„FKN führt Verbraucher in die Irre“

Getränkekartons sind nach Auffassung der Deutschen Umwelthilfe nicht ökologisch vorteilhaft. Sie seien nichts anderes als eine Kunststoffverpackung mit Papierüberzug. Der Fachverband FKN widerspricht.

DUH fordert Pfandpflicht für Getränkekartons


Getränkekartons gelten nach der Verpackungsverordnung und basierend auf Einschätzungen des Umweltbundesamtes als ökologisch vorteilhaft. Zu Unrecht, sagt die Deutsche Umwelthilfe. Getränkekartons würden heute nicht mehr die Kriterien erfüllen, die eine solche Bewertung rechtfertigen. „Getränkekartons sind heute schwerer und bestehen immer mehr aus Plastik und weniger aus Zellstoff. Außerdem werden tatsächlich viel weniger Getränkekartons recycelt als vom Fachverband Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel FKN behauptet – nämlich gerade einmal 36 und nicht 71 Prozent“, sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Getränkekartons seien eindeutig nicht ökologisch vorteilhaft.

Recycling von Getränkekartons in EuropaResch fordert deshalb Bundesumweltministerin Barbara Hendricks auf, Getränkekartons den Status als ökologisch vorteilhafte Verpackung abzuerkennen und sie in die Einwegpfandpflicht einzubeziehen. Nach Einschätzung der DUH führt der aus den Marktführern Tetra Pak, SIG und ELOPAK bestehende Verband FKN seit Jahren die Verbraucher in die Irre, indem er Getränkekartons als besonders umweltfreundlich darstellt. Nach Analysen des Umweltverbands lässt die Berechnungsmethodik des FKN zur Ermittlung der Recyclingquote wesentliche Verluste während des Recyclingprozesses unberücksichtigt, darunter Fehlsortierungen, Restfeuchte, Anhaftungen und die Verbrennung des Plastikanteils. Die Analysen des Umweltbundesamtes aus den Jahren 2000 und 2002, die zur Befreiung von der Pfandpflicht führten, gingen von einer Recyclingquote von 64 Prozent aus.

Höherer Kunststoffanteil

Auch das Gewicht, die Materialzusammensetzung und die Herstellung von Getränkekartons spielen für die Ökobilanz eine wichtige Rolle. „Vor zehn Jahren wog ein Getränkekarton im Durchschnitt 26 g/l. Heute sind es durchschnittlich 35 g/l. Damit ist die Verpackung knapp 35 Prozent schwerer geworden. Mit dem steigenden Gewicht werden mehr Ressourcen für die Herstellung benötigt und mehr CO2 beim Transport ausgestoßen“, erklärt der DUH-Bereichsleiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer.

Getränkekartons bestünden außerdem immer mehr aus Kunststoff, weil sie heute standardmäßig einen Plastikverschluss besitzen. Dieser erhöhe die Klimagasemissionen eines Getränkekartons um 20 Prozent. Insgesamt habe sich der Plastikanteil von 21 auf heute durchschnittlich 27 Prozent erhöht. „Dem Kunden wird eine Kunststoffverpackung mit Papierüberzug als Getränkekarton verkauft – das ist absurd“, kritisiert Fischer und verweist darauf, dass viele Getränkekartons inzwischen über Plastikoberteile verfügen. Das Modell Tetra Top Base 1000CB bestehe sogar zur Hälfte aus Polyethylen. Gleichzeitig setzten die Hersteller den nachwachsenden Rohstoff Papier immer weniger ein. Dessen Anteil ist von 74 auf 70 Prozent gesunken, was die Ökobilanz von Getränkekartons zusätzlich verschlechtere.

Weil für die Produktion der Getränkekartons besonders lange Holzfasern notwendig sind, für die nur Neumaterial in Frage kommt, müssen laut DUH immer mehr Bäume abgeholzt werden. Aus alten Getränkekartons würden keine neuen. Das Material für die Getränkekartonherstellung stamme überwiegend aus langsam wachsenden Hölzern aus Skandinavien und nicht aus Deutschland.

„Abenteuerliche Zahlenspielchen“

Der FKN weist die Darstellung der DUH zurück. „Mit nachweislich falschen Behauptungen und abenteuerlichen Zahlenspielchen versucht die DUH seit Jahren, den Status des Getränkekartons als ökologisch vorteilhafte Verpackung zu erschüttern“, erklärt FKN-Geschäftsführer Michael Brandl. Das erklärtes Ziel sei, eine Bestrafung durch Bepfandung des Getränkekartons zu erreichen. „Die Skandalisierungs-Profis der DUH und mit ihnen, die ‚Mehrwegallianz‘, die solche Kampagnen gegen den Getränkekarton finanziert, glauben dadurch eine Rückkehr der Mehrwegflasche bei Fruchtsäften in die Regale des Handels zu erreichen“, so Brandl. Das Ärgerliche daran sei, dass auch aktuelle ISO-konforme Ökobilanzen der Getränkekartonhersteller, die den Befund der Studien des Umweltbundesamtes aus 2002 bestätigen, als „Auftragsgutachten“ diskreditiert werden. Dagegen maße sich die DUH an, eigene „Studien“ und „Berechnungen“ als Wahrheiten zu verkaufen und zu behaupten, der Getränkekarton sei eindeutig nicht ökologisch vorteilhaft.

Brandl wirft der DUH vor, grob gegen wissenschaftliche Grundsätze wie die Überprüfbarkeit der Ergebnisse oder Repräsentativität der Stichprobe zu verstoßen. Aber selbst das Engagement der Hersteller für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und den Forest Stewardship Council (FSC) werdefür Angriffe gegen die Branche genutzt. Völlig absurd sei der in der Zeitschrift Stern geäußerte Vorwurf, die Branche wolle der Öffentlichkeit weismachen, dass Pappkartons auf deutschen Bäumen wachsen. „Als ob es einen Unterschied macht, ob FSC zertifiziertes Holz aus deutschen oder skandinavischen Nutzwäldern, die nachhaltig bewirtschaftet werden, kommt.“

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