Entsorgung von Teppichböden

Nach dem Wegfall der Heizwertklausel ist es nun Zeit, das Prinzip der Produktverantwortung auch für Teppichböden einzuführen, meint die Deutsche Umwelthilfe. Sie fordert ein Recyclingsystem. Das Problem ist jedoch: Die stoffliche Verwertung ist nur bei wenigen Fasern rentabel.

„Ein besonders negatives Beispiel“


Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert den Aufbau eines Recyclingsystems für Teppichböden. Die technischen und strukturellen Voraussetzungen für eine separate Sammlung von Teppichböden seien ebenso vorhanden wie die Technologien zur Wiederverwendung und zum Recycling, betont der Umweltverband. Einzelne Hersteller hätten bereits leicht trennbare und gut recyclingfähige Garne und Teppichrücken entwickelt. Die stoffliche Verwertung sei also kein „Luftschloss“.

Die Industrie müsse jetzt damit beginnen, die gesetzlich festgelegte Abfallhierarchie umzusetzen, fordert die DUH. Dies gelte vor allem vor dem Hintergrund, dass zum 1. Juni 2017 die sogenannte Heizwertklausel aus dem Kreislaufwirtschaftsgesetz gestrichen wurde und die Gleichstellung der Verbrennung mit dem Recycling beendet ist. Bislang wurde die Verbrennung von Wertstoffen mit dem Recycling gleichgesetzt, wenn der Heizwert mindestens 11.000 Kilojoule pro Kilogramm (kJ/kg) betrug.

Nach Auffassung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) war die Heizwertklausel ein politisches Geschenk des ehemaligen CDU-Umweltministers Norbert Röttgen an die deutschen Abfallverbrenner. „Über Jahre hinweg wurden hunderttausende Tonnen werthaltige Abfälle sinnlos verbrannt“, so die DUH. „Dabei wurden nicht nur Ressourcen zerstört, sondern auch das Klima belastet und Schadstoffe in die Luft geblasen. Dass das Recycling nun grundsätzlich Vorrang hat, ist ein großer Erfolg der DUH und anderer Umweltverbände, die gemeinsam bei der EU-Kommission eine Beschwerde gegen die gesetzliche Ausnahmeregelung für die Abfallverbrennung eingelegt hatten.“

Keine funktionierenden Rücknahmesysteme

Aus Sicht von DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch sind Teppichböden ein „besonders negatives Beispiel für die umweltschädliche Verbrennungspraxis“. Jahr für Jahr seien in Deutschland ohne Not bis zu 400.000 Tonnen Teppichböden verbrannt worden, obwohl sie für ein Recycling geeignete Kunststoffe enthielten. „Wenn Teppiche weiter verbrannt werden sollen, dann müssen zukünftig die Abfallerzeuger oder -besitzer den Umweltvorteil der Verfeuerung gegenüber dem Recycling eindeutig nachweisen“, betont Resch. Dieser Vorteil ist aber aus Sicht der DUH nicht gegeben, so dass das Recycling jetzt umgesetzt werden müsse.

Im Jahr 2016 wurden in Europa mehr als 700 Millionen m2 Teppichboden produziert und in Verkehr gebracht. Jedes Jahr würden in Europa circa 1,6 Millionen Tonnen alter Teppiche entsorgt, so die DUH, davon 400.000 Tonnen allein in Deutschland. Zurzeit werde in der EU nur ein kleiner Anteil der Teppichböden recycelt. Die genaue Gesamtmenge sei nicht bekannt, jedoch hätten Recherchen ergeben, dass auch fortschrittliche Hersteller nicht mehr als 3 Prozent der von ihnen in Verkehr gebrachten Teppichböden für ein Recycling zurücknehmen.

„Die Teppichbodenindustrie verhält sich so, als ob sie mit der Entsorgung ihrer Produkte nichts zu tun hätte. Es gibt kaum recyclingfähige Produkte, keine funktionierenden Rücknahmesysteme für ein Recycling und die Verbrennung wird einfach hingenommen“, kritisiert Thomas Fischer, Leiter der DUH-Kreislaufwirtschaft. „Dieses Verhalten ist mehr als bedenklich. Denn inzwischen ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Unternehmen aller Branchen ihren Beitrag zum Umweltschutz leisten. Wenn sich jede Branche so verhalten würde wie die Teppichbodenindustrie, dann gäbe es nur noch eine Wegwerfgesellschaft auf Pump und Kosten zukünftiger Generationen“, so Fischer.

