Maßnahmen gegen Meeresvermüllung

Das UBA will die Bezahlpflicht für Kunststofftüten stärker ausweiten. Aus Sicht des HDE spielen Kunststofftüten bei der Verschmutzung von Gewässern aber kaum eine Rolle. 99 Prozent würden in Deutschland verwertet.

Diskussion um Plastiktütenverbot


Jedes Jahr werden in Deutschland rund 6 Milliarden Kunststoff-Tragetaschen hergestellt. Umgerechnet bedeutet das, dass jeder Deutsche 76 Tragetaschen im Jahr verbraucht, teilt der Handelsverband Deutschland (HDE) mit. Damit schneidet Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten gut ab, denn der europäische Durchschnitt liegt bei 198 Tragetaschen pro Einwohner und Jahr.

Die Zahlen, auf die sich der HDE beruft, resultieren aus einer Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM). Auftraggeber waren die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen (IK), die Beteiligungs- und Kunststoffverwertungsgesellschaft (BKV) und der HDE selbst.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der Anteil der Kunststofftüten einen Anteil von drei Prozent am Gesamtverbrauch von Kunststoffverpackungen ausmacht. Gemessen am Aufkommen von Siedlungsabfällen beträgt der Anteil 0,17 Prozent. 99 Prozent der Kunststofftaschen würden in Deutschland verwertet. Bei der Verschmutzung von Landschaften oder Gewässern würden die Kunststofftüten also kaum eine Rolle spielen, betont der HDE. Deshalb sei auch das von der EU vorgeschlagene Verbot von Kunststofftragetaschen mit einer Folienstärke unter 50 Mikrometer weder notwendig noch zielführend. Zu befürchten sei vielmehr das Ausweichen der Kunden auf Tragetaschen mit höherer Folienstärke.

UBA will Bezahlpflicht ausweiten

Das Umweltbundesamt will unterdessen den Verbrauch von Einweg-Tragetaschen aus Kunststoff weiter verringern. Dazu soll die im Lebensmitteleinzelhandel bereits bestehende Bezahlpflicht für Einkaufstaschen ausgeweitet werden. „Das trägt dazu bei, Ressourcen effizient zu nutzen, Abfälle zu vermeiden sowie den Abfalleintrag in die Meere zu verringern“, heißt es seitens der Behörde. Aktuelle Daten belegten, dass kleine und große Einwegtüten aus Kunststoff sowie deren Reste in den Spülsäumen der Nord- und Ostsee durchgängig vorkommen.

Laut UBA wurden in den Jahren 2008 bis 2012 durchschnittlich 1,5 Einweg-Tragetaschen aus Kunststoff und drei Hemdchenbeutel (kleine dünnwandige Plastiktüten) in den Spülsäumen der Nordsee pro hundert Meter Küstenlinie gefunden. Die endgültige Zersetzung kann Jahrhunderte dauern. Dabei können Additive wie Weichmacher in die Meeresumwelt gelangen. Ebenso wenig umweltfreundlich sind nach Auffassung des UBA auch die Einweg-Tragetaschen aus biologisch abbaubaren Kunststoffen. „Biologisch abbaubare Kunststofftüten sind für uns keine Alternative zu herkömmlichen Einweg-Tüten“, sagt UBA-Vizepräsident Thomas Holzmann. Auch diese seien kurzlebige Einwegprodukte und tragen nicht zur Abfallvermeidung bei. Das Material biete bisher keine ökologischen Vorteile gegenüber Kunststoffen, die aus Erdöl gewonnen werden.

Hinzu kommt, dass biologisch abbaubare Kunststoffe das Recycling konventioneller Kunststoffe beeinträchtigen könnten. In Kompostierungsanlagen würden Kunststoffe meist generell als Störstoff aussortiert, so das UBA. Die Rottezeiten in vielen industriellen Kompostierungsanlagen reichen oftmals nicht für eine Zersetzung der biologisch abbaubaren Kunststoffe aus. Zudem lösen sie aus Sicht des Umweltbundesamtes nicht das Problem der Meeresvermüllung. Eine schnellere Zersetzung unter den kalten und meist dunklen Bedingungen im Meer lasse sich nicht nachweisen, betont die Behörde.

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