Deponiekapazität in Deutschland

In vielen Teilen Deutschlands ist Deponieraum ein knappes Gut. Manche Bundesländer können die zehnjährige Entsorgungssicherheit für die Deponierung schon nicht mehr garantieren, wie ein Überblick über die Deponiekapazitäten in den Bundesländern zeigt.

„Einige Länder nähern sich dem Entsorgungsnotstand“


Das Problem ist schon seit längerem bekannt: Es mangelt hierzulande an Deponieraum für mineralische Bau-und Abbruchabfälle. Einige Bundesländer sind davon akut betroffen, besonders in Norddeutschland, andere gar nicht, wie etwa das Saarland, Mecklenburg-Vorpommern oder Bayern. Dennoch sind die Landesregierungen aufgerufen zu handeln, wie beim bvse-Mineralik-Tag vergangene Woche in Würzburg deutlich wurde.

„In den meisten Bundesländern besteht zumindest regionaler Deponiebedarf“, konstatierte Hartmut Haeming von der Interessengemeinschaft deutscher Deponiebetreiber (InwesD). Wenn zeitnah keine neuen Deponien hinzukämen, näherten sich einige Bundesländer sogar schnell dem Entsorgungsnotstand. Haeming zeigte in einem Überblick, wie es aktuell in den einzelnen Ländern aussieht:


Deponie-Graphik

Aktuelle Deponie-Situation in Deutschland; Quelle: InwesD

Schleswig Holstein

  • regionaler Deponiebedarf; keine Kapazität im westlichen Schleswig-Holstein
  • noch verfügbare Gesamtkapazität aller Deponieklassen plus genehmigte/beantragte Kapazität: circa 14 Millionen Kubikmeter (Stand 2013)
  • Restlaufzeit: DK 0 und II noch bis 2024; DK I bis 2023; DK III bis Ende 2016

Niedersachsen

  • angespannte Deponielage; die vom Kreislaufwirtschaftsgesetz geforderte zehnjährige Entsorgungssicherheit wird teilweise nicht erfüllt
  • noch verfügbare Gesamtkapazität der Deponieklassen 0, I und III: circa 21 Millionen Kubikmeter (Stand 2016)
  • Restlaufzeit: DK 0 noch 12,5 Jahre; DK I noch 4,5 Jahre; DK III noch 17 Jahre

Bremen

  • klarer Deponiebedarf für alle Deponieklassen; nur zwei Deponien in Bremen; Deponieraumsuche in Niedersachsen
  • noch verfügbare Gesamtkapazität der Deponieklassen I und III: 2,4 Millionen Kubikmeter (Stand 2015)
  • Restlaufzeit: Blocklanddeponie-DK I bis 2022, -DK III bis 2021; Deponie Grauer Wall: mindestens bis 2030

Mecklenburg-Vorpommern

  • Entsorgungssicherheit ist gegeben
  • noch verfügbare Gesamtkapazität aller Deponieklassen: circa 26 Millionen Kubikmeter (Stand 2016)

Berlin/Brandenburg

  • Deponiebedarf zeitnah gegeben
  • noch verfügbare Gesamtkapazität der Deponieklasse I: circa 25 Millionen Kubikmeter inklusive geplanter/beantragter/im Bau befindlicher Kapazitäten (Stand 2016)
  • Restlaufzeit: vier DK I-Deponien mit Restkapazität von etwa 1,7 Millionen Kubikmeter

Sachsen

  • weitgehend dokumentierte Entsorgungssicherheit; voraussichtlich regionaler Bedarf an DK I (2015 eine Deponie im Nordwesten in Planung); im gesamten Süden keine Deponie
  • noch verfügbare Gesamtkapazität der Deponieklasse II und III: 19 Millionen Kubikmeter; DK I-Kapazität unklar (große Verfüllvolumina bis Z 2 im Tagebau: Bedarf rund neun Millionen Tonnen pro Jahr, Stand 2016)

Sachsen-Anhalt

  • zumindest regionaler Deponiebedarf, insbesondere der Klasse DK I; Entfernungen von 150 Kilometer bis zur nächsten Deponie sind keine Seltenheit
  • noch verfügbare Gesamtkapazität der Deponieklasse I: circa 30 Millionen Kubikmeter (Stand 2015)
  • Restlaufzeit: DK I-Volumen etwa 2021 bis 2025 verfüllt

