EAG-Rücknahme durch Handel

Die Rücknahme alter Elektrogeräte durch den Handel lässt offenbar zu wünschen übrig. Die Deutsche Umwelthilfe spricht von Sabotage durch den Handel. Der bvse bestätigt vorhandene Anlaufschwierigkeiten. Nun sei der Vollzug gefordert.

„Der Motor stottert, aber die Richtung stimmt“


Die seit 24. Juli vorgeschriebene Rücknahme von Elektroaltgeräten durch den Handel funktioniert noch nicht wie gewünscht. Tests der Deutschen Umwelthilfe haben unter anderem bei Karstadt, Obi und Ikea Defizite festgestellt. Von den 45 untersuchten großen Elektrofachgeschäften, Baumärkten, Möbelhäusern und Online-Händlern habe die Mehrheit die Verbraucher nicht oder fehlerhaft informiert, bemängelt die DUH. Ferner hätten die meisten Händler die Rückgabe alter Geräte durch zusätzliche Kosten, lange Wartezeiten und einen hohen Packaufwand erschwert oder sie gar nicht zurückgenommen.

Die DUH fordert daher den Handel auf, „die Gesetzesverstöße sofort zu beenden, Verbraucher aktiv darüber aufzuklären, wie sie ihre alten Elektrogeräte zurückgeben können und die Rückgabe einfach und verbraucherfreundlich zu gestalten“. Bereits am 2.8.2016 ging die Umweltorganisation gegen den Online-Händler Amazon und am 10.8.2016 gegen den Möbelhändler IKEA vor, weil Verbrauchern die Abgabe von Elektrogeräten verweigert wurde.

„Absurd und verbrauchunfreundlich“

Gemäß der neuen gesetzlichen Regelung im Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) können Verbraucher Elektrogeräte mit einer geringeren Kantenlänge als 25 cm in haushaltsüblicher Menge und je ein großes Elektrogerät beim Kauf eines funktionsgleichen Geräts kostenlos abgeben. Voraussetzung dafür ist, dass der Händler Elektrogeräte auf einer Fläche von mindestens 400 Quadratmetern verkauft.

Nach Auffassung der DUH zeigen jedoch die Testbesuche, wie unpraktikabel diese Regelung ist. „Mit Hinweis auf die Verkaufsfläche von Elektrogeräten verweigern zahlreiche Händler die Altgeräterücknahme. Der Kunde müsste nun mit einem Maßband das Ladengeschäft vermessen, um sein Rückgaberecht durchzusetzen. Das ist absurd, verbraucherunfreundlich und in vielen Fällen sogar illegal“, kritisiert DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Besonders Kunden von Online-Händlern seien nicht in der Lage, eine behauptete kleinere Lagerfläche zu überprüfen.

„Der Handel sabotiert die Sammlung von Elektroschrott, wie sie die Umwelt- und Verbraucherschutzpolitik vorgibt. Es ist ein Skandal, dass neben Amazon und Ikea auch andere große Handelsunternehmen mit hohem Umweltanspruch, wie Obi oder Karstadt, die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllen“, so Resch weiter. Das Personal bei Obi verweigerte die Rücknahme von Großgeräten und wollte auch mehr als zwei Kleingeräte nicht annehmen. Bei Karstadt verlangte das Personal Gebühren, wenn es Altgeräte bei der Lieferung von funktionsgleichen Neugeräten mitnehmen sollte.


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Besonders problematisch sei die Rückgabe bei Online-Händlern, weil diese häufig ausschließlich einen Paketversand anbieten. „Wenn Verbraucher bei bestimmten Online-Händlern ein Elektrogerät zurückgeben wollen, müssen sie es zunächst aufwendig verpacken oder eine Anfrage per E-Mail stellen. So wird Kunden die Rückgabe erschwert, um möglichst wenig Geräte zurücknehmen zu müssen“, kritisiert der Referent für Kreislaufwirtschaft bei der DUH, Philipp Sommer. Die DUH fordert Online-Händler dazu auf, sich an flächendeckenden stationären Sammelstellen finanziell zu beteiligen und Verbrauchern auf diese Weise eine unproblematische Geräterückgabe zu ermöglichen. Das Angebot eines Rückversandes sollte nur ergänzend angeboten werden.

Problem bei Energiesparlampen

Große Probleme gebe es auch bei der Rückgabe von Energiesparlampen im Handel. Weil diese geringe Mengen des Schwermetalls Quecksilber enthalten, ist die getrennte Sammlung für eine ordnungsgemäße Entsorgung besonders wichtig. Viele Händler bieten Verbrauchern jedoch keine Rücknahme an, obwohl sie gesetzlich dazu verpflichtet sind, kritisiert die DUH. So würden die Online-Händler MyToys, Easynotebooks, Ikea oder Baumarktdirekt Lampen ausdrücklich von der Rücknahme ausschließen oder auf Firmen verweisen, die deren Annahme verweigern.

Die Rücksendung von Energiesparlampen in Paketen hält die DUH aufgrund der Bruchgefahr für ungeeignet. Online-Händler wie Conrad, Cyberport, Amazon, Saturn oder Globus Baumarkt forderten Ihre Kunden jedoch genau dazu auf. Auch hier empfiehlt die DUH eine Teilnahme an einem flächendeckenden Sammelsystem.

Vollzug ist gefordert

Wie der bvse bestätigt, gibt es bei der Rücknahme ausgedienter Elektro- und Elektronikgeräte durchaus Anlaufschwierigkeiten. „Der Motor stottert noch, aber die Richtung stimmt“, sagt der bvse-Vizepräsident und Fachverbandsvorsitzender Klaus Müller. „Es gibt nach unserem Eindruck noch Händler, die es versäumt haben, sich bei der Stiftung Elektro-Altgeräte-Register registrieren zu lassen oder ihre Kunden deutlich darauf hinzuweisen, dass sie ihre Altgeräte kostenlos abgeben dürfen. Gerade der Online-Handel hat wohl noch Umstellungsschwierigkeiten. Der Vollzug ist hier gefordert, in der gegenwärtigen Anfangsphase konsequent vorzugehen.“

Keine Aussage kann Müller darüber treffen, ob durch die neue Regelung ein höheres Aufkommen von Altgeräten bei den Mitgliedsunternehmen zu verzeichnen ist. „Der Zeitraum seit dem 25. Juli ist hierfür zu knapp bemessen“, so Müller. „Für eine Zwischenbilanz ist es daher zu früh. Entscheidend ist, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher es mit der neuen Rücknahmepflicht erheblich leichter haben, ihre Altgeräte zurückzugeben.“

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