Verpackungsgesetz

Die Zeit der Kompromisssuche ist vorbei: Die Bundesregierung will das Verpackungsgesetz wie geplant durchziehen. Die vom Bundesrat geforderten Änderungen lehnt sie mit einer Ausnahme alle ab. Nun ist der Bundestag am Zug.

Die Tür bleibt zu


„Die Bundesregierung lehnt den Vorschlag ab.“ Genau 13 Mal ist dieser Satz in der Stellungnahme der Regierung zu den 14 Änderungswünschen des Bundesrats zum geplanten Verpackungsgesetz zu lesen. Damit wird abermals deutlich, dass die Bundesregierung mit dem Verpackungsgesetz keine weiteren Zugeständnisse machen will. Die Zeit, als das Bundesumweltministerium nach einer Einigung mit den Ländern suchte, ist endgültig vorbei.

Der neue Kurs zeigte sich bereits, als das Bundesumweltministerium das Verpackungsgesetz als Einspruchsgesetz festlegte. Denn eine Zustimmungspflicht der Länder besteht damit nicht mehr. Und es zeigt sich in der aktuellen Stellungnahme der Bundesregierung zu den 14 Änderungswünschen des Bundesrats zum geplanten Verpackungsgesetz. Einige dieser Forderungen sollten die Einflussnahme der öffentlich-rechtlichen Entsorger (örE) stärken, doch sie finden bei der Bundesregierung offenkundig kein Gehör. Aber auch bei anderen Punkten zeigt die Regierung kein Entgegenkommen:

