Kapazitätserweiterung in Göppingen

Der private Betreiber EEW will die Verbrennungskapazität seines MHKW in Göppingen erhöhen. Die Kreisverwaltung ist dafür. Eine Bürgerinitiative läuft dagegen Sturm. Ein EEW-Betriebsrat übt nun harsche Kritik an den Kritikern.

EEW-Betriebsratschef geht Bürgerinitiative an


Reinhard Lehniger ist die Hutschnur geplatzt. Der Betriebsratsvorsitzende von EEW Energy from Waste in Göppingen kreuzt in einem offenen Brief die Klingen mit der Bürgerinitiative „Müllkonzept Göppingen“. Mit deutlichen Worten übt er Kritik an der Initiative, die seit Monaten die Debatte über die geplanten höheren Verbrennungskapazitäten des Müllheizkraftwerks (MHKW) anfacht.

Glaubt man dem EEW-Betriebsratsvorsitzenden, basiert die Kritik der Bürgerinitiative mehr auf Behauptungen als auf harten Fakten, „Gebetsmühlenartig“ würden die Vertreter der Initiative Behauptungen in die Öffentlichkeit tragen, dass das MHKW eine Gefahr für die Bürger sei, schreibt Lehniger. Darüber hinaus bezichtige die Initiative seine Kollegen der Lügen und rücke sie „in die Nähe Krimineller“.

Dabei würde es die Bürgerinitiative selbst „nicht so genau nehmen, wenn es um Quellenangaben geht“. Lehniger wirft den Vertretern der Initiative fehlende Transparenz vor. „Gerne halten Sie eine Karte in die Luft, deren Ursprung nur Sie kennen, die mehr Angst verbreitet als sie der Wahrheitsfindung dient.“

Damit spielt der EEW-Betriebsratsvorsitzende wohl auf eine Karte mit Messwerten zur Dioxin- und Furanbelastung an, die offenbar aus den 1990er Jahren stammt. Der Göppinger Umweltmediziner und HNO-Arzt Michael Jaumann hatte diese Karte unter anderem vor einer Sitzung des Göppinger Gemeinderats dem Fraktionschef der Grünen, Christoph Weber, überreicht.

Kreisverwaltung ist dafür, die Stadt Göppingen dagegen

Seit Monaten betreiben der Umweltmediziner Jaumann und andere Vertreter der Initiative „Müllkonzept Göppingen“ eine aktive Lobbyarbeit gegen die geplante Kapazitätserhöhung des MHKW. Zuletzt hatte Jaumann zusammen mit dem Diplom-Ingenieur Jörn Rasch – beide hatten bereits in den 1990er Jahren bei der Bürgerinitiative „Das Bessere Müllkonzept“ mitgearbeitet – einen Katalog mit elf kritischen Fragen erstellt.

An sich ist die angestrebte Erhöhung der Verbrennungskapazitäten keine große Sache. Um maximal 23.000 Tonnen will der private Betreiber EEW seine Kapazität erhöhen, von derzeit rund 157.000 auf maximal 180.000 Tonnen im Jahr. Landrat Edgar Wolff und die Kreisverwaltung sind dafür, die Stadt Göppingen und viele Bürger sind dagegen.

Die Kreisverwaltung verspricht sich von höheren jährlichen Verbrennungsmengen finanzielle Vorteile für den Landkreis und den Bürger. Der Landkreis müsste weniger Restmüll anliefern, also könnten die vergleichsweise hohen Abfallgebühren sinken, so lautet die Argumentation des Kreises. Über die Gesamtlaufzeit des Entsorgungsvertrags bis 2035 würde sich ein finanzieller Vorteil für den Gebührenhaushalt des Landkreises von bis zu 19,5 Millionen Euro ergeben, zitiert die Südwest Presse aus der Ergänzungsvorlage der Kreisverwaltung für den Kreistag. „Durch die Möglichkeit, so den Restmüll um rund 45.000 Tonnen bis ins Jahr 2025 zu reduzieren, ergebe sich ein weiterer Vorteil für den Landkreis in Höhe von rund 9,3 Millionen Euro.“

In der Zwischenzeit hat der Kreistag einen Bürgerinformationsprozess gestartet. Damit wollen der Kreistag und der Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises Göppingen (AWB) dem Wunsch der Bevölkerung nach mehr Transparenz nachkommen. Aber wohl auch mit der klaren Zielsetzung, dass am Ende die gewünschte Erhöhung der Verbrennungskapazität steht.

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