Internationaler Markt

Jahrelang hat China den globalen Markt mit Stahl überschwemmt und damit auch die Stahlschrottpreise gedrückt. Nun lässt ein Rückgang der Exporte den Markt aufatmen und die Schrottpreise wieder steigen. Auch die weiteren Aussichten bleiben gut: In vielen Ländern stehen die Zeichen auf Wachstum.

Chinas positiver Einfluss auf den Stahlschrottmarkt


Der weltweite Auftrieb für die Stahlindustrie hält an. Das zeigt sich auch in den positiven Markteinschätzungen internationaler Stahlschrotthändler. „Die Aussichten bleiben gut“, schreibt Tom Bird, Interims-Vorsitzender des BIR-Stahlschrott-Ausschusses, im aktuellen Marktbericht des Weltrecyclingverbands.

Die weltweite Wirtschaft habe im vergangenen Jahr eine „gewaltige Wiederbelebung“ erlebt, die sich auch auf den Stahlmarkt ausgewirkt habe, erklärt Bird. „Die Wiederherstellung der Stahlschrottnachfrage und die Preise haben unsere Industrie in ein gutes Umfeld katapultiert.“ Birds Einschätzung deckt sich mit den Aussagen anderer BIR-Ländervertreter. Auch sie zeichnen ein positives Marktbild und rechnen mit einer weiterhin guten Marktentwicklung:

  • China

Dass ausgerechnet China einen Teil dazu beigetragen hat, dass es derzeit gut auf dem Stahlschrottmarkt gut läuft, liegt auch an dessen Exportverhalten. Da im vergangenen Jahr etwa 30 Prozent weniger Stahl als 2016 ausgeführt wurde, verringerte sich die Marktdominanz – die Nachfrage nach Stahl aus anderen Ländern zog an und somit auch der Bedarf an Stahlschrott.

Gleichzeitig hat sich in China der Stahlschrottverbrauch im eigenen Land massiv erhöht: Laut BIR-Statistikberater Rolf Willeke wurden alleine in den ersten drei Quartalen 2017 rund 56 Prozent mehr Stahlschrott verbraucht, als im Jahr zuvor. Ersten Schätzungen zufolge liegt der Verbrauch im gesamten Jahr bei 147,9 Millionen Tonnen, was ein Plus von 64,2 Prozent bedeuten würde.

Gefördert wird der massive Verbrauchsanstieg von der chinesischen Regierung. Die Hersteller wurden angewiesen, den Schrotteinsatz von elf auf 20 Prozent zu steigen. Laut Willeke ist sogar eine Steigerung auf 30 Prozent im Gespräch. Gleichzeitig werden mehrere Elektrolichtofenbögen gebaut, deren Gesamtkapazität in den nächsten zwei bis drei Jahren bei 120 Millionen Tonnen liegen könnte.

Hinzu kommt, dass sich die Anzahl der Shredder von derzeit Hundert in den kommenden Jahren auf 200 verdoppeln soll. Immerhin knapp zwei Millionen Tonnen Stahlschrott hat China in den ersten elf Monaten 2017 auch exportiert – mit etwa 595.000 Tonnen war der größte Abnehmer Indonesien.

  • Türkei

Der nach wie vor weltweit größte Stahlschrottimporteur – die Türkei – hat im vergangenen Jahr seine Spitzenposition gefestigt: In den ersten neun Monaten wurden mit 14,9 Millionen Tonnen etwa 15,6 Prozent mehr eingeführt als noch 2016. Allerdings ging die Nachfrage gegen Jahresende etwas zurück.

Da jedoch zum 1. Januar die Importzölle für Betonstahl aufgehoben wurden, haben sich laut Bird Nachfrage und Preise mittlerweile wieder etwas erholt. Positiv wirkte sich außerdem der schwache US-Dollar aus. Sofern sich das politische Umfeld in der Türkei wieder stabilisieren sollte, rechnet Bird auch wieder mit steigenden Investitionen.

  • Indien

Während in Indien in den ersten neun Monaten im vergangenen Jahr mit 4,2 Millionen Tonnen etwa 14,6 Prozent weniger Stahlschrott importiert wurde, scheint es im aktuellen Jahr deutlich besser zu laufen. Wie Zain Nathani von der Nathani Group of Companies beschreibt, wurden allein in den ersten Wochen 2018 drei bis vier Schiffsladungen bestellt.

