Mehrweg-Anteil

Nach der Verabschiedung des Verpackungsgesetzes liegt es nun am Lebensmittelhandel, die Mehrzielquote von 70 Prozent zu erreichen, meint die Deutsche Umwelthilfe. Insbesondere Discounter dürften sich nicht länger dem Mehrwegsystem verweigern.

DUH sieht Discounter in der Pflicht


Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert, die „wenigen Ziele und konkreten Vorschriften“ des neuen Verpackungsgesetzes konsequent umzusetzen. Hierzu zählt nach Meinung des Umweltverbands vor allem das Erreichen der im letzten Moment ins Gesetz aufgenommenen Mehrwegquote von 70 Prozent. Aber auch die verbraucherfreundliche Umsetzung der Kennzeichnung von Einweg- und Mehrweggetränkeverpackungen und die Festlegung ambitionierter Standards zur Recyclingfähigkeit von Verpackungen seien entscheidend.

„Deutschland hat aufgrund der hohen Dichte an Discountern wie Aldi und Lidl nicht nur die billigsten Lebensmittel. Die meisten Discounter verweigern sich bisher auch dem Mehrwegsystem“, kritisiert DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. „Wir erwarten von Getränkeindustrie und Handel, dass sie ihre Kunden darüber informieren, bis wann sie in ihrem Produktangebot die 70 Prozent Mehrweg bei Getränken umgesetzt haben werden.“

Zusätzliche Abgabe auf Einweg?

Die große Mehrheit der Bundestagsabgeordneten hatte am 23. März 2017 mit einem Entschließungsantrag Handel und Industrie aufgefordert, eine Mehrwegquote für Getränkeverpackungen bis Ende 2021 zu erreichen. Scheitert dies, seien Vorschläge für weitergehende rechtliche Maßnahmen zu entwickeln.

Laut Resch könnte eine dieser weitergehenden rechtlichen Maßnahmen die Einführung einer Abgabe auf Einweg-Plastikflaschen und Getränkedosen in Höhe von 20 Cent zusätzlich zum Pfand sein. Die negativen Umweltauswirkungen und Ressourcenverbräuche von Einwegverpackungen müssen sich auch im Produktpreis wiederspiegeln, meint der DUH-Chef.

Für eine selbstbestimmte Entscheidung der Verbraucher am Verkaufsregal sei eine klare Unterscheidbarkeit von Mehrweg und Einweg nötig, so Resch. Deshalb habe die Bundesregierung im neuen Verpackungsgesetz eine Kennzeichnung am Verkaufsort in unmittelbarer Nähe zum Produkt festgelegt.

„Eine Kennzeichnung auf dem Produkt wäre im Vergleich zur Kennzeichnung am Regal die deutlich wirksamere und auch effizientere Alternative gewesen. Nichtsdestotrotz kommt es nun darauf an, die Kennzeichnung von Mehrweg und Einweg an den Verkaufsorten in einer verbraucherfreundlichen Weise durchzuführen“, erklärt Thomas Fischer, Leiter der DUH-Kreislaufwirtschaft. „Die DUH wird die Umsetzung der gesetzlichen Kennzeichnungsregelungen durch Testbesuche prüfen und sich für die Informationsrechte der Verbraucher stark machen.“ Falschen Hinweisen, zu klein geratenen, kaum lesbaren oder sogar versteckten Informationsschildern bei Discountern sagt die DUH bereits im Vorfeld den Kampf an.


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„Getränkekartons müssen der Einwegpfandpflicht unterliegen“

Als richtige und wichtige Entscheidung begrüßt die DUH, dass Getränkekartons nach dem neuen Verpackungsgesetz nicht länger als ökologisch vorteilhaft eingestuft werden. Diese Einschätzung teilt die DUH bereits seit vielen Jahren. „Getränkekartons sind ebenso wie Plastikflaschen eine Wegwerfverpackung mit einer Nutzungsdauer von wenigen Minuten. Getränkekartons werden zudem deutlich schwerer und bestehen immer mehr aus Plastik und weniger aus Zellstoff“, sagt Resch.

Außerdem würden tatsächlich viel weniger Getränkekartons recycelt als vom Fachverband Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel FKN behauptet – nämlich gerade einmal 36 und nicht etwa 71 Prozent. „Getränkekartons sind eindeutig nicht ökologisch vorteilhaft“, betont Resch. „Wer etwas anderes behauptet, täuscht die Verbraucher.“

Weil Getränkekartons nun keinen Status als ökologisch vorteilhafte Verpackung mehr innehaben, müssen sie laut Resch auch der Einwegpfandpflicht unterliegen. Im Vergleich zur Sammlung von Getränkekartons im gelben Sack könnte deren Sammelmenge durch eine Bepfandung fast verdoppelt und das Recycling deutlich erhöht werden.

DUH kündigt Kontrollen an

Das Verpackungsgesetz verpflichtet die in der sogenannten „Zentralen Stelle“ organisierten Hersteller und Händler zukünftig zur Erarbeitung von Mindeststandards für die Recyclingfähigkeit von Verpackungen. „Verpackungen erhalten einen immer komplizierteren Aufbau aus unterschiedlichen Materialien und behindern dadurch Sortier- und Recyclingprozesse. Käseverpackungen mit mehr als zehn übereinandergelegten Kunststoffschichten verdeutlichen dieses Problem besonders gut“, erklärt Fischer.

Damit auch in Zukunft ein qualitativ hochwertiges Recycling garantiert werden kann, müssen bereits beim Verpackungsdesign ökologische Standards festgelegt werden. Deshalb werde die DUH die Festlegung von Mindeststandards zur Recyclingfähigkeit von Verpackungen durch die Industrie kritisch begleiten, damit die Standards sich nach oben und nicht nach unten orientieren.

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