Exporte nach China

Die starke Nachfrage Chinas nach Sekundärrohstoffen war für europäische Recycler jahrelang ein willkommener Absatzweg. Nun ist der Absatz für schlechte Qualität versperrt. Altpapierexperten wollen aber nicht von Krise sprechen. Sie appellieren an ihre Kollegen, sich der neuen Realität zu stellen.

„Das hat uns etwas faul gemacht“


Wie stark sich Chinas Nachfrage in den vergangenen Jahren entwickelt hat, zeigt der Blick auf die Importzahlen für Sekundärrohstoffe. Im Jahr 1995 beliefen sich die chinesischen Einfuhren auf 4,5 Millionen Tonnen, erklärte Hans van de Nes, Präsident der European Recovered Paper Association (ERPA), beim bvse-Altpapiertag in Düsseldorf. Im Jahr 2016 betrug die Menge rund 45 Millionen Tonnen.

„Das hat uns etwas faul gemacht“, räumte van de Nes ein. Vor allem im Kunststoffbereich habe die Recyclingbranche zu wenig in neue Recyclingtechnologien investiert. Bis vor kurzem hatte China noch 7,3 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle importiert – immerhin 57 Prozent aller recyclierbaren Kunststoffe weltweit.


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Stark gestiegen sind in der Vergangenheit auch die von China importierten Altpapiermengen. Im vergangenen Jahr summierten sich die Einfuhren auf 25,7 Millionen Tonnen. Das seien aber nur 11 Prozent des gesamten weltweiten Altpapierstroms, rechnete van de Nes vor.

Aus seiner Sicht ist die aktuelle Marktsituation nicht als tiefgehende Krise zu verstehen. Auch 2008 und 2009 seien schwierige Zeiten gewesen. Damals habe die Altpapierbranche die Realität akzeptiert und sich aus eigenen Kräften wieder erholt.

Der Altpapiermarkt sei aufgrund der chinesischen Importrestriktionen zwar kurzfristig gestört, so van de Nes. Die Altpapierbranche werde aber die neue Realität akzeptieren und sich an die neuen Vorgaben gewöhnen. Schlechtere und verschmutzte Altpapier-Qualitäten würden fortan energetisch verwertet.

Paradigmenwechsel

Eine ähnliche Markteinschätzung vertrat auch Andreas Otto, Geschäftsführer der Melosch Export GmbH in Hamburg. Die aktuelle Situation am Altpapiermarkt sei keine Krise, sondern stelle einen Paradigmenwechsel dar, sagte er.

„Der Altpapiermarkt war schon immer volatil“, ergänzte van de Nes. „Die erfahrenen und professionellen Fachleute mit ihren spezialisierten Betrieben haben keine Angst. Sie sehen nur eine Herausforderung und finden eine Lösung.“

 

© 320° | 17.04.2018

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