Parlamentarischer Abend der ITAD

In gemischten Gewerbeabfällen finden sich noch viele Stoffe, die recycelt werden können. Doch unter bestimmten Voraussetzungen ist es auch vorstellbar, dass ein kleiner Rest des Gemisches direkt verbrannt werden kann, meint BMBU-Vertreter Helge Wendenburg. Auch in anderen Bereichen zeigt er sich offen für pragmatische Lösungen.

„Darüber kann man reden“


Es gibt viele Unterschiede zwischen dem Wertstoffgesetz und der Gewerbeabfallverordnung – vor allem hinsichtlich der abfallwirtschaftlichen Bedeutung und der Chance auf Umsetzung der beiden Projekte. Es gibt aber auch eine Gemeinsamkeit: nämlich der zugrunde liegende Ansatz, Abfall als Ressource zu nutzen.

Gemeint ist damit die Nutzung der stofflichen Eigenschaften von Abfällen. Nach dem Verständnis des Bundesumweltministeriums (BMUB) ist es die Aufgabe der Kreislaufwirtschaft, die Wirtschaft mit Rohstoffen zu versorgen. Das Ziel fast aller BMUB-Gesetzesinitiativen ist folglich auch dafür zu sorgen, dass möglichst viele Abfälle zurückgewonnen, stofflich verwertet und der Wirtschaft zur Verfügung gestellt werden können.

Ein gutes Beispiel ist die Kunststoffindustrie. Wer sich mit Vertretern dieser Branche unterhalte, bekomme zu hören, dass die Polymerversorgung in Europa mit Primärkunststoffen nicht mehr gesichert sei, erklärte Helge Wendenburg, Leiter der Abteilung Wasserwirtschaft und Ressourcenschutz im BMUB, am vergangenen Dienstag beim Parlamentarischen Abend der ITAD in Berlin. Folglich müsse man sich um die Sekundärpolymere kümmern. Und dafür brauche man möglichst sortenreine Kunststoffe, die man am besten aus der Getrenntsammlung bekomme.

„Wir haben die Aufgabe, dass möglichst viele kunststoffhaltige Abfälle auf den Markt kommen“, sagte Wendenburg. Diese müssten möglichst sortenrein und getrennt gehalten werden, damit sie so aufbereitet werden könnten, dass sie als Ressource dienen. Das ist auch der Grund, warum das BMUB die Ausweitung der Wertstofferfassung aus privaten Haushalten auf Kunststoffe und Metalle plant.

Thermische Verwertung ist denkbar

Das Hauptaugenmerk jedoch liegt auf den Gewerbeabfällen, dem weitaus größeren Abfallstrom. Hiervon fallen in Deutschland jedes Jahr rund 40 Millionen Tonnen Gewerbeabfälle an. Über 80 Prozent oder rund 33 Millionen Tonnen werden bereits in unterschiedliche Recyclingprozesse gegeben. Künftig sollen aber auch die Gemische für die stoffliche Verwertung genutzt werden.

Dafür sieht die geplante Gewerbeabfall-Verordnung eine Getrennthaltungspflicht vor. Es gebe viele Unternehmer, die alles in einen Container werfen und ein Entsorgungsunternehmen beauftragen, das die Abfälle dann wieder auseinander sortiert. „Und da glauben wir, dass wir mit der Getrennthaltungspflicht eine sehr viel höhere Wertschöpfungsrate bekommen, als wenn wir das Material über eine Sortieranlage schicken“, erklärte Wendenburg beim Parlamentarischen Abend.

„Nun kann man sich im Rahmen der Gewerbeabfall-Verordnung darüber unterhalten, ob es Sinn macht, wenn jemand, der 95 Prozent seiner anfallenden Abfälle getrennt hält, auch noch die letzten 5 Prozent getrennt halten muss“, räumte Wendenburg ein. „Darüber kann man reden.“ Wenn der Abfallerzeuger nachweisen könne, dass die letzten 5 Prozent nicht mehr sortierfähig sind, dann sei die direkte thermische Verwertung vorstellbar.

„Aber was auf keinen Fall geht, ist dass wir die gemischte Abfälle unmittelbar der Herstellung für EBS oder eine Verbrennungsanlage zur Verfügung stellen wollen“, betonte der BMUB-Vertreter. Generell gelte, dass Abfälle, die nicht getrennt gehalten werden können, in eine Vorbehandlungsanlage gegeben werden müssen.

Nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen

Offen für pragmatische Lösungen zeigte sich Wendenburg auch beim Thema Heizwertklausel. Hier gebe es noch Diskussionsbedarf hinsichtlich der Bedeutung, die die Heizwertklausel für die chemische Industrie habe. So sei fraglich, ob die chemische Industrie für jeden einzelnen Stoffstrom eines Lösemittels nachweisen müsse, dass der Stoff nicht recycelt werden kann.

„Das Problem besteht darin, dass wir einen Abfallschlüssel für Lösemittel haben, aber die Lösemittel in der chemischen Industrie aus mindestens 27 verschiedenen Anwendungen kommen“, erklärte der BMBU-Vertreter. Und wofür man die Lösemittel nutzt, sei davon abhängig, wie verschmutzt die Lösemittel sind. Gegebenenfalls sei es also besser, den Heizwert der Lösemittel zu nutzen. „Man muss darüber nachdenken, wie man hier Erleichterungen schaffen kann“, so Wendenburg. „Ich denke, ein guter Weg könnte sein, mit allen Beteiligten einen Katalog zusammenzustellen, um mit einfachen Praxisbeispielen dorthin zu kommen.“

Auf eine pragmatische Lösung hofft Wendenburg auch bei der künftigen Entsorgung von HBCD-haltigen Abfällen wie etwa Styropor-Insolierplatten. Weil diese Abfälle gemäß Abfallverzeichnis-Verordnung künftig als gefährliche Abfälle gelten, könnte die bisherige Entsorgung in einer MVA gefährdet werden, sofern die betreffende Anlage keine Genehmigung als Sonderabfallverbrennungsanlage besitzt. „Wir haben seit Jahrzehnten Styropor HDCD-haltig verbrannt, und es hat keinen gestört“, gab Wendenburg zu bedenken. Nur, weil diese Abfälle nun als gefährlicher Abfall gelten, ändere sich ja nicht das Emissionsverhalten der Verbrennungsanlage.

„Wenn nun eine MVA auch in Zukunft Styropor verbrennen will, dann sollte sie den Abfallschlüssel mit dem Sternchen bekommen und nicht eine Genehmigung als Sonderabfallverbrennungsanlage vorweisen müssen“, schlug Wendenburg vor. Sonst würde mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Er hoffe darauf, dass auch die Länder und Genehmigungsbehörden diese Sichtweise teilen werden.

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