Automation

Vernetzte Maschinen, smarte Assistenten und Roboter mit Künstlicher Intelligenz: Die Digitalisierung schreitet unaufhaltsam voran. Experten mahnen, den Trend nicht zu unterschätzen. Alte Geschäftsmodelle werden nicht für immer währen.

„Das Geschäft von morgen ist ausschließlich digital“


Maschinen, Anlagen und ganze Fabriken über das Internet verbinden, um noch produktiver zu werden – so stellt sich die Industrie 4.0 dar. Wie der Digitalverband Bitkom herausgefunden hat, ist das in vielen Unternehmen schon Realität. Fast jede vierte Maschine in Unternehmen ab 100 Mitarbeitern sei bereits vernetzt. Vor zwei Jahren war es noch gut jede fünfte. Jedes zweite Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe nutze Industrie 4.0-Anwendungen.

„In den vergangenen Jahren hat sich in Sachen Industrie 4.0 viel getan“, sagte Achim Berg, Präsident des Digitalverbands auf der Hannover Messe. Mithilfe von Sensoren, der Analyse großer Datenmengen und neuen Technologien wie etwa dem 3-D-Druck sei der digitale Wandel in der Industrie inzwischen weit fortgeschritten.

Volkswirte korrigieren Wachstumsprognosen

Laut Bitkom-Studie investieren 94 Prozent der 397 befragten Unternehmen in Industrie 4.0-Anwendungen. 2016 waren es nur rund 57 Prozent. Im Durchschnitt fließen etwa fünf Prozent des Gesamtumsatzes in Anwendungen dieser Art. Die Unternehmen erhoffen sich damit vor allem, Fertigungsprozesse zu optimieren (68 Prozent), Kapazitäten besser auszulasten (58 Prozent), Kosten zu senken (43 Prozent) und unterm Strich wettbewerbsfähig zu bleiben.

Der Druck, wettbewerbsfähig zu bleiben, wird erst recht dann zunehmen, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sich verschlechtern. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) rechnet bereits für dieses Jahr mit einer Verlangsamung des wirtschaftlichen Wachstums. „Besser als in diesem Jahr wird die Konjunktur wohl nicht mehr“, sagte BDI-Präsident Dieter Kempf auf der Hannover Messe.

Für 2018 rechnet der BDI noch mit einem Wachstum von 2,25 Prozent. Doch dieser „moderate Aufschwung“ werde besonders von Protektionismus und Handelskonflikten gefährdet. Ähnlich gedämpft sind laut Deutscher Presse Agentur die Aussagen der Volkswirte deutscher Großbanken. Sie haben ihre Wachstumsprognosen teilweise drastisch nach unten korrigiert – etwa die DZ-Bank von 2,2 auf 1,8 Prozent.

Alte Geschäftsmodelle überdenken

„Alte Geschäftsmodelle funktionieren noch gut, gerade in Hochkonjunktur-Zeiten wie jetzt. Das Geschäft von morgen ist aber ausschließlich digital und darauf müssen wir uns jetzt entschlossen vorbereiten“, unterstreicht Bitkom-Vertreter Achim Berg. Viele Experten sehen den Handlungsbedarf darin, alte und analoge Geschäftsmodelle zu überdenken.

Um das volle Potenzial von Industrie 4.0 auszuschöpfen, empfiehlt Berg, alle Bereiche konsequent digital aufzustellen. Bislang hätten lediglich 55 Prozent der Unternehmen ab 100 Mitarbeitern eine umfassende Strategie, 42 Prozent nur für einzelne Bereiche. Die größten Hemmnisse sind der Bitkom-Studie zufolge hohe Investitionskosten, Anforderungen an den Datenschutz sowie der Mangel an Fachkräften. Gut die Hälfte der befragten Unternehmen will in diesem Jahr ihre Mitarbeiter für Industrie 4.0 selbst weiterbilden.

Eben jene Mitarbeiter werden auch die Gewinner der Digitalisierung sein. 84 Prozent der von Bitkom befragten 533 Unternehmen sind überzeugt, dass durch Industrie 4.0 neue Arbeitsplätze entstehen. Gut die Hälfte (52 Prozent) glaubt aber auch, dass Arbeitsplätze für gering qualifiziertes Personal durch Industrie 4.0-Anwendungen wegfallen. Gut ausgebildete Fachkräfte würden hingegen profitieren.

„KI wird uns nicht die Arbeit wegnehmen“

Fachkräfte haben folglich auch nichts von Robotern oder Assistenten mit Künstlicher Intelligenz zu befürchten. KI ist zwar erst der nächste Schritt der digitalen Transformation, aber „sie wird uns nicht die Arbeit wegnehmen“, betonte VDI-Direktor Ralph Appel auf der Hannover Messe. Vielmehr werde daraus ein Jobmotor für Deutschland. Noch fehlen knapp 64 Prozent von 900 dazu befragten VDI-Mitgliedern die Voraussetzungen, um KI zu nutzen. Etwa 60 Prozent setzen KI derzeit lediglich zur Analyse von Daten ein.

Dass Roboter Jobs schaffen, glauben auch Wissenschaftler des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Bislang habe der verstärkte Maschineneinsatz dazu geführt, dass die Zahl der Arbeitsplätze insgesamt um ein Prozent gewachsen ist. Künftig soll sich diese Entwicklung fortsetzen. So schätzen die ZEW-Forscher, dass die weitere Automation und Digitalisierung in den Betrieben bis 2021 die Beschäftigung um 1,8 Prozent erhöht.

Die Entwicklung decke sich mit den Erfahrungen der Computerisierung ab den 1990er Jahren. „Der massenhafte Einsatz von EDV in Betrieben hat zwar klassische Stellen in der Sachbearbeitung überflüssig gemacht“, schreiben die Wissenschaftler. Aber parallel sei die Beschäftigung von 1995 bis 2011 um knapp 0,2 Prozent pro Jahr gestiegen.

 

© 320°/bs/dpa | 24.04.2018

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