  • Änderung der Pfandregelungen: Der Bundesrat hatte gefordert, die Pfandpflicht künftig nicht mehr an der Größe oder am Inhalt der Getränkeverpackungen zu orientieren, sondern an der Art des Materials. Das lehnt die Bundesregierung ab. Die Einführung einer Pfandpflicht basiere unter anderem auf der Überlegung, ob für ein betreffendes Getränkesegment bereits ein nennenswertes Mehrwegsystem besteht und dieses mit Hilfe der Pfandpflicht gefördert werden kann, argumentiert die Regierung. Bei Spirituosen beispielsweise sei der Pro-Kopf-Verbrauch insgesamt zu niedrig. Bei Sekt komme hinzu, dass der Einsatz wiederbefüllbarer Flaschen technisch nicht möglich und zulässig sei.
  • Definition Wertstoffhof: Die Länder hatten vorgeschlagen, den Wertstoffhof lediglich als Sammelstelle zu definieren und nicht als „zentrale Sammelstelle“, wie vom Bundesumweltministerium vorgesehen. Damit wollen die Länder klarstellen, dass es mehrere solche Sammelstellen geben kann. Die Bundesregierung sieht hierfür keinen Handlungsbedarf. Das Wort „zentrale“ soll nur verdeutlichen, dass an dem Ort zentral eine Vielzahl von Abfallarten gesammelt wird, stellt die Regierung klar. Würde man das Wort „zentrale“ streichen, dann bestünde die Gefahr, dass jeder Sammelcontainer als „Wertstoffhof“ angesehen werden könnte.
  • Verkaufsverpackungen schadstoffhaltiger Füllgüter: Die Länder wollen für Verpackungen schadstoffhaltiger Füllgüter eine Pflicht zur Registrierung und Datenmeldung einführen. Damit soll unter anderem das Niveau der Rücknahme und Verwertung dieser Verpackungen angehoben werden. Die Bundesregierung hält das für nicht erforderlich: Eine solche Regelung würde keinen nennenswerten Vorteil mit sich bringen, heißt es in der Stellungnahme. Außerdem seien Hersteller von Verkaufsverpackungen schadstoffhaltiger Füllgüter bereits zur Dokumentation über die in Verkehr gebrachten sowie zurückgenommenen und verwerteten Verpackungen verpflichtet. Eine Doppelverpflichtung wäre somit vermutlich unverhältnismäßig.
  • Informationspflicht der dualen Systeme: Der Bundesrat schlägt vor, dass die Kommune den Endverbraucher in regelmäßigen Abständen über die Verpackungssammlung beraten und informieren soll. Das lehnt die Bundesregierung ab. Laut Bundesregierung soll die Informationspflicht ausdrücklich bei den Systemen liegen und im Rahmen der Produktverantwortung wahrgenommen werden. Die Kommunen hätten aber Anspruch, auf lokaler Ebene daran beteiligt zu werden.
  • Verschärfung der Nachweispflicht: Der Bundesrat fordert, dass die Nachweispflicht für diejenigen Dokumente verschärft wird, die dem Mengenstromnachweis zugrunde liegen (z.B. Wiegescheine). So sollen auf den Bescheinigungen das beauftragte Entsorgungsunternehmen, das beauftragende System und der exakte Abfallschlüssel aufgeführt werden. In diesem Punkt macht die Regierung ihr einziges Zugeständnis und stimmt dem Vorschlag mit redaktionellen Änderungen zu. Sie will folgenden Passus neu aufnehmen: „Sofern es sich dabei um Entsorgungsnachweise handelt, müssen diese den Auftraggeber, das beauftragte Entsorgungsunternehmen sowie die entsorgten Abfälle unter Angabe des Abfallschlüssels und der Abfallbezeichnung nach der Anlage zur Abfallverzeichnis-Verordnung enthalten.“
  • Genehmigung der dualen Systeme: Eine weitere Forderung des Bundesrats lautet, dass die Zentrale Stelle anstatt der Landesbehörden für die Genehmigung der Systeme zuständig ist. Die Regierung lehnt das ab: „Die Bundesregierung hält es für zwingend erforderlich, die Zuständigkeit für die Genehmigung bei den Ländern zu belassen“, lautet die Antwort. Die Zentrale Stelle wäre unter anderem gar nicht in der Lage, die Prüfaufgaben wahrzunehmen.
  • Erfassung der Glasverpackungen mittels Verwaltungsakt: Der Bundesrat wünscht sich außerdem, dass Kommunen auch Rahmenvorgaben für die Sammlung von Altglasverpackungen machen können. Bislang sind solche Vorgaben auf Verpackungen aus Kunststoff, Metall und Verbundmaterialien beschränkt. Das soll auch so bleiben, meint die Bundesregierung. Bei Glas würden sich die Sammelstrukturen der örE und der dualen Systeme nicht überlagern, heißt es zur Begründung. Glasverpackungen würden bereits aus verwertungstechnischen Gründen in der Regel in eigenen Sammelbehältern der Systeme getrennt von Nichtverpackungen aus Glas erfasst. Deshalb gebe es auch keine Notwendigkeit, dass die Kommunen klare Vorgaben machen können, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten.
  • Kommunaler Entsorgungsstandard als Vorbild: Die Länder setzen sich auch dafür ein, dass der Entsorgungsstandard der Kommune als Richtschnur für Entsorgungsvorgaben an die Systeme gelten soll. Dazu schreibt die Regierung: „Durch den Vorschlag würde die Hürde für den Erlass einer Rahmenvorgabe deutlich herabgesetzt“. Sie lehnt den Vorschlag deshalb ab. Auch ohne Änderung habe der örE viele Einflussmöglichkeiten auf die Ausgestaltung der Wertstoffsammlung, betont die Bundesregierung.
  • Vorgaben zur Mitbenutzung bei Glas: Nach Wunsch des Bundesrats soll es auch für Glasverpackungen Vorgaben zur Mitbenutzung geben – beispielsweise wenn das Glas auf einem kommunalen Wertstoffhof gesammelt wird. Die Bundesregierung lehnt auch diese Forderung ab. Sie will der Kommune bei Glas kein einseitiges Recht zur Abstimmung einräumen. Freiwillige Abstimmungen seien jedoch selbstverständlich möglich.
  • Kennzeichnung von Einweg und Mehrweg: Geht es nach dem Bundesrat, sollten Getränkeverpackungen jeweils mit dem Schriftzug „Mehrweg“ und „Einweg“ gekennzeichnet werden. Auch hier widerspricht die Bundesregierung: Die von der Regierung vorgesehenen Maßnahmen, in unmittelbarer Nähe der Verpackungen mit Informationstafeln und -Schildern auf Mehrweg und Einweg hinzuweisen, seien besser geeignet als die vom Bundesrat vorgeschlagene Kennzeichnung auf der Verpackung. Außerdem lehne auch die EU-Kommission derartige Schriftzüge mit Verweis auf die europäische Warenverkehrsfreiheit ab.

Mit diesen Erwiderungen der Bundesregierung im Rücken hat nun der Bundestag die Aufgabe, sich mit dem Gesetz zu beschäftigen. Derzeit steht das Papier am Freitag, 10. März, auf der Tagesordnung des Bundestags. Da die Regierung die große Mehrheit der Parlamentarier hinter sich hat, dürfte es wenig Widerstand gegen den Regierungsentwurf geben.

Wie sich jedoch der Bundesrat in der letzten Runde positionieren wird, ist offen. Zwar ist die Zustimmung der Länderkammer für ein Inkrafttreten des Gesetzes nicht erforderlich, doch dem Bundesrat bleibt immerhin die Möglichkeit, einen Vermittlungsausschuss zu fordern. Gemeinhin ist der Vermittlungsausschuss der prädestinierte Ort für einen politischen Kuhhandel. Schlussendlich kann der Bundesrat auch Einspruch erheben. Diesen Einspruch kann der Bundestag jedoch mit einer einfachen Mehrheit zurückweisen.

© 320°/ek | 27.02.2017

Mehr zum Thema
Kreislaufwirtschaft: Deutschland und China vereinbaren Aktionsplan
PreZero plant LVP-Sortieranlage in Dänemark
Weniger Verpackung bei Amazon: „Wir nutzen maschinelles Lernen“