Interview mit Manfred Fahrner

Das vergangene Jahr war für E-Schrott-Recycler nicht einfach - und das laufende wird es voraussichtlich auch nicht. Im Interview mit 320° beschreibt Alba-Vertreter Manfred Fahrner, welche Herausforderungen bestehen und in welchen Bereichen dringender Handlungsbedarf herrscht.

„Das scheint eine heilige Kuh zu sein“


Manfred Fahrner ist Vertriebsleiter bei Alba Electronics Recycling und seit über 20 Jahren im Recyclinggeschäft tätig. Er ist einer der Gründungsmitglieder der European Electronics Recycling Association (EERA), die er zehn Jahre lang als Verbandspräsident führte. Alba Electronics Recycling gehört zu den führenden Recyclern für Elektro- und Elektronikschrott in Deutschland. Das Unternehmen hat Standorte in Eppingen (Baden-Württemberg), Lustadt (Rheinland-Pfalz) und Wiedergeltingen (Bayern).

Herr Fahrner, die E-Schrott-Recyclingbranche traf sich Mitte Januar zum IERC in Salzburg. Wie war die Stimmung?

Alba Group
Alba Group

Beim Networking-Dinner so exzellent wie immer. Aber Spaß beiseite. Speziell unter den deutschen E-Schrott-Recyclern war die Stimmung gedrückt. Im vergangenen Jahr hat eben niemand Geld verdient.

Die leichte Markterholung trägt auch nicht zur Besserung der Stimmung bei?

Nicht wirklich. Bei einigen Gerätekategorien, vor allem bei Kleingeräten und Bildschirmgeräten, zeigt sich eine Überkapazität an Behandlern in Europa. In Deutschland gibt es eine extreme Zersplitterung der Stoffströme. Viele Altgeräte gehen am offiziellen System beziehungsweise den dort tätigen Recyclern vorbei. Gleichzeitig drücken Wettbewerber aus den Nachbarländern auf den deutschen Markt, die in ihrer Heimat Kapazitäten aufgebaut haben, aber nicht genügend oder keine Mengen von den dort etablierten Rücknahmesystemen bekommen. Und nach wie vor treten Leute in den Markt ein, die vor allem hochwertige Altgeräte akquirieren.

Die Wettbewerber aus dem Ausland agieren ganz legal?

Ja. Sie kaufen die Geräte von den Erstbehandlern. Das heißt, die Mengen sind im System erfasst und fließen in die deutsche Sammelquote ein. Uns jedoch fehlen dadurch Mengen, um unsere Anlagen zu füllen.

Und wen meinen Sie mit „den Leuten“, die hochwertige Altgeräte akquirieren?

Das sind meist kleinere Unternehmen, die sich auf hochwertige Elektronik und edelmetallhaltige Geräte spezialisiert haben. Dabei handelt es sich insbesondere um B2B-Geräte für die Datenverarbeitung, die gar nicht zu Abfall werden, sondern zur Wiederverwendung vermarktet werden. Dafür werden hohe Preise bezahlt, allerdings tauchen diese Mengen in keiner Statistik auf und fließen damit nicht in die Sammelquote ein. Verstehen Sie mich nicht falsch, das ist ein offizieller Markt und kein illegaler Sektor.

Ist es um die Sammlung von B2C-Altgeräten aus privaten Haushalten mittlerweile besser bestellt?

Nein, keineswegs. Die wichtigste Herausforderung ist nach wie vor die Erhöhung der Erfassungsmengen und die Verbesserung der Erfassungsqualität – also weniger Bruch und Schwund. Die Erfassungsquote stagniert. Sinkende Wertstoffinhalte und steigende Kunststoffanteile belasten die Erlöse der Recycler. Gleichzeitig wird das Sammelsystem den sich verändernden Stoffen nicht gerecht.

Inwiefern?

Nehmen Sie beispielsweise die zunehmende Zahl an akku- oder batteriebetriebenen Geräten oder auch die Flachbildschirme. Ein hoher Anteil von Batterien landet noch immer zusammen mit den Altgeräten in den Sammelcontainern, obwohl diese getrennt gesammelt werden müssten. Bei den Flachbildschirmen besteht das Problem, dass diese in großen Containern gesammelt werden. Dadurch sind zwei Drittel der Geräte dermaßen beschädigt, dass teilweise das Quecksilber aus der Hintergrundbeleuchtung emittiert ist.

Sollte das ElektroG in diesen Bereichen nicht eine Verbesserung mit sich bringen?

Die rechtlichen Vorgaben nicht hilfreich: Statt die etablierten Sammelsysteme weiterzuentwickeln, leisten wir uns eine weitere Zersplitterung der Ströme. Viele Marktteilnehmer wissen, dass unser ElektroG einige Geburtsfehler aufweist, vor allem die geteilte Produktverantwortung. Aber das scheint eine heilige Kuh zu sein, die niemand schlachten will. Wichtig wäre zudem, die Bedeutung der Sammlung von Altgeräten auch in der Bevölkerung weiter zu stärken, zum Beispiel durch eine aktivere Öffentlichkeitsarbeit. Wir müssen auch dringend über die Verwertungsquoten diskutieren: Wenn es für bestimmte Stoffe wie zum Beispiel belastete Kunststoffe keine Verwertungswege gibt, muss das bei der Festlegung der Verwertungsquote berücksichtigt werden.

Was sagt Ihr Bauchgefühl zur Marktentwicklung in diesem Jahr?

Erfreulicherweise haben die Notierungen für Metalle angezogen, was aber gleich wieder manche Wettbewerber dazu verführt, extreme Preiszugeständnisse zu machen. Problematisch ist nach wie vor der Markt für zu beseitigende Reststoffe und für Kunststoffe. Bei Kühlgeräten ist die Tendenz zu erkennen, dass die Entsorgungskosten honoriert werden müssen, und dass die potenziellen Erlöse über indizierte Preismodelle berücksichtigt werden. Auch die Hersteller beginnen, dies zu akzeptieren. Allerdings haben wir es hier mit einem überschaubaren Markt mit wenigen, bekannten Herstellern und einer dem Markt entsprechenden Zahl an Behandlungsanlagen zu tun. Für 2017 sehe ich europaweit eine Tendenz zur Verbesserung, vor allem auch als Folge der Durchsetzung von Behandlungsstandards.

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