Thüringen

  • zum Teil erheblicher Deponiebedarf, laut Landesregierung aufgrund bergbaulicher Verwendungen (Verfüllung von Restlöchern, Rekultivierung der Kalihalden); kein akuter Handlungsbedarf; dünne Datenlage
  • noch verfügbare Gesamtkapazität der Deponieklasse I und II plus geplante Kapazität: circa 2,7 Millionen Kubikmeter (Stand 2011)
  • Ablagerungsmenge 2011: rund 360.000 Tonnen

Hessen

  • latenter Deponiebedarf vorzugsweise für DK I/regionaler Deponiebedarf; erhebliche Unsicherheit bei der Datenbasis (5,5 Millionen Tonnen 2012 in Abbaubetrieben verwertet, 1,05 Millionen Tonnen auf Deponien)
  • noch verfügbare Gesamtkapazität der Deponieklasse 0 bis II: circa 10 Millionen Kubikmeter (Stand 2014)
  • Restlaufzeit: DK 0 noch 9 Jahre; DK I noch 17 Jahre; DK II noch 12 Jahre

Bayern

  • regionaler Deponiebedarf, weil teilweise erhebliche Entfernungen zurückgelegt werden müssen
  • noch verfügbare Gesamtkapazität der Deponieklasse 0 bis II: circa 51 Millionen Kubikmeter (Stand 2015)
  • Restlaufzeit: DK 0 mehr als 15 Jahre; DK I mehr als 22 Jahre; DK II mehr als 28 Jahre

Baden-Württemberg

  • zehnjährige Entsorgungssicherheit nachgewiesen
  • noch verfügbare Gesamtkapazität plus genehmigte Kapazität der Deponieklassen 0 bis II: circa 50 Millionen Kubikmeter (Stand 2015)
  • Restlaufzeit: DK 0 noch 22 Jahre; DK I noch 20 Jahre; DK II noch 30 Jahre

Saarland

  • weitgehende Entsorgungssicherheit (auf Grundlage Ablagerungsmenge im letzten Abfallwirtschaftsplan)
  • noch verfügbare Gesamtkapazität plus geplante Kapazität der Deponieklassen 0 bis II: circa 16,7 Millionen Kubikmeter (Stand 2016)

Rheinland-Pfalz

  • Deponiebedarf der Klassen I und II ab 2025 – ohne geplante Deponien (laut einer Studie im Auftrag des Landesamtes für Umwelt Rheinland-Pfalz)
  • noch verfügbare Gesamtkapazität plus geplante Kapazität der Deponieklassen 0 bis II: circa 38 Millionen Kubikmeter (Stand 2016)

Nordrhein-Westfalen

  • keine Aussage zum Deponiebedarf
  • noch verfügbare Gesamtkapazität aller Deponieklassen: circa 119 Millionen Kubikmeter

Mantelverordnung spitzt die Lage zu

Auch wenn einige Bundesländer heute noch gut dastehen, könnte sich die Situation aufgrund der neuen Mantelverordnung deutlich verschärfen. Infolgedessen befürchtet Haeming dann schnell einen Entsorgungsnotstand in einigen Bundesändern. Aktuell werden in Deutschland 58 Millionen Tonnen mineralische Bau-und Abbruchabfälle deponiert oder auf Deponien verwertet. „Mit der neuen Mantelverordnung kommen laut Bundesumweltministerium 13 Millionen Tonnen hinzu. Macht zusammen 71 Millionen Tonnen“, so Haeming.

Bei einem angenommenen Schüttgewicht von 1,6 Tonnen pro Kubikmeter hieße das: „Wir verbrauchen pro Jahr 44,4 Millionen Kubikmeter Deponieraum oder anders ausgedrückt 3,7 Millionen Kubikmeter Volumen pro Monat.“ Damit könnten sich die bundesweiten Restlaufzeiten über alle Deponieklassen auf 10,5 Jahre verkürzen.

Und das ist wohl noch das beste Szenario. Wenn man die Zahlen zugrunde legt, die mit zusätzlich 50 Millionen Tonnen rechnen, ändere sich die Restlaufzeit auf etwa sieben Jahre über alle Deponieklassen, hebt Haeming hervor. Noch düsterer sind die Aussichten, rechnet man mit Zahlen des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes. Der ZDB geht von zusätzlich 70 Millionen Tonnen zu deponierender mineralischer Abfälle pro Jahr aus. Sollte sich das bewahrheiten, würde sich Haeming zufolge „die Restlaufzeit auf 5,7 Jahre reduzieren.“

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