Interview mit Michael Perl, Leiter des S+S-Geschäftsbereiches Sorting

Michael Perl, Leiter des Geschäftsbereiches Sorting bei S+S, spricht über Geschäftschancen auf dem asiatischen Markt, den Bedarf an Sortiertechnologie für E-Schrott und die Entscheidung von S+S, die Sortiermaschinen ausschließlich in Deutschland zu fertigen.

„Es wird ein Umdenken stattfinden“


S+S hat seinen Sitz im niederbayerischen Schönberg, wo 350 Mitarbeiter Detektions-, Separations- und Sortier-Systemen entwickeln und herstellen. Die Kunden kommen aus der Recyclingindustrie, der Lebensmittel- und Pharmaindustrie, der Kunststoffindustrie sowie aus der Holzverarbeitung und Glasherstellung. Das Gespräch mit Michael Perl findet am Ausstellerstand von S+S auf der Konferenz „Electronics Recycling Asia“ in Singapur statt. Die Konferenz fand in der vergangenen Woche in Singapur statt.

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Herr Perl, wie laufen die Geschäfte?

Die Geschäfte laufen gut. Wir sind mit den Geschäften im Recycling-Bereich in diesem Jahr sehr zufrieden. Sowohl der Glas- als auch der Kunststoffrecyclingbereich entwickeln sich positiv. Auch vom E-Schrott-Bereich versprechen wir uns eine gewinnbringende Entwicklung. Deshalb sind wir heute auch hier auf dieser Veranstaltung. Wir wollen die Gelegenheit nutzen, uns weiter an den E-Schrott-Markt ranzutasten.

Wie schwer ist es, auf dem asiatischen Markt Fuß zu fassen?

Für ein kleineres Unternehmen wie S+S ist es sicherlich nicht ganz einfach, Vertriebspartner zu finden, aber andererseits sind wir im Bereich Sortiertechnik auch schon seit einigen Jahren auf dem asiatischen Markt aktiv. Mit unserer Tochtergesellschaft in Singapur haben wir bereits vor mehr als 10 Jahren den Grundstein für den asiatischen Markt gelegt. Damit können wir einen Teil unseres Geschäftes abdecken. Hinzu kommen unsere Tochtergesellschaften in China und Indien sowie Vertriebspartner, die schrittweise einen Beitrag zum Absatz unserer Sortiertechniken weltweit leisten.

Aber die Herstellung findet ausschließlich in Deutschland statt?

Ja, insbesondere im Bereich Sortiergeräte gilt das zu 100 Prozent.

Inwieweit zieht bei ausländischen Kunden das Label „Made in Germany“?

Wir machen durchaus die Erfahrung, dass Kunden sich genau erkundigen, woher wir kommen. Und aus den Reaktionen schließe ich, dass die Herkunft unserer Geräte zumindest eine gewisse Rolle bei der Kaufentscheidung spielt.

Der Vorteil einer kostengünstigeren Produktion im Ausland ist für S+S kein Argument?

S+S Separation and Sorting Technology GmbH
S+S GmbH

Es ist uns natürlich bewusst, dass die Produktionskosten im Ausland gegebenenfalls niedriger sind. Aber man muss sich auch die Stückzahlen ansehen, um festzustellen, für welches Geräteteil sich eine Produktion im Ausland lohnen würde. Momentan ziehen wir das für die Sortiertechnik nicht in Betracht. Wir werden das aber im Auge behalten und zu gegebener Zeit reagieren. Etwas anders stellt sich die Situation für die Fördertechnik dar, die in der Regel mit der Sortiertechnik verbunden ist. Da könnte ich mich vorstellen, die Zufuhrtechnik im Ausland fertigen zu lassen, sofern die Märkte sich entsprechend positiv entwickeln.

Über die Qualität machen sie sich da keine Sorgen?

Grundsätzlich schon, schließlich ist Qualität einer der Gründe, warum wir derzeit alles in Deutschland fertigen. Im Bereich der Fördertechnik ist es allerdings so, dass man mittlerweile in fast jeder Region der Welt Firmen findet, die in der Lage sind, hochwertige Qualität zu produzieren.

