise nach Asien um 200 US-Dollar pro Container.

Auf den europäischen Altpapierhandel hatte Chinas Rückzug erwartbar ebenfalls Auswirkungen, wie mehrere europäische Altpapierexperten einstimmig berichten – die Preise für manche Sorten fielen um 30 Prozent. Laut Jean-Luc Petithuguenin von Paprec drückte Chinas Drosselung trotz einer guten europäischen Nachfrage in den Wintermonaten besonders im Wellpappenbereich auf die Preise. Zwar steige von dort die Nachfrage mittlerweile wieder, doch aufgrund der vielen Feiertage im Mai rechnet Petithuguenin damit, dass die Preise weiterhin unter Druck sein werden.

Etwas besser sieht es laut Petithuguenin bei den mittleren Sorten aus: Die Nachfrage sei hier gut und zu Beginn des zweiten Quartals zeichnete sich eine weitere Besserung ab. Der Altpapierexperte rechnet hier auch – dank des besseren Wetters – mit steigenden Sammelmengen.

Deutsche Händler verkaufen nach Osteuropa

Deutsche Altpapierhändler verkauften derweil in den vergangenen Monaten laut Reinhold Schmidt von Recycling Karla Schmidt vor allem Material nach Osteuropa – in Polen beispielsweise waren die Lager der Altpapierfabriken so gut wie leer. Entsprechend war die Altpapiernachfrage im Osten Deutschlands besonders hoch. Gleichzeitig berichtet Schmidt allerdings von einer steigenden Anzahl von Beschwerden der deutschen Papierfabriken über die Qualität der Altpapierlieferungen.

Auch in Italien gibt es offenbar Qualitätsprobleme, da es dort laut Altpapierexperte Giampiero Magnaghi vor allem an geeigneten Sortierprozessen fehlt. Da dort aber ein Großteil der Sammlung durch ein Konsortium organisiert wird, das vor allem auf Quantität Wert zu legen scheint, rechnet er nicht mit einer Verbesserung der Situation. Etwa zwei Millionen der jährlich 6,5 Millionen Tonnen gesammelten Altpapiers exportiert Italien. Gut die Hälfte der Exportmenge ging bis vor kurzem noch nach China. Auch hier müssen entsprechend neue Absatzmärkte gefunden werden.

Ein möglicher neuer Abnehmer für europäische Händler könnte die Türkei werden. Wie Ekrem Demircioglu berichtet, arbeiten die Papierfabriken seit Jahresbeginn dort auf Vollauslastung. Bereits gegen Ende des vergangenen Jahres sind laut Demircioglu die Altpapiereinfuhren gestiegen – ein Großteil kam aus der EU. Im ersten Quartal dieses Jahres lag die Importmenge zwischen 250.000 und 300.000 Tonnen.

Dass der Papiermarkt in der Türkei weiter im Wachstum ist, zeigt auch ein Blick auf die dortigen Expansions- und Baupläne. So hat Hamburger laut Demircioglu ein Werk von Kastas mit einer Kapazität von rund 100.000 Jahrestonnen übernommen und baut derzeit an einer Fabrik in Kutahya, die Ende 2019 in Betrieb gehen soll. Auch die Unternehmen Kipas und Albayrak errichten derzeit Produktionsstätten, alleine die Fabrika von Kipas soll eine Kapazität von 400.000 Jahrestonnen haben.

 

© 320° | 07.05.2018

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