Getrennte Erfassung in der Schweiz

Die Verwertung von Mischkunststoffen ist ein regelmäßiges Streitthema zwischen Müllverbrennern und Kunststoffrecyclern. In der Schweiz laufen mehrere Pilotversuche zur separaten Sammlung dieser Stoffe. Die Erkenntnisse sind höchst unterschiedlich.

Pilotversuche für Mischkunststoffe


Ist das Recycling von gemischten Kunststoffen sinnvoll oder nicht? Selbstverständlich, sagen die Kunststoffrecycler – aber bei niedrigen Verbrennungspreisen ist das Recycling wirtschaftlich nicht darstellbar. Die Kosten für Sammlung, Transport und Sortierung der verschmutzten und durchmischten Kunststoffe sind viel zu hoch und die Kunststoffe können nur begrenzt weiterverwertet können – in der Verbrennung sind sie daher besser aufgehoben, meinen hingegen die Müllverbrenner. Auch in der Schweiz wird wiederkehrend über dieses Thema diskutiert.

Dort wurde in verschiedenen Regionen im vergangenen Jahr ein Gebührensack für das Recycling gemischter Kunststoffe eingeführt. „Unser Projekt hat bislang alle Erwartungen weit übertroffen“, sagt Urs Corradini, Bereichsleiter des Sortierwerks des Zweckverbandes Abfallverwertung Bazenheid (ZAB). Mittlerweile habe man im Rahmen eines Gemeinschaftsprojekts mit dem Verband KVA Thurgau in den rund 100 Gemeinden der beiden Verbände ein Netz von rund 200 Verkaufsstellen und 30 Rücknahmestellen aufgebaut. Nach rund drei Monaten wurden insgesamt rund 15.000 der so genannten KUH-Bag-Rollen à 10 Säcken ausgeliefert.

Der 60 Liter fassende KUH-Bag kostet 2 Franken (umgerechnet 1,84 Euro) und ist damit günstiger als ein Restmüllsack gleicher Größe. Mit den Gebühren werden die Kosten, die für den normalen Gebührensack wegfallen, etwas kompensiert: In der Regel brauchen die Bürger durch den KUH-Bag nur noch rund die Hälfte an gängigen Gebührensäcken. Anders als beim Restmüllsack erfolgt die Materialrücknahme aber über ein Bringsystem.

Die Rücklaufquoten würden von Woche zu Woche steigen, heißt es beim ZAB. „Innerhalb einer Spannbreite von zwei Wochen werden mittlerweile rund acht Tonnen Kunststoffe zurückgebracht – dies mit stark steigender Tendenz“, sagt Corradini. Die gemischte Kunststoffsammlung scheine einem echten Bedürfnis der Bevölkerung zu entsprechen, schlußfolgert Corradini.

St.Gallen lässt weiter thermisch verwerten

Anders beurteilt die Gemeinde St.Gallen die getrennte Sammlung. Dort habe man die Einführung eines gemischten Kunststoffsacks „genau geprüft“ und sich nun dagegen entschieden. Die gemischten Kunststoffe sollen weiterhin über das Kehrichtheizkraftwerk (KHK) der Stadt St.Gallen thermisch verwertet werden, das einen wesentlichen Teil der Fernwärme der Stadt liefere.

Mit dem Verzicht auf den Kunststoffsack folgt St.Gallen einer gemeinsamen Empfehlung der „Organisation Kommunale Infrastruktur (OKI)“, „Swiss Recycling“ und dem „Verband der Betreiber Schweizerischer Abfallverwertungsanlagen“ aus dem Jahr 2014. Darin sprechen sich die drei Branchenverbände gegen eine zusätzliche Sammlung gemischter Kunststoffe aus Haushalten, beispielsweise mit einem Kunststoffsammelsack, aus. Solche Systeme stünden im Widerspruch zur bewährten Strategie der möglichst sortenreinen Sammlung von Sekundärrohstoffen und seien im Sinne der Ökoeffizienz nicht zielführend. Auch das Schweizer Amt für Umwelt (BAFU) vertritt bislang diese Linie.

Aktuell werden laut BAFU etwa 90.000 Tonnen der jährlich anfallenden circa 780.000 Tonnen Kunststoffabfälle stofflich verwertet. Zurzeit werden aus Haushalten flächendeckend nur PET-Getränkeflaschen separat gesammelt. Darüber hinaus sammeln die Supermarktketten Coop und Migros und weitere Detailhändler auf freiwilliger Basis Verpackungen für Milchprodukte aus PE. Die Migros sammelt ferner Kunststoff-Hohlkörper, das heißt auch Hygiene- und Waschmittelflaschen.

 

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