Pläne der EU-Kommission

Gut gemeint, schlecht gemacht? Die Recyclingquoten, die die EU-Kommission fordert, stoßen auf Widerstand bei den Bundesländern. Der Bundesrat stellt eigentlich alles in Frage: Die Höhe der Quote, die Berechnungsform und nicht zuletzt: Ist die vorgesehene Quote überhaupt als Maß für den Recyclingerfolg geeignet?

Die Krux mit der Quote


Die ehrgeizigen Vorhaben der EU-Kommission sind alle im Kommissionspapier “Towards a Circular Economy” festgehalten, das Anfang Juli der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Dort steht geschrieben, was die Kommission ihren Mitgliedstaaten für die kommenden Jahre auserlegen will. Demnach ist geplant,

  • die Recyclingquote für Siedlungsabfälle auf 70 Prozent bis zum Jahr 2030 zu steigern.
  • die Recyclingquote für Verpackungsabfälle ab 2020 auf 60 Prozent zu erhöhen. Ab 2025 soll dann eine Quote von 70 Prozent gelten, ab 2030 schließlich 80 Prozent.
  • für Papier und Pappe ab 2025 eine Recyclingquote von 90 Prozent festzulegen.
  • die gleiche Quote (90 Prozent) auch für Eisen, Aluminium und Glas vorzuschreiben, allerdings erst ab 2030.
  • für Kunststoffe ab 2030 eine Quote von 60 Prozent vorzugeben.
  • für Holz eine Recyclingquote von 80 Prozent festzulegen.

Zusammen mit einigen Maßnahmen zur Vereinfachung des Abfallrechts sollen die 28 EU-Staaten auf diese Weise den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft bewältigen. Das erscheint als hehres Ziel, wenn man sich die Entsorgungssituation in vielen EU-Staaten vor Augen führt. Manche Länder haben immer noch eine Deponierungsquote nahe 100 Prozent. Doch aus Sicht des Bundesrates sind die Kommission-Ziele selbst für fortgeschrittene Länder wie Deutschland zu weit oben angesetzt. Und auch ganz grundsätzlich hatte die Länderkammer bei ihrer Sitzung am vergangenen Freitag einiges zu kritisieren.

Änderungsbedarf sieht der Bundesrat zum einen bei der Höhe der Zielvorgaben. Nach den Vorstellungen der Kommission dürfen für die Quotenberechnung nur recycelte Abfälle herangezogen werden, also die daraus gewonnen Erzeugnisse und Produkte. Folglich würde die geforderte Quote von 50 Prozent für Siedlungsabfälle bedeuten, dass ab 2020 die Hälfte der Siedlungsabfälle in Produkte umgewandelt werden müsste, argumentieren die Länder. Das sei selbst in einem hoch entwickelten Land wie Deutschland nicht möglich.

Auch bei Papier stoße das Recycling an seine Grenzen. Papierfasern könnten nur etwa sechsmal im Kreislauf geführt werden, so dass nicht mehr als 83 Prozent der Fasern recycelt werden könnten. Da aus praktischen Gründen nie das gesamte Papier in den Kreislauf zurückgeführt wird, liege in Deutschland der Anteil der Fasern aus Altpapier bei der Papierproduktion seit vielen Jahren bei knapp 60 Prozent. „Die von der Kommission vorgeschlagenen Quoten sind aus physikalischen und praktischen Gründen unmöglich erreichbar“, stellt die Länderkammer fest.

Die Bundesregierung soll deshalb dafür sorgen, dass die vorgegebenen Recyclingquoten auf einen „realistisch erreichbaren Wert“ reduziert werden. Außerdem hinaus vermisst der Bundesrat eine eindeutige Berechnungsformel, um europaweit vergleichbare Daten zu erhalten. Darüber hinaus sollte aber auch geprüft werden, ob eine Quote überhaupt als Maß für Recyclingerfolge geeignet ist.

Denn die Einhaltung der hohen Quoten könnte nur gelingen, wenn auch schlecht recycelbare Abfälle der stofflichen Verwertung zugeführt werden. Für solche Abfälle sei aber gegebenenfalls die energetische Verwertung der sinnvollere Weg. Die Einhaltung der Quoten würde somit dazu führen, dass eine Vielzahl minderwertiger Produkte auf den Markt kommt, die nur schwer Absatz fänden, argumentiert der Bundesrat. „Dies würde dem Ziel der Novellierung, ein Recycling hoher Qualität zu gewährleisten, diametral widersprechen.“

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