Neues Verfahren

Mit einem neuen Recyclingverfahren will ein Unternehmen das Recycling von LCD-Bildschirmen umkrempeln: Die Demontage läuft nicht mehr manuell ab, sondern völlig automatisch.

Erster vollautomatischer Recyclingprozess für LCD-Flachbildschirme


Die Nachfrage nach LCD-Flachbildschirmen wächst stetig und lässt inzwischen auch das Aufkommen an ausgedienten Geräten immer stärker steigen. Doch bei der Aufbereitung ist besondere Vorsicht geboten. Denn die Hintergrundbeleuchtung der Bildschirme besteht aus dünnen Kapillarröhren, die Quecksilber enthalten. Das bedeutet, dass bislang jeder einzelne Bildschirm manuell zerlegt wird – ein zeit- und arbeitsaufwändiger Prozess mit entsprechend hohen Kosten.

„Pro Stunde können bei einer manuellen Zerlegung nur drei, vier Bildschirme recycelt werden“, sagt Lisa O’Donoghue, Gründerin und Geschäftsführerin des irischen Spin-Off Votechnik. Die manuelle Zerlegung ist aber nicht nur arbeitsintensiv. Wegen des enthaltenden Quecksilbers ist es auch eine potenziell gesundheits- und umweltgefährdende Arbeit. „Allerdings ist es der einzige Weg, um LCD-Geräte zu recyceln – bislang jedenfalls.“ Mit dem Trumaster-ALRTM von Votechnik könnte das in Zukunft anders werden.

„Der Trumaster-ALRTM ist eine vollautomatische Recyclingtechnologie mit einem hohen Durchsatz. Damit wird es möglich, die Vorgaben der europäischen WEEE-Direktive zu erfüllen.“ Mit diesen Worten hat O’Donoghue die brandneue Recyclingmaschine bereits auf mehreren Konferenzen vorgestellt, unter anderem beim Internationalen Branchentreffen der E-Schrott-Recycler IERC in Salzburg.

80 statt nur 4 LCD-Bildschirme pro Stunde

Die Recyclingmaschine, bei der auch Robotertechnik zum Einsatz kommt, kann laut Votechnik bis zu 80 LCD-Bildschirme pro Stunde verarbeiten. Dabei würden das Flüssigkristall-Glaspanel und das Quecksilber vollständig abgetrennt. Jeder Bildschirm werde einzeln auf das Förderband gelegt.

Der anschließende Recyclingprozess dauere pro LCD-Bildschirm 45 Sekunden. Welcher Durchsatz möglich ist, rechnet das irische Unternehmen am Beispiel von 32-Zoll-Bildschirmen vor: Bei einem Durchschnittsgewicht von 14 Kilogramm pro Gerät beläuft sich der Tagesdurchsatz auf 9 Tonnen. Pro Jahr summiere sich das auf rund 2.250 Tonnen.

Bei diesem Recyclingprozess entstehen drei verschiedene Output-Ströme: zum einen die LCD-Anzeige und die Diffusionsfolie mitsamt den enthaltenen Gefahrenstoffen. Zum anderen die quecksilberhaltigen CCFL-Röhren. Diese dünnen Leuchtstoffröhren dienten bei LCD-Geräten der ersten Generation als Hintergrundbeleuchtung. Ihre Anzahl ist von der Bildschirmdiagonalen abhängig. In Monitorgeräten sind zumeist zwei bis vier dieser Röhren verbaut. In Fernsehgeräten können über 50 enthalten sein.

Der dritte Output-Strom besteht aus den Gehäusen der LCD-Fernseher und -Monitore. „Alle separierten Materialien enthalten keinerlei schädliche Inhaltstoffe und können als normaler E-Schrott weiterverwertet beziehungsweise entsorgt werden“, betont die Votechnik-Geschäftsführerin.

Leicht skalierbarer und integrierbarer Prozess

Mit der neuen Recyclingmaschine können den Unternehmensangaben zufolge LCD-Flachbildschirme aller Marken und Modelle verarbeitet werden. Der Prozess sei leicht auf die gewünschte Größe skalierbar. Zudem könne die Maschine einfach in bestehende Verarbeitungsprozesse integriert werden.

„Im sogenannten ReVolv-Projekt ist die Recyclingmaschine mittlerweile in den industriellen Maßstab überführt worden“, sagt O’Donoghue. Eine Demonstrationsanlage stehe beim dänischen Recyclingunternehmen DanWEEE Recycling. Am Pilotstandort könnten 166.400 LCD-Bildschirme pro Jahr durchgesetzt werden. Am ReVolv-Projekt beteiligt sind neben Votechnik das WEEE-Forum und die irische Universität Limerick.


LCD-Flachbildschirme in Deutschland

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[su_spoiler title=“Aufkommen und Absatz“] • In Deutschland wurden laut UBA im Jahr 2016 knapp sieben Millionen Fernsehbildschirme mit Flüssigkristallanzeige (englisch: Liquid Crystal Display, LCD) verkauft. Flachbildschirmgeräte mit Plasmaanzeige haben sich nicht durchsetzen können und sind im Jahr 2016 in Deutschland nicht mehr abgesetzt worden.

• Die Marktrelevanz von Flachbildschirmgeräten mit organischen Leuchtdioden-Anzeigen (englisch: Organic Light Emitting Diode, OLED) nimmt zu. Die Absatzzahlen sind derzeit mit 55.000 Stück noch gering, zeigen aber ein deutliches Wachstum.

• Außerdem wurden 2015 rund 2,2 Millionen Computermonitore in Deutschland verkauft.

• Weltweit sind bis Ende 2013 schätzungsweise 217 LCD-Bildschirmgeräte verkauft worden.
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[su_spoiler title=“Entsorgungsmengen“] • Für Entsorgungsmengen an Flachbildschirmgeräten existieren laut UBA derzeit keine belastbaren Daten.

• Prognosen aus dem Jahr 2015 zufolge könnte 2016 bereits ein erster Höhepunkt bei der Rücklaufmenge erreicht worden sein. Im Bereich der LCD-Monitorgeräte sind Branchenexperten damals von einer maximalen Rücklaufmenge von 3,05 Millionen Altgeräten ausgegangen.

• Die Rücklaufmenge soll sich bis 2020 auf 2,9 Millionen Geräte pro Jahr verringern. Diese Zahlen gehen aus einer Studie zum Lebenszyklus von LCD-Bildschirmgeräten hervor, die das Forschungsprojekt In Access in Auftrag gegeben hatte. Die Prognose basiert auf einem ermittelten Durchschnittsalter für Monitorgeräte von acht Jahren.

• LCD-Fernsehgeräte werden demnach etwas länger genutzt, und zwar durchschnittlich zehn Jahre. Für 2020 prognostiziert die Studie eine Rücklaufmenge von 8,2 Millionen Geräten.
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