Marktbericht für Edelmetalle

Während das britische Pfund und die Aktienmärkte einbrachen, zählen der Gold- und Silberpreis zu den Gewinnern der Brexit-Entscheidung. Nur bei Palladium verhielt es sich anders. Hier stand die Eigenschaft als Industriemetall im Vordergrund. Der wöchentliche Marktbericht für Edelmetalle.

Edelmetallpreise profitieren von Brexit-Entscheidung


Von Sonia Hellwig und Florian Richard, Heraeus Metals Germany GmbH & Co. KG.

Goldpreis zählt zu den Brexit-Gewinnern

Und es kam dann doch anders als zuletzt erwartet: Die Briten haben für ihren Austritt aus der EU gestimmt. Die Reaktion der Märkte fiel wie erwartet aus. Das britische Pfund und der Euro verbuchten hauptsächlich gegen den Dollar signifikante Verluste und die weltweiten Aktienmärkte rauschten in die Tiefe.

Zu den Gewinnern zählten der US-Dollar und „sichere Häfen“ wie Bundesanleihen, Schweizer Franken und Gold. Das Edelmetall legte mit Bekanntwerden der ersten Ergebnisse am frühen Freitagmorgen bis auf 1.358 US-Dollar/oz zu, nachdem es am Donnerstag noch mit 1.255 US-Dollar/oz aus dem Handel gegangen war. Damit handelte das Metall so hoch wie seit Mitte März 2014 nicht mehr.

Der Goldpreis in Euro stieg sogar auf den höchsten Stand seit März 2013. Einsetzende Gewinnmitnahmen drückten den Preis zum Wochenschluss auf 1.315 US-Dollar/oz bzw. 38,00 Euro/g. Die Anleger reagierten zweigeteilt. Während ein Teil den sprunghaften Preisanstieg für Verkäufe nutzte, um Gewinne zu sichern, reagierten andere mit Käufen, um sich gegen das nun deutlich unsichere Marktumfeld abzusichern.

Wie geht es nun von hier aus weiter? Auch wenn der erste Schock verdaut sein sollte, wird die Unsicherheit an den Märkten bis auf weiteres bestehen bleiben. Am heutigen Morgen kletterte der Goldpreis bereits wieder bis auf 1.335 US-Dollar/oz bzw. 38,93 Euro/g. Wir schließen daher mittelfristig einen Anstieg des Goldpreises bis auf 1.391 US-Dollar/oz, dem Höchstkurs aus dem Jahr 2014, nicht aus.

Silber auf neuem Jahreshoch

Silber wird direkt nach den ersten Ergebnisveröffentlichungen der Brexit-Abstimmung ähnlich stark gesucht wie Gold und verzeichnet mit 18,36 US-Dollar/oz den höchsten Stand seit Januar 2015, in Euro gar den höchsten Stand seit September 2013. Der Aufwärtstrend ist damit weiter intakt und ein nachhaltiges Überschreiten der 18 US-Dollar/oz Marke in Sichtweite.

Aufgrund der nun fortwährenden hohen politischen Unsicherheit über Zeitplan, Art und Folgen des Brexits dürfte auch der Euro tendenziell weiter schwächer notieren und der USD sowie die Anlagemetalle als sichere Häfen gesucht bleiben. Wie bereits in der letzten Ausgabe erwähnt, sind daher insbesondere weiterhin steigende Kurse gegen Euro zu erwarten.

Platin folgt Gold nach Brexit-Entscheidung

Platin kannte diese Woche keine klare Richtung und handelte bis Freitagmorgen eher seitwärts in einer relativ kleinen Bandbreite. Im Laufe des Freitags kam Platin – wie viele andere Edelmetalle – in Bewegung. Nach starken Ausreißern in beide Richtungen folgte Platin am Freitag Gold und handelte nachmittags kurz bis unter der Marke von 1.000 US-Dollar/oz. Die Platin-Schwammprämie ist gegenüber der Vorwoche unverändert.

Im Ausblick steht Platin auf dem Prüfstand: Da das Edelmetall in erster Linie auch ein Industriemetall ist, ist fraglich, ob es weiter dem Aufwind von Gold folgen wird oder ob es aufgrund der wirtschaftlichen Ungewissheit auch eher wieder tiefere Kurse sehen wird. Die Frage ist auch für die Minengesellschaften wichtig, denn dort gibt es weiterhin Probleme: So gab es letzte Woche eine Gewinnwarnung von Anglo American Platinum Ltd., dem weltgrößten Platinproduzenten.

Palladium reagiert als Industriemetall

Palladium erlebte in der letzten Woche eine eigene Entwicklung und war auch von den aktuellen Ereignissen differenziert beeinflusst: Bis zur Bekanntgabe des Brexitentscheids war das Edelmetall im Aufwärtstrend. Handelte Palladium zu Wochenbeginn noch bei 537 US-Dollar/oz, erreichte es am Donnerstagabend einen Kurs von knapp unter 570 US-Dollar/oz.

Sobald sich der Trend in Großbritannien abzeichnete, reagierte Palladium aber eher als Industriemetall und die Kurse fielen wieder bis auf Levels unter 550 US-Dollar/oz. Die Palladium-Schwammprämie bewegt sich auf dem Niveau der Vorwoche.

Norilsk Nickel hat 10.000 ozs Palladium für einen Fonds von der russischen Zentralbank gekauft, mit der Option auf weitere Käufe. Zeitpunkt des Kaufs war aber wohl schon im Frühjahr, als die Kurse noch niedriger waren. Die Nachricht hatte den Markt erst letzte Woche erreicht. Norilsk will damit offenbar seine Markposition stärken.

Rhodium sieht gutes Kaufinteresse; Enger Markt im Ruthenium und Iridium mit erster Preisveränderung seit 9 Monaten

Rhodium hat aufgrund des tiefsten Preises seit mehr als 4 Wochen zum Wochenbeginn doch einiges an Kaufinteresse gesehen, da der Preis wohl auf diesem Niveau momentan den Boden gefunden hat. Allerdings hat die Kauflaune zum Ende der Woche wieder etwas nachgelassen.

Wenig Neues gibt es bei Ruthenium. In einem engen Markt sind die gehandelten Mengen immer noch auf einem guten Niveau.

Die von uns erwartete Preissteigerung bei Iridium hat sich aufgrund der gleichbleibend hohen Nachfrage in der Berichtswoche schon gezeigt. Auch wenn wir nur von moderaten 10 bis 15 US-Dollar/oz sprechen, ist dies die erste Veränderung seit 9 Monaten. Wenn das aktuelle Kaufinteresse anhalten sollte, dann hat der Preis weiterhin noch etwas Luft nach oben.

Mehr zum Thema
Mehr Rezyklate, weniger Plastik: Was Apple bislang erreicht hat
Wird die Energie- und Antriebswende ausgebremst?
Batteriepaket der Raumstation ISS schlägt in Wohnhaus ein
Neue Marke: Heraeus bietet Produkte aus recycelten Edelmetallen an
Kreislaufwirtschaft: Deutschland und China vereinbaren Aktionsplan
Alternative Papiersorten: Wie gut sind die Top Ten wirklich?
Der längste Streik in der Geschichte der IG Metall
Thyssenkrupp kündigt Abbau von Stahlkapazitäten an
Rohstoffimporte: „Höchste Zeit für einen Kurswechsel“
Gute Nachfrage lässt Altpapierpreise steigen
Deutsche Industrie weiter im Plus