Wie groß wäre die Kosteneinsparung, die Sie durch einer Fertigung im Ausland erzielen könnten?

Schwer zu sagen, vielleicht 20 bis 30 Prozent. Nicht nur das Lohnniveau ist niedriger, auch die Materialkosten sind in der Regel niedriger als in Deutschland. Einsparpotenzial sehe ich auch bei den Transportkosten, weil Förderbänder für große Anlagen doch einen enormen Platz in Containern einnehmen.

Wie lohnenswert ist der asiatische Markt mittlerweile für S+S Sorting Recycling?

Gemessen an unserem diesjährigen Jahresumsatz von 20 Millionen Euro macht der Anteil des Asiengeschäfts gut 15 Prozent aus. Ich gehe davon aus, dass sich dieser Anteil über die kommenden Jahre erhöhen wird.

Wie viele Maschinen verkaufen sie im Jahr nach Asien?

Das variiert natürlich, aber die Größenordnung liegt bei etwa 25 Geräten pro Jahr.

Nun ist der Markt der E-Schrott-Aufbereitung in Asien vielfach noch am Anfang. Wie groß ist vor diesem Hintergrund der Bedarf an hochmoderner Technologie?

Pro-Kopf-Aufkommen von Elektroschrott nach ausgewählten Ländern weltweit im Jahr 2012 (in Kilogramm) Man darf natürlich nicht vergessen, dass in vielen Teilen Asiens noch immer sehr kostengünstige Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Andererseits hat man im Kunststoffbereich gesehen, wie schnell sich die Entwicklung von der manuellen Sortierung hin zur maschinellen Sortiertechnik vollziehen kann. Ich schätze, dass der E-Schrott-Bereich dieser Entwicklung folgen wird. Man darf auch nicht vergessen, dass wir bei E-Schrott nicht nur von zwei oder drei verschiedenen Fraktionen sprechen, die getrennt werden sollen, sondern von einer Vielzahl von Fraktionen. Da hat die Sortiertechnologie klare Vorteile gegenüber der manuellen Sortierung. Darüber hinaus ist die Technik auch unter gesundheitlichen Aspekten vorteilhaft. Ich denke, dass hier ein Umdenken stattfinden wird.

Sie haben den Kunststoffbereich angesprochen, wo die maschinelle Sortierung bereits Einzug gehalten hat. Wie läuft es für S+S in diesem Bereich?

Wir sehen im asiatischen Raum seit drei bis vier Jahren eine positive Entwicklung, vor allem beim PET-Recycling, aber auch beim HDPE-Recycling. Wir bemerken inzwischen auch eine zunehmende Nachfrage aus dem Bereich Mischkunststoffe, so dass Kunststoffe wie PS ebenfalls an Bedeutung gewinnen.

Wie groß ist eigentlich die Furcht eines mittelständischen Unternehmens, dass die eigenen Maschinen nachgeahmt werden und eines Tages unter dem Label eines asiatischen Herstellers zu sehen sind?

Es gibt in der Tat Tendenzen in diesem Bereich, aber S+S ist davon bislang nicht betroffen. Wir bewegen uns in einem Kundenumfeld, das eine gewisse Qualität an Sortiertechnik wünscht. Deshalb sehen wir chinesische Hersteller eigentlich nicht als direkte Wettbewerber an. Diese Unternehmen verkaufen in andere Anwendungen, wo wir mit unseren hochmodernen und leistungsstarken Anlagen und vergleichsweise höheren Preisen nicht reinpassen.

Wie gut ist die Qualität, die chinesische Hersteller in der Zwischenzeit anbieten?

Nach meinen Erfahrungen ist die Qualität sehr schwankend. Es gibt durchaus Unternehmen, die gewissen Qualitätsstandards gerecht werden, viele Unternehmen bieten aber nur unterdurchschnittliche Qualität. Aber das kann sich bekanntlich schnell ändern. Insofern werden wir diese Entwicklung sicher genau beobachten.

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