Demographischer Wandel

Wie entwickelt sich Deutschlands Bevölkerungszahl in den kommenden 15 Jahren? Welche Regionen gewinnen, welche verlieren? Antworten gibt eine aktuelle Bevölkerungsprognose.

Deutschland verliert Einwohner


Städte wachsen und ländliche Regionen verlieren Einwohner. Diese einfache Formel trifft auf Deutschland nur begrenzt zu. Deutschland wird in den kommenden 15 Jahren Einwohner verlieren, wie eine aktuelle Bevölkerungsprognose der Bertelsmann-Stiftung zeigt. Doch nicht nur auf dem Land, sondern auch in vielen Städten. Allerdings gibt es auch Regionen, die zulegen werden, wie der Blick in die Bundesländer zeigt:

In kaum einem anderen Bundesland ist die Kluft zwischen Gewinnern und Verlierern des demografischen Wandels so groß wie Nordrhein-Westfalen. Dort gibt es Städte, die auch in Zukunft wachsen werden. Dazu zählen Hochschulstandorte wie Bonn, Köln und Düsseldorf. Mit rund 11 Prozent wächst die Universitäts- und Beamtenstadt Münster in NRW am stärksten. Sie wird im Jahr 2030 auch zu den jüngsten Städten Deutschlands gehören. Münsters Bevölkerung wird dann im Schnitt 41 Jahre alt sein, rund 7 Jahre jünger als der Rest der Republik.

Viele andere NRW-Städte haben da eine ganze andere Prognose. Ihnen ergeht es wie Dörfern und Gemeinden auf dem Land: Ihre Bevölkerungszahl schrumpft. Dortmund und Essen etwa werden bis 2030 ein Minus von jeweils rund 4 Prozent ausweisen. Hagen und Remscheid müssen wie der Hochsauerlandkreis einen Rückgang von über 10 Prozent verkraften. Unter den ländlichen Regionen in NRW gewinnt der Rhein-Erft-Kreis immerhin leicht hinzu. Insgesamt schlägt bei der Bevölkerungszahl in NRW bis zum Jahr 2030 ein Minus von fast 3 Prozent zu Buche.

Der Süden wächst und wird älter

Zu den Bundesländern, in denen künftig mehr Menschen als heute leben werden, gehört Baden-Württemberg. Der mit Abstand größte Anstieg wird mit knapp 12 Prozent für die Universitätsstadt Freiburg erwartet. Auch Bayern wird wachsen, ungefähr um rund 440.000 Menschen. Der Zuwachs verteilt sich regional sehr unterschiedlich. Vor allem München und sein Umland legen stark zu, Unterföhring und Feldkirchen etwa um mehr als 30 Prozent. Ländliche Regionen wie Kronach, Kulmbach, Hof und Wunsiedel im Fichtelgebirge büßen dagegen enorm ein. Und selbst Städte wie Würzburg, Bamberg und Bayreuth werden leichte Verluste hinnehmen müssen. Doch insgesamt zeigt das Bevölkerungsbarometer im Süden nach oben.

Bevölkerungsentwicklung 2012 – 2030 Deutschland
Bevölkerungsentwicklung 2012 – 2030 Deutschland

Die Menschen, die in Bayern oder in Baden-Württemberg zuhause sind, werden aber nicht nur mehr. Sie werden – wie beinahe im gesamten Bundesgebiet – auch immer älter. Das Durchschnittsalter eines Bayern wird bis 2030 auf rund 47 Jahre steigen. Das sind drei Jahre mehr als noch im Vergleichsjahr 2012. Der niederbayrische Kurort Bad Füssing mit einen Durchschnittsalter von 63 Jahren wird der Prognose zufolge die älteste Kommune in Deutschland sein.

Berlin und Hamburg boomen und bleiben jung

Mehr und vor allem mehr junge Menschen – so lauten die Prognosen für Berlin und Hamburg. In Berlin werden in 15 Jahren rund 3,7 Millionen Menschen leben. Das ist gegenüber 2012 ein Zuwachs von 10 Prozent. In Hamburg geht der Trend in die ähnliche Richtung. Die Hansestadt wird im Jahr 2030 knapp 1,9 Millionen Menschen beherbergen. Die beiden Stadtstaaten verzeichnen neben Bayern das größte Bevölkerungswachstum in Deutschland. Zwar müssen auch sie sich auf eine alternde Gesellschaft einstellen. Doch gemessen am bundesweiten Durchschnittsalter von 48 Jahren bleiben Berlin und Hamburg mit rund 43 Jahren jung. Bremen, der dritte Stadtstaat im Bund, verzeichnet nur ein geringes Bevölkerungswachstum. Das Durchschnittsalter an der Weser wird auf 46,5 Jahre klettern.

Teile des Ostens sterben aus

Am deutlichsten verändern wird sich die Bevölkerungsstruktur in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern. Allen drei Bundesländern steht laut Bertelsmann-Studie ein dramatischer Bevölkerungsschwund bevor. Allein Sachsen-Anhalt schrumpft um rund 13 Prozent. Außerdem schnellt das Alter der Menschen in den drei Ländern auf durchschnittlich 52 Jahre nach oben. Ein besonders eklatantes Beispiel ist Suhl: Die kreisfreie Stadt in Südthüringen wird bis 2030 knapp ein Fünftel seiner Bewohner verlieren.

Das Bundesland mit dem höchsten Altersdurchschnitt von 53 Jahren wird im Jahr 2030 ebenfalls auf dem Gebiet der ehemaligen DDR liegen: Brandenburg. Doch dafür geht die Zahl der Einwohner lange nicht so stark zurück wie in den anderen östlichen Flächenländern. Dennoch wird das Bundesland rund 3,5 Prozent seiner Einwohner verlieren. Allerdings existieren große Unterschiede im Land. Gemeinden, die wie Potsdam, Teltow (Landkreis Potsdam-Mittelmark) und Velten (Oberhavel) eine gewisse Nähe zu Berlin haben, werden wachsen. Andere, die sich wie Großräschen (Oberlausitz-Spree) und Guben (Spree-Neiße) weit ab der Hauptstadt befinden, verlieren in den kommenden 15 Jahren fast ein Viertel ihrer Bevölkerung. Auch für Sachsen sagt die Studie einen Rückgang voraus: Dort werden 2030 fast 6 Prozent weniger Menschen leben.

Zuwachs für Hessen und Schleswig-Holstein

Mit diesem Wandel, wie er sich durch den Großteil des Ostens zieht, ist im Westen der Republik am ehesten im Saarland zu rechnen. Die Bevölkerung des kleinsten deutschen Flächenlandes wird bis 2030 ein Durchschnittsalter von 50 erreichen und zahlenmäßig deutlich einbüßen, fast 8 Prozent. In den restlichen Bundesländern dagegen werden sich die Veränderungen in Grenzen halten. Hessen und Schleswig-Holstein gewinnen auf niedrigem Niveau Einwohner hinzu. Niedersachsen verliert geringfügig. Auch Rheinland-Pfalz wird Einwohner verlieren, voraussichtlich um die 3 Prozent.

Für die Studie der Bertelsmann-Stiftung wurde die Entwicklung der Bevölkerung für Städte und Gemeinden ab 5.000 Einwohner sowie aller Landkreise berechnet. Die Zahlen stammen aus dem Datenportal „Wegweiser Kommune“. Über Strukturen deutscher Haushalte gibt die Studie keinen Aufschluss. Es ist jedoch davon auszugehen, dass mit dem Alter der Gesellschaft auch der Anteil von Ein-Personen-Haushalten zunimmt.

 

320°/mb

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