„Das ist definitiv ein Zeichen der Verbesserung“, so Natahni. Der indische Subkontinent, der Bangladesch und Pakistan miteinschließt, soll in diesem Jahr mehrere Induktions- und Elektrolichtbogenöfen in Betrieb nehmen und den Stahlschrottverbrauch auf zehn bis 12 Millionen Tonnen ansteigen lassen.

  • Japan

Auch in Japan stehen die Zeichen auf Wachstum: Laut Hisatoshi Kojo von Metz Corporation stieg 2017 der Stahlschrottverbrauch um sieben Prozent auf 35,8 Millionen Tonnen. Der Import verbesserte sich um 32,1 Prozent auf 232.000 Tonnen. Und auch im laufenden Jahr soll die Nachfrage weiterwachsen – dank steigender Rohstahlherstellung. Im vergangenen Jahr zog die Produktion allerdings nur leicht an: von 104,7 Millionen auf 105 Millionen.

  • USA

In den USA sorgten in den vergangenen Monaten vor allem die guten Schrottpreise auf dem Exportmarkt für ein Anziehen der US-Schrottpreise. Wie George Adams von SA Recycling berichtet, wurden alleine im November etwa 1,6 Millionen Tonnen Stahlschrott exportiert – so viel wie seit 2013 nicht mehr. Folglich stiegen im Dezember und Januar die Durchschnittspreise um monatlich etwa 30 US-Dollar pro Tonne.

Adams rechnet auch künftig mit einer starken Inlandsnachfrage. Derzeitige Transportprobleme aufgrund des kalten Winters sollen bald passé sein und die Investitionspläne Trumps in die Infrastruktur für weiteren Auftrieb sorgen.

  • Taiwan und Südkorea

Aus Taiwan berichtet Adams von „guten Stahlschrottpreisen“, die teilweise im November über 300 US-Dollar pro Tonne lagen. Auch Ende Januar notierten die Preise nach einem leichten Minus wieder über der 300-US-Dollar-Marke. Für 2018 erwarten Händler einen Marktverlauf, der ähnlich gut wie der im vergangenen Jahr. 2017 wurden insgesamt 2,64 Millionen Tonnen Stahlschrott eingeführt – etwa 220.000 Tonnen weniger als im Jahr zuvor.

Gestiegen ist hingegen der Stahlschrottverbrauch in Südkorea: Er lag mit 6,2 Millionen Tonnen 5,7 Prozent über dem Vorjahreswert. Größter Handelspartner war nach wie vor Japan mit einem Anteil von 65 Prozent aller Einfuhren. Auf dem zweiten Platz lag Russland, gefolgt von den USA. Auch künftig rechnet Adams in der Region mit stabilen Märkten.

  • EU

Von guten Preisen für Stahlschrott in die Türkei berichtet Frank Heukeshoven von TSR Recycling: Bis zu 375 US-Dollar pro Tonne konnten demnach Anfang Januar erzielt werden. Zwar schwächte sich die Nachfrage der türkischen Hersteller zunächst etwas ab, doch zuletzt lagen die Notierungen wieder bei etwa 350 US-Dollar. Allerdings gibt Heukeshoven zu bedenken, dass die Preise kaum höher sind als Anfang 2017.

Positiv sei, dass auch aus Süd-Ost-Asien die Nachfrage immer größer werde. Diese auch zu bedienen sei aber nicht leicht, da die Frachtraten dorthin – vor allem im Vergleich zu Sendungen in die Türkei – deutlich teurer seien. Insgesamt bestätigen auch Willekes Zahlen den guten Ausfuhrtrend von Schrotten aus der EU: In den ersten neun Monaten wurden mit 15 Millionen Tonnen etwa 18,4 Prozent mehr exportiert als noch 2016. Auch der Einsatz von Schrotten bei der Rohstahlproduktion hat sich erhöht: Um 5,9 Prozent auf rund 69,9 Millionen Tonnen.

Auch innerhalb der EU war die Auftragslage zuletzt laut Heukeshoven „sehr zufriedenstellend“. Problematisch war jedoch gegen Jahressende, dass einige Ladungen wegen Schienenproblemen nicht verschickt werden konnten. Besonders Käufer aus Italien musste auf ihre Schrottladungen warten. Im Februar hätten mehrere Fabriken die Schrottpreise um 15 bis 20 Euro drücken können. Heukeshoven spricht aber dennoch von „ziemlich guten Aussichten: Wir werden einen Anstieg in den Produktionskapazitäten sehen, was die Schrottnachfrage ankurbeln wird.“

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