Ausbau der europäischen Kreislaufwirtschaft

Die Pläne der EU-Kommission zum Ausbau der europäischen Kreislaufwirtschaft haben geringe Chancen, umgesetzt zu werden. Das wurde auf dem gestrigen Treffen der EU-Umweltminister deutlich. Auch das Bundesumweltministerium kritisiert die Ziele.

EU-Umweltminister distanzieren sich von Recyclingplänen der Kommission


Im Grunde genommen haben die EU-Umweltminister auf dem gestrigen Ratstreffen alle Kernpunkte der EU-Kommission zum Ausbau der Kreislaufwirtschaft kritisiert. So äußerten die Minister ihre Sorge, dass die Vorschläge und Ziele der EU-Kommission zu ehrgeizig sind und riefen dazu auf, realistische und erreichbare Ziele für die Wiederverwendung und das Recycling, aber auch für die Deponierung festzulegen.

Darüber hinaus forderten sie die Kommission auf, die individuellen Bedürfnisse und unterschiedlichen Ausgangssituationen der einzelnen Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen. Außerdem sehen sie Nachbesserungsbedarf bei den Berechnungsmethoden und Definitionen. Und nicht zuletzt äußerten die Minister auch Bedenken hinsichtlich der Häufigkeit der Berichterstattung seitens der Mitgliedstaaten. So klingt ein Komplettverriss.

Auch Kritik aus Deutschland

Zu den Kritikern hat auch Barbara Hendricks gehört, denn auch das Bundesumweltministerium und die Bundesländer bewerten die Ziele der Kommission skeptisch. Der Bundesrat hatte vor wenigen Wochen gefordert, die Vorschläge hinsichtlich der Realisierbarkeit, Sinnhaftigkeit und Verhältnismäßigkeit erneut zu prüfen. Zudem halten es die Bundesländer für unabdingbar, dass die von der Kommission formulierten Ziele methodisch sinnvoll, statistisch nachprüfbar, technisch erreichbar und ökologisch vorteilhaft formuliert werden.

Das Bundesumweltministerium sieht darüber hinaus auch die geplanten Änderungen der Deponierichtlinie kritisch. Das Ziel der Kommission, ab 2025 ein Deponieverbot für recycelbare Abfälle einzuführen, sei nicht präzise und methodisch schlecht verifizierbar und quantifizierbar, rügte BMUB-Vertreter Karl Biedermann Ende Oktober auf dem Karlsruher Deponie- und Altlastenseminar. Deshalb sollte das Deponieverbot in handhabbarer Form mittels Feststoffparametern wie TOC-Gehalt oder Metallgehalt quantifiziert werden.

Fraglich sei zudem, ob ein solches Deponieverbot überhaupt nötig ist. Denn die Abfallrahmenrichtlinie schreibe bereits vor, ab 2015 Glas, Kunststoffe, Metalle und Papier getrennt zu sammeln. „Ein explizites Deponieverbot für diese Stoffströme erscheint daher rein formal gesehen obsolet“, erklärte Biedermann.

„Überzogene Zielsetzung“

Besonders kritisch sieht der BMUB-Vertreter das Ziel, dass ab 2030 nur noch maximal 5 Prozent Recycling-Rückstände bezogen auf die Gesamtmengen an Siedlungsabfällen deponiert werden dürfen. Hierbei sei zum einen nicht klar, warum sich der 5-Prozent-Anteil nur an der Siedlungsabfallmenge und nicht am Gesamtabfallaufkommen orientiert. In Deutschland betrug das Gesamtabfallaufkommen im Jahr 2012 rund 335 Millionen Tonnen, während die Siedlungsabfallmenge nur rund 50 Millionen Tonnen ausmachte. Gemäß Zielvorgabe dürften somit in Deutschland nur noch 2,5 Millionen Tonnen beseitigt werden. Real wurden im Jahr 2012 in Deutschland aber 37 Millionen Tonnen deponiert.

„Insoweit ist diese Zielsetzung völlig überzogen und blendet zudem den größten Abfallstrom der mineralischen Abfälle vollständig aus“, so Biedermann. Nicht brennbare Abfälle, die aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht verwertet werden können, müssten aber auf Deponien zwingend beseitigt werden. Würde man dennoch an dieser Regelung festhalten, wäre eine Zunahme der Scheinverwertung zu befürchten.

Darüber hinaus stellt Biedermann in Frage, wie realistisch die geplante Beschränkung der Deponierung ist. Nach den Daten von Eurostat deponierten im Jahr 2012 noch 21 von den 28 EU-Mitgliedstaaten mehr als 25 Prozent ihrer Siedlungsabfälle. Bei 15 Mitgliedstaaten waren es sogar 50 Prozent der Siedlungsabfälle. „Hieraus kann man mit Fug und Recht schließen, dass die Mehrheit im Rat für die Aufnahme dieser neu vorgeschlagenen Ziele in die Deponierichtlinie mehr als fraglich sein dürfte“, betonte Biedermann.

Außerdem drängt sich aus seiner Sicht die Frage auf, warum die EU-Kommission im Rahmen ihres vorgelegten „Kreislaufwirtschafts-Pakets“ nicht zunächst andere Maßnahmen ergriffen hat. So hätte sie dafür sorgen können, dass die säumigen Mitgliedstaaten erst einmal die Ziele des bereits geltenden Rechts einhalten, anstatt die Ziele noch weiter deutlich zu verschärfen.

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