Mehr Kreislaufwirtschaft

Die erste Hürde ist genommen: Die EU-Umweltminister haben sich dafür ausgesprochen, die EU-Strategie zur Eindämmung von Plastikabfall weiterzuentwickeln. Darüber hinaus schlugen sie eine Reihe von Maßnahmen vor, die auf EU-Ebene oder auf nationaler Ebene ergriffen werden sollen.

EU-Umweltminister begrüßen europäische Plastikstrategie


Gemäß der EU-Plastikstrategie sollen bis zum Jahr 2030 alle Plastikverpackungen wiederverwendbar oder recycelbar sein. Gleichzeitig soll die Menge an Einwegplastikabfällen mit rechtlichen Mitteln wesentlich reduziert werden. Was bisher nur Vorschläge der EU-Kommission waren, könnte bald umgesetzt werden. Der Rat der EU-Umweltminister hat bei einer Debatte am Montag (5. März) einhellig die neue Kunststoffstrategie begrüßt.

Die Minister unterstrichen dabei die Notwendigkeit, die Kunststoffstrategie voranzutreiben. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Verschmutzung der Meere und anderer unerwünschter Folgen durch den Einsatz von Kunststoffen müssten dringend konkrete Maßnahmen umgesetzt werden, hieß es. Aus ihrer Sicht zählen dazu stärkere Bemühungen zum Recycling von Kunststoffen und Alternativen für die weit verbreitete Verwendung von Einweg-Plastik sowie ein ganzheitlicher Ansatz der Kunststoffproduktion. Ökodesign für Kunststoffprodukte könne hier eine sehr wichtige Rolle spielen, so die Minister.

Des Weiteren schlugen sie Maßnahmen vor, die auf EU-Ebene oder auf nationaler Ebene ergriffen werden sollten. Dazu zählen:

  • Kampagnen zur Sensibilisierung der Verbraucher,
  • Qualitätsstandards für recycelte Produkte,
  • Umweltfreundliche öffentliche Beschaffung,
  • Anwendung der Vorschriften über die erweiterte Herstellerverantwortung, ähnlich der kürzlich im Abfallpaket vereinbarten Regelung
  • Finanzielle Anreize sowie
  • Freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie.

Neno Dimov, bulgarischer Minister für Umwelt und Wasserwirtschaft, sagte: „Wir müssen unsere Umwelt vor Plastikbelastungen schützen. Wir müssen auch unsere Meere vor Mikroplastik schützen. Heute haben wir einen sehr wichtigen ersten Schritt auf dem Weg getan.“


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[su_spoiler title=“Wie die EU-Kommission den Plastikabfall eindämmen will“]

  • In Europa werden jährlich rund 26 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle gesammelt. Davon werden nur knapp 30 Prozent wiederverwertet. Der Großteil der Kunststoffe wird verbrannt, deponiert oder landet als Mikroplastik im Meer.
  • Um das zu ändern, hat die EU-Kommission am 16. Januar „A European Strategy for Plastics in a Circular Economy“ vorgelegt. Darin werden vier Etappenziele formuliert:
  • Bis 2030 sind alle Kunststoffverpackungen, die in der EU in Verkehr gebracht werden, entweder wiederverwendbar oder können kostengünstig recycelt werden. Erreicht werden soll das mit einheitlichen Qualitätsstandards und standardisierten System für die getrennte Sammlung und Sortierung von Abfällen in der gesamten EU.
  • Bis 2020 sollen weitere 100 Millionen Euro bereitgestellt werden, um die Entwicklung intelligenterer (Recycle-by-design) und besser recycelbarer Kunststoffe voranzutreiben und effizientere Recyclingverfahren zu etablieren. Nationale Behörden müssten in eine erweiterte und verbesserte getrennte Sammlung investieren; Schlüssel seien gut konzipierte Extended Producer Responsibility (EPR)-Systeme.
  • Es müssen noch in diesem Jahr Vorschläge erarbeitet werden, um die Flut von Einwegkunststoffen einzudämmen. Darüber hinaus soll es Maßnahmen geben, die darauf abzielen, Mikrokunststoffe in Produkten weitestgehend zu minimieren und gefährliche Zusatzstoffe aus Kunststoffen zu verbannen.
  • Zudem will die Kommission das Problem der Ansammlung von Plastikabfällen im Meer angehen. Dafür soll es unter anderem neue Vorschriften für die Annahme von Müll in Häfen geben, die es für Schiffseigner attraktiver machen, Abfälle künftig an Land zurückzuführen und angemessen zu entsorgen [/su_spoiler]

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Neben der neuen Kunststoffstrategie haben sich die EU-Umweltminister auch über das Spannungsfeld Chemikalien-, Produkt- und Abfallgesetzgebung unterhalten. So betonten viele Minister, dass Informationen über bedenkliche Stoffe in Produkten verfügbar sein müssten. Für den Gehalt an gefährlichen Stoffen in Primär- und Sekundärrohstoffen müssten dieselben Regeln gelten. Zudem wurde in diesem Zusammenhang über die Notwendigkeit einer stärkeren Harmonisierung der Abfallbeseitigungsvorschriften in der gesamten EU diskutiert.

Einige Minister machten zudem auf den Überwachungsrahmen für Fortschritte auf dem Weg zu einer Kreislaufwirtschaft aufmerksam – ein Teil des Gesetzgebungspakets, das als Basis für die Festlegung neuer Prioritäten im Hinblick auf das langfristige Ziel einer Kreislaufwirtschaft dienen soll. Hier hatte die Kommission im Januar zehn Indikatoren vorgeschlagen, die sich in vier Aspekte der Kreislaufwirtschaft einordnen lassen:

  • Produktion und Verbrauch: zum Beispiel Aufkommen an Lebensmittelabfällen, Rohstoffautarkie in Europa, generelles Abfallaufkommen
  • Abfallwirtschaft: generelle Recyclingquote, Recyclingquoten für spezielle Abfallströme
  • Sekundärrohstoffe: zum Beispiel Einsatz von recycelten Materialien für neue Produkte
  • Wettbewerbsfähigkeit und Innovation: etwa Beitrag zum Wirtschaftswachstum und neuen Arbeitsplätzen, innovative Recyclingtechnologien

Diesen vorgeschlagenen Indikatoren schlossen sich die Minister an. Allerdings forderten einige, den Anwendungsbereich über den Abfallsektor hinaus auszudehnen. Diesbezüglich wurde der „substanzielle Beitrag“ der Kreislaufwirtschaft zur Erfüllung der Klimaschutzverpflichtungen des Pariser Abkommens hervorgehoben.

Die diskutierten Vorschläge sollen nun verbindlich werden. Demnach plant die bulgarische Ratspräsidentschaft im Juni die Schlussfolgerungen des Rates festzuschreiben.

 

© 320°/bs | 06.03.2018

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