Wirtschaftswachstum

Konjunkturforscher dämpfen zu hohe Erwartungen: Sie gehen davon aus, dass die deutsche Wirtschaft etwas Schwung verlieren wird. Auch die Bundesregierung hat die Wachstumsprognose leicht nach unten korrigiert.

„Deutsche Wirtschaft nimmt Tempo raus“


Die Bundesregierung rechnet trotz Risiken mit einem stabilen wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland. Im laufenden Jahr sei mit einem Wachstum des Bruttoinlandprodukts von 2,3 Prozent zu rechnen, sagte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Mittwoch in Berlin. Für das kommende Jahr erwartet die Regierung ein Plus von 2,1 Prozent. Im Vergleich zum Jahreswirtschaftsbericht wurde die Prognose damit für 2018 leicht zurückgefahren, im Januar hatte die Regierung noch mit einem Plus von 2,4 Prozent gerechnet.

Die Beschäftigung werde bis zum Jahr 2019 noch einmal um eine Million Personen zunehmen, sagte Altmaier. Die Arbeitslosenquote sinkt laut der „Frühjahrsprojektion“ in diesem Jahr auf 5,2 Prozent, im kommenden Jahr auf 5 Prozent. Damit wäre Deutschland nur noch wenig entfernt von einer Vollbeschäftigung, sagte Altmaier.

Der Koalitionsvertrag von Union und SPD werde weitere „Wachstumskräfte“ freisetzen, sagte der CDU-Politiker. Er nannte etwa eine geplante bessere Förderung von Unternehmensgründungen und den Abbau von Bürokratie. Die Regierung wolle außerdem verstärkt in Infrastruktur sowie Digitalisierung investieren.

„Besser wird es wohl nicht mehr“

Mit ihrer Wachstumsprognose ist die Bundesregierung etwas optimistischer als führende Wirtschaftsforscher, die für das laufende Jahr ein Plus von 2,2 Prozent und für das kommende Jahr von 2,0 Prozent erwarten. Die Forscher warnen vor zunehmenden Risiken. In den Unternehmen gebe es bereits eine hohe Kapazitätsauslastung, die zuletzt noch einmal gestiegen sei. Die Firmen sehen aber einen Mangel an Fachkräften als immer größeres Problem.

Auch die deutsche Industrie rechnet nach einem stabilen Aufschwung in diesem Jahr mit keinen zusätzlichen Wachstumssprüngen. „Besser als in diesem Jahr wird die Konjunktur wohl nicht mehr“, sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, am Montag auf der Hannover Messe. Im neunten Jahr des Aufschwungs präsentiere sich die deutsche Wirtschaft aber robust.

Für 2018 rechnet der BDI nach wie vor mit einem Wachstum der realen Wirtschaftsleistung von 2,25 Prozent. Dieser „moderate Aufschwung“ werde jedoch besonders von Protektionismus und Handelskonflikten gefährdet. Vor allem der Heimatmarkt Europa trage die deutsche Stärke. Erstmals seit zehn Jahren wachse die Wirtschaft aller 28 EU-Staaten.

Die deutsche Industrie wird nach BDI-Angaben vor allem durch Fachkräftemangel, den schleppenden Breitbandausbau sowie ausbleibende Anreize für private Investitionen ausgebremst. Der Verband schlägt weiterhin eine Forschungsförderung vor, bei der zehn Prozent der Personalausgaben in Forschung und Entwicklung bei der Steuerlast angerechnet werden. Bei der Digitalisierung sei der große Wurf auch nach dem Start der neuen Bundesregierung noch nicht erkennbar, kritisierte der BDI-Präsident.

Hochstimmung verfliegt

Anlass zur Skepsis gibt auch der aktuelle ifo-Geschäftsklima-Index. Das Geschäftsklima fiel im April um 1,2 Punkte auf 102,1 Zähler, wie das Ifo-Institut am Dienstag in München mitteilte. Die Stimmung in den deutschen Unternehmen hat sich demnach den fünften Monat in Folge eingetrübt.

Trotz des erneuten Rücksetzers im April bleibt das Ifo-Geschäftsklima weiter auf einem vergleichsweise hohen Niveau. Allerdings zeigt die aktuelle Umfrage unter etwa 7.000 Unternehmen nach Einschätzung von Ifo-Chef Clemens Fuest: „Die deutsche Wirtschaft nimmt Tempo raus.“

Sowohl die aktuelle Lage als auch die Erwartungen an die künftigen Geschäfte wurden von den befragten Unternehmen schwächer eingeschätzt als im Vormonat. „Die Hochstimmung in den deutschen Chefetagen verfliegt“, sagte Fuest.

 

© 320°/dpa | 25.04.2018

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