Recycling von Kompositbauteilen

Für Windkraftanlagen, Autos oder Flugzeuge sind Leichtbaumaterialien aufgrund ihres Gewichts unverzichtbar. Aber noch mangelt es an einer effektiven Recyclinglösung. Mit einem neuen Projekt zeigen Forscher, wie es gehen könnte und welche Aufbereitungsschritte dafür nötig wären.

Erst sprengen, dann stofflich verwerten


In Deutschland verrichten derzeit rund 25.000 Windkraftanlagen ihren Dienst. Deren Rotorblätter bestehen aus Glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) oder Kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK) – allesamt Materialien, die den Recyclern und MVA-Betreibern Sorge bereiten. Erst vor kurzem hatte Remondis vor einem neuem „High-Tech-Schrott“ gewarnt, der nicht entsorgt werden könne.

So ist auch die Recyclingfrage für große Mengen an Rotorblättern noch ungelöst. Bislang betreibt das Unternehmen CFK Valley in Stade die einzige industrielle Recyclinganlage für CFK. Pro Jahr können dort 3.500 Tonnen CFK-Abfälle behandelt werden. GFK-Abfälle werden häufig in MVA oder Zementwerken mitverbrannt. Bei der Zementherstellung ersetzen die zurückbleibenden Glasfasern Zuschlagstoffe wie Sand.

Forscher des Verbundvorhabens „Recycling von Kompositbauteilen aus Kunststoffen als Matrixmaterial – ReKomp“ haben nun einen alternativen Weg identifiziert, welcher die Verwertung deutlich effektiver machen soll. Dabei stehen die energetische Demontage und die materialspezifische Aufbereitung der zweiphasigen Materialverbünde im Fokus. Beteiligt waren die Technische Hochschule Nürnberg, das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) und das Oberpfälzer Unternehmen Tree Windenergie.

Sprengen oder Schneiden?

Wie die Wissenschaftler im Abschlussbericht schreiben, fanden die Versuche an drei Rotorblättern einer Windkraftanlage aus dem Schwarzwald statt. Diese wurden zunächst vor Ort in transportfähige Stücke zerkleinert. Anschließend wurde das Rotorblattmaterial von Fraunhofer Forschern mittels Sprengstoff demontiert.

Hierbei zeigten sich Schneidladungen am wirkungsvollsten, speziell um das Material in der Tiefe aufzutrennen, erklären die Forscher. Beim Projektpartner Tree wurde das Material zum Vergleich via diamantbesetzter Seilsäge oder Bandsäge demontiert.

Aus Sicht der Forscher bietet die energetische Demontage deutliche Vorteile: Zum einen laufe die Sprengung unter zwei Sekunden ab. Ferner lasse sich der Explosivstoff flexibel aufbringen. Andererseits mindere die Technologie Zeitaufwand und Materialverschleiß besonders bei der Zerlegung von dickwandigen und großvolumigen Materialien.

Mechanische Aufbereitung wichtiger Schritt

Nach der Demontage untersuchten die Forscher die stoffliche Verwertung. Hierfür wurde ein eigens hergestelltes Plattenmaterial aus Epoxidharz und Glasfasergewebe mit definierten Faservolumengehalten zwischen 10 und 60 Prozent hergestellt, weil Materialzusammensetzung und -dicke häufig schwanken.

Für die mechanische Aufbereitung wurden eine Schneidmühle und eine Pendelschlägermühle getestet, anschließend wurde das Material über ein Sieb klassiert. Grundsätzlich sehen die Forscher die Pendelschlägermühle im Vorteil: Demnach wird mit dieser Maschine mehr Feingut (bis 2 Millimeter) erzeugt, bei dem die Fasern am besten aufgeschlossen sind. Zudem ließen sich geringere Harzgehalte nachweisen.

Generell steigt aber der Anteil nicht aufgeschlossener GFK-Stücke mit zunehmenden Faservolumengehalt in den Proben, die Grobfraktion wird größer. Die Ergebnisse zeigen, dass eine vollständige Trennung des Harzes von den Fasern mechanisch nicht möglich ist, so die Forscher. Deshalb müsse sich eine chemische Aufbereitung anschließen. Dafür wurden Tests mit verschiedenen Glycol-basierten Lösemitteln und Natriumhydroxid als Katalysator durchgeführt.

Dabei zeigte sich, dass mit dem Lösungsmittel Polyethylenglykol (PEG 200) und der Standardkonzentration Katalysator kaum Fasern aus dem Verbund gelöst werden können. Behandelten die Forscher die Proben mit mehr Katalysator war schon ein größerer Effekt zu sehen. Aber erst als sie die Proben auf 220 Grad Celsius erhitzten, verloren sie ihre Form. Das konnten sie mit dem Lösungsmittel PEG 400 und Triethylenglykol bestätigen und auch für Rotorblattmaterial nachweisen.

Abtrennung der Holzfraktion möglich

Die chemische Aufbereitung wurde auch mit dem Ziel untersucht, die flüssigen Kunststofffraktionen zurückzugewinnen. Das ist den Forscher zufolge theoretisch zu 100 Prozent möglich. Allerdings sind dafür noch weitere Forschungsarbeiten notwendig. Für die CFK-Komponenten in Rotorblättern schlagen die Wissenschaftler ein mechanisches Recycling per Hammermühle vor. In einer nicht genauer definierten Zweitanwendung könnte das Material dann synthetisches Graphit als Leitfähigkeitszusatz ersetzen.

Konkreter ist hingegen der Vorschlag für die Holzbestandteile des Rotorblatts, die bislang zu einem holzfaserbasierten Dämmstoff weiterverarbeitet werden. Diese wollen die Forscher künftig zurückgewinnen. So hätte sich während des Projekts gezeigt, dass eine Abtrennung möglich sei. Ein entsprechendes Projekt wurde bereits erfolgreich beantragt.


Stoffliche Zusammensetzung eines Standard-Rotorblatts von 40 Metern Länge:

Material Rotorblatt Masseprozent [%] Gewicht [kg]
GFK 87,51 22.360
CFK 5,48 1.400
Holz 5,01 1.280
Fe/NE-Metalle 1.280 510
100,00 25.550
Quelle: Abschlussbericht ReKomp

Experten schätzen, dass die Menge an Rotorblättern bis 2025 auf etwa 15.000 Tonnen jährlich ansteigt und zwischen 2025 und 2030 einen ersten Peak von über 30.000 Jahrestonnen erreichen könnte. Die Deponierung des Materials ist keine Option, weil in Deutschland nur biologisch stabilisierte und Abfälle mit einem Organikanteil von maximal fünf Prozent abgelagert werden dürfen. Und Rotorblätter bestehen aufgrund verwendeter Harze, Füller und Sandwich-Materialien zu etwa 30 Masseprozent aus organischen Anteilen.

Aktuell werden chemische Aufbereitungsverfahren (Solvolyse), die Pyrolyse und die elektrodynamische Fragmentierung als Verwertungsansatz für Verbundmaterialien praktiziert. Unterm Strich sehen die Projektbeteiligten ihren Verfahrensweg ReKomp über dem Stand der Technik. Wie sie betonen, sei es auch für andere Abfälle aus der Automobil- oder Luftfahrtindustrie sinnvoll.

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