Appell an EU-Rat

Deutsche Umweltverbände warnen vor einem Aufweichen der Beschlüsse des EU-Parlaments zur Kreislaufwirtschaft. Sie fordern ambitionierte Vorgaben - wie beispielsweise ein Verbrennungsverbot.

EU-Abfallpolitik: Umweltverbände stellen Forderungskatalog vor


In Europa werden derzeit die wichtigsten Richtlinien der Abfall- und Kreislaufwirtschaftspolitik überarbeitet. Neben der EU-Kommission und dem EU-Parlament spielt vor allem der EU-Rat, in welchem die Umweltminister der EU-Mitgliedstaaten vertreten sind, eine zentrale Rolle. Die Umweltverbände Deutsche Umwelthilfe (DUH), Naturschutzbund Deutschland (NABU), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Deutscher Naturschutzring (DNR) fordern in einem offenen Brief von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, sich im EU-Rat mit Nachdruck für eine ambitionierte Kreislaufwirtschaft mit verbindlichen Regelungen zur Abfallvermeidung, Wiederverwendung und zum Ressourcenschutz einzusetzen.

Dies sei deshalb besonders wichtig, weil sich im EU-Rat eine Position gegen die vom EU-Parlament geforderten Umweltziele abzeichnet, argumentieren die Verbände. Das Europäische Parlament hatte am 14. März wichtige Änderungsvorschläge in die Diskussion über den Entwurf des Kreislaufwirtschaftspakets der EU-Kommission eingebracht. Nun müssen der EU-Rat und damit auch Bundesumweltministerin Hendricks Position beziehen.

In dem offenen Brief fordern die Umweltverbände die Bundesregierung auf, sich im EU-Rat für folgende Ziele und Positionen stark zu machen:

  • Klare Ziele zur Verringerung des absoluten Ressourcenverbrauchs: „Die Menschheit verbraucht heute 1,5-mal mehr Ressourcen, als die Erde regenerieren kann“, betonen die Umweltverbände. „Es sollten natürliche Ressourcen nur in solchem Umfang verbraucht werden, wie sie sich auch wieder erneuern können. Dafür brauchen wir verbindliche Vermeidungsziele und Ressourcensteuern.“
  • Verbesserung des Ökodesigns im Hinblick auf Materialeffizienz, Produktlebensdauer, Reparierbarkeit, Recyclingeignung, verringerte Schadstoffgehalte und die Ausweitung des Ökodesigngedankens auf andere Produkte als Elektrogeräte wie z.B. Möbel.
  • Verpflichtende Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung in allen Mitgliedstaaten für alle Abfallströme, die mindestens die Kosten der Abfallbehandlung abdeckt und durch ökonomische Anreize Abfallvermeidung sowie Produkte und Verpackungen mit guter Recyclingfähigkeit und hohem Recyclatanteil fördert.
  • Bindende Abfallvermeidungsziele für Siedlungsabfälle, Verpackungsabfälle und Lebensmittelabfälle: Für Restabfälle sollte ein Ziel von maximal 150 kg ab 2025 und 100 kg ab 2030 pro Kopf und Jahr gelten. Für Verpackungsabfälle sollte das Ziel maximal 120 kg ab 2025 und 90 kg ab 2030 pro Kopf und Jahr betragen.
  • Für Textilien, Elektrogeräte und Sperrmüll sollen verbindliche Wiederverwendungsziele sicherstellen, dass ab 2025 mindestens 5 Prozent und ab 2030 mindestens 10 Prozent zur Wiederverwendung vorbereitet werden. Für Verkaufs-, Transport- und Getränkeverpackungen müssen die Ziele den Anteil der wiederverwendeten Verpackungen an der in Verkehr gebrachten Menge um 10 Prozent bis 2025 und um weitere 20 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 2018 erhöhen.
  • Deponierungsverbot für recyclingfähige Abfälle bis 2025 und Reduzierung der Deponierung von Siedlungsabfall auf 5 Prozent bis 2030 unter begleitenden Maßnahmen, die eine Verbrennung der vormals deponierten Abfälle verhindern (Verbot/ Besteuerung der Verbrennung unsortierter Abfälle).
  • Erhöhung der Recyclingziele für Siedlungsabfälle auf 70 Prozent und für Verpackungsabfälle auf 80 Prozent bis 2030. Keine Abschwächung der Recyclingziele durch eine irreführende Berechnungsmethode, die mehr als 2 Prozent nicht-recycelter Reststoffe als recycelt wertet.
  • Aufbau eines EU-weiten Pfandsystems für Einweggetränkeverpackungen sowie die EU-weite verpflichtende Kennzeichnung von Getränkeverpackungen als Einweg oder Mehrweg, um die Vermüllung der Landschaft und Meere zu verringern, einen geschlossenen Recyclingkreislauf zu etablieren und die Strukturen für die Einführung von Mehrwegsystemen zu schaffen.
  • Durchsetzung einer getrennten Bioabfallsammlung bis 2020 und eines separaten Recyclingziels für Bioabfälle von mindestens 65 Prozent ab 2025. Ausnahmegenehmigungen von der Getrenntsammlung müssen strikt gehandhabt und streng kontrolliert werden.
  • Festlegung eines verbindlichen Ziels zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen von 50 Prozent ab 2030, welches alle Verluste vom Acker bis zum Teller einbezieht.
  • Absicherung der Zielerreichung durch ein Frühwarnsystem und öffentliche Berichte über die erreichten Ergebnisse und deren Datenqualität.

Für die Umweltverbände erscheint es unklar, ob sich die Bundesregierung im EU-Rat für oder gegen ambitionierte Umweltziele einsetzt. „Wir wollen daher wissen, wie sie zu den EU-Parlamentsvorschlägen vom 14. März 2017 für die Ausgestaltung der künftigen EU-Kreislaufwirtschaft steht“, heißt es im offenen Brief. Dazu zähle die Frage,

  • ob sich Deutschland für die Erhöhung der verbindlichen Recyclingziele auf 60 Prozent ab 2025 und 70 Prozent ab 2030 für Siedlungsabfälle einsetzt;
  • ob sich Deutschland für ein verbindliches separates Ziel für die Vorbereitung zur Wiederverwendung von Siedlungsabfällen von 3 Prozent ab 2025 und 5 Prozent ab 2030 einsetzt;
  • ob sich Deutschland ohne Einschränkungen für die verbindliche Sammlung von Bioabfall an der Anfallstelle einsetzt;
  • Und schließlich auch die Frage, ob sich Deutschland für ein verbindliches EU-weites Ziel zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen bis 2025 und 2030 einsetzt.

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