Verklebte Materialien verhindern Recycling

Laut DUH besteht ein Teppichboden für gewöhnlich aus drei Schichten: aus der Nutzschicht mit Teppichfasern, der Mittelschicht (welche die Faser am Träger fixiert) und einem Teppichrücken. Die Mittelschicht und der Teppichrücken würden in der Regel miteinander verklebt. Die Teppichfasern bestehen aus tausenden dünnen Fäden. In Europa werden die meisten Teppichböden aus synthetischen Fasern hergestellt.

Gegenwärtig sei Nylon mit einem Marktanteil von 40 Prozent die gebräuchlichste Teppichfaser, gefolgt von Polypropylen (PP 25 Prozent) und Polyethylenterephthalat (PET 15 Prozent), erklärt die DUH. Die Rückseite werde oft aus einem Materialmix hergestellt, der Polyvinylchlorid (PVC) oder PP enthält (Freedonia, 2015). Jede Faserart zeichne sich durch eine andere Qualität und besondere Eigenschaften aus, wie zum Beispiel die Resistenz gegen Flecken, Abnutzung, Haptik oder Entflammbarkeit. Es würden auch Mischfasern eingesetzt, um Teppichen ein anderes Aussehen, eine andere Haptik oder andere Eigenschaften zu verleihen.

Fasern könnten auf verschiedene Weisen hergestellt werden, unter anderem durch Weben, Tuften oder als Nadelfilz. Die meisten Teppiche seiengetuftet (65 Prozent), allerdings würden zunehmend Teppichfliesen statt Meterware nachgefragt. „Ein Teppichboden ist dann vollständig recyclingfähig, wenn sich die Fasern problemlos von der Rückenschicht lösen lassen“, so der Umweltverband. „Zurzeit können die meisten Teppichböden nur zum Teil recycelt werden, weil eine problemlose Trennung der Komponenten Schwierigkeiten bereitet. Am besten lassen sich die Faserschicht oder die Rückseite recyceln, während der Rest anderweitig verarbeitet wird oder in Müllverbrennungsanlagen landet.“

Oft verhindere die Art, wie die Teppichschichten verklebt sind, ein vollständiges Recycling der Materialien, was die ökonomische Grundlage von Recyclingprozessen negativ beeinflusse. Dasselbe gelte auch für Mischfasern. Sobald ein Teppich aus mehreren Faserarten bestehe (z.B. Nylon 6 und Wolle), könne das Material nicht für denselben Einsatzzweck recycelt, sondern lediglich „downgecycelt“ werden.

Nach Darstellung der DUH bezieht sich der Recycling-Prozess von Teppichböden selten auf das gesamte Produkt. Viel öfter handele es sich um die stoffliche Verwertung einzelner Komponenten. „Nylon 6-, Nylon 6.6-, PET-Fasern und die Rückenschicht können technisch zwar recycelt werden, aber nur die stoffliche Verwertung von Nylon 6-Fasern ist derzeit rentabel.“

Produktverantwortung für Teppichböden

Bisher würden die Kommunen die Kosten für die Entsorgung tragen, da fast alle alten Teppichböden auf den kommunalen Wertstoffhöfen abgegeben werden. „Es kann nicht dabei bleiben, dass die Verantwortung zur Entsorgung von Teppichböden auf die Kommunen abgewälzt wird. Die Hersteller müssen endlich Verantwortung übernehmen und sich selbst um das Recycling ihrer Produkte kümmern. Damit das auch wirklich passiert, sollte Umweltministerin Hendricks das Prinzip der Produktverantwortung für Teppichböden einführen“, fordert Fischer.

Dies bedeute, dass die Hersteller die Verantwortung und damit die Kosten für die Entsorgung ihrer Produkte tragen müssten. Damit werde die Voraussetzung dafür geschaffen, dass bereits beim Design und der Herstellung von Gütern Abfallvermeidung und -verwertung mitgedacht werden. Wesentliche Instrumente der Produktverantwortung seien Vorgaben zum Ökodesign und zur Rücknahme der Produkte sowie die Festlegung von Verwertungsanforderungen.

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