Neues Recyclingverfahren

Forscher haben ein Verfahren entwickelt, um Lithium aus alten Batterien zu recyceln. Der Clou dabei: Mit dem gleichen Verfahren lässt sich Lithium auch aus heimischen Vorkommen gewinnen.

„Eine Technologie, die die Lithiumgewinnung revolutionieren könnte“


Das neue Verfahren wurde von Forschern der Technischen Universität Bergakademie Freiberg in Sachsen entwickelt. Ihre Idee ist es, Lithium mit ein und demselben Verfahren zu gewinnen und zu recyceln. Auf diese Weise könnten sie den wertvollen Rohstoff sowohl aus alten Akkus als auch aus dem Lithiumerz Zinnwaldit gewinnen, das unter dem sächsischen Zinnwald im Erzgebirge lagert.

„Lithium ist ein kritischer Rohstoff“, sagt Martin Bertau, Chemiker an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg. „Man sollte es nicht wegwerfen und neues kaufen, sondern im Kreislauf behalten.

„Relativ unkompliziertes chemisches Verfahren“

Um Zinnwaldit gewinnen zu können, muss es erst durch Tiefbergbau abgebaut werden. „Das heißt, anders als beim Abbau von Kohle gibt es keinen Tagebau und damit auch keinen großflächigen Eingriff in die Natur“, erklärt Bertau. Lediglich eine Öffnung im Berg, durch die Lastwagen rollen können, sei notwendig.

Wie Bertau betont, wird dabei nur das Zinnwaldit-Erz abtransportiert, das unter anderem Aluminium, Eisen und Fluor enthält. Das restliche Material bleibt im Berg. Hohlräume, die später Probleme bereiten könnten, gebe es deshalb nicht.

Um danach Lithiumcarbonat aus Zinnwaldit-Erz zu gewinnen, wird das Erz zunächst zerkleinert und auf circa 1.000 Grad Celsius erhitzt. Auf diese Weise bilden sich aus dem Zinnwaldit neue, mineralische Komponenten, vor allem ein lithiumreiches Silikat mit dem Namen Spodumen. „Unter Zugabe von Kohlendioxid und Wasser reagiert das im Spodumen enthaltene Lithium zu Lithiumhydrogencarbonat“, erklärt Chemiker Bertau. „Die gering konzentrierte Lithiumhydrogencarbonat-Lösung lässt sich mit Hilfe der Elektrodialyse anreichern. Das dabei erhaltene Konzentrat wird erhitzt, das CO2 entweicht und es entsteht Lithiumcarbonat, welches sich einfach abtrennen lässt.“

Das Kohlendioxid gelange nicht in die Atmosphäre, sondern wird aufgefangen und erneut genutzt, erläutert Bertau. „Das klingt sehr komplex, ist aber ein relativ unkompliziertes chemisches Verfahren, und das Beste daran: Es lässt sich genauso gut für das Recycling nutzen. Aus alten Akkus wird damit der Rohstoff Lithiumcarbonat wiedergewonnen und verschwindet nicht im Müll.“


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  • Ob in Cerankochfeldern oder Solarzellen, in Handy-Akkus, elektrischen Zahnbürsten oder in Autobatterien: Lithium ist in unserem Alltag allgegenwärtig.
  • Was das Leichtmetall auszeichnet, ist seine hohe Wärmekapazität und geringe Dichte. Das macht es besonders für kompakte und langlebige Batterien interessant.
  • Experten des Öko-Instituts haben berechnet, dass die weltweite Lithium-Nachfrage im Jahr 2015 rund 35.000 Tonnen betrug. Davon wurden 40 Prozent im Pkw-Bereich eingesetzt. Etwa die gleiche Größenordnung wurde für Busantriebe verwendet.
  • Auch in Zukunft wird der Pkw-Bereich der Haupttreiber für den Lithium-Bedarf sein, meint das Öko-Institut. Dessen Anteil werde im Jahr 2030 auf 82 Prozent ansteigen und sich dann auf diesem Niveau halten. Vor allem die Elektromobilität trägt hierbei zum Wachstum bei.
  • Dadurch wird auch die Nachfrage nach Lithium stark zulegen. Das Öko-Institut geht davon aus, dass der Bedarf bis 2030 auf knapp 160.000 Tonnen jährlich steigen wird. Für 2050 rechnen sie mit einem noch viel stärkeren Anstieg – auf dann 500.000 Tonnen pro Jahr.
  • Der Weltmarktpreis hat sich zwischen 2016 und 2017 bereits mehr als verdoppelt. Eine Tonne Lithium kostet mittlerweile fast 14.000 US-Dollar.

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Unabhängig von teuren Importen

Die Kosten für das neue Verfahren sind laut Bertau überschaubar. Für die chemische Gewinnung einer Tonne Lithiumcarbonat aus Zinnwaldit rechnen die Freiberger Forscher mit 1.000 US-Dollar. Hinzu kommt die Finanzierung des Erzabbaus. Doch selbst damit bleiben sie mit ihrer Methode weit unter den derzeitigen Weltmarktpreisen. „Außerdem macht uns die Gewinnung des heimischen Zinnwaldits unabhängig von teuren Importen“, resümiert Bertau.

Ein Freiberger Unternehmen plant bereits ein Bergwerk, in dem künftig bis zu 150 Beschäftigte arbeiten sollen. Wenn alles gut läuft, soll im Sommer 2021 das erste Lithium-Produkt aus Sachsen auf den Markt kommen.

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