Neue Studie

Das Verpackungsgesetz will das Recycling von Abfällen aus privaten Haushalten stärken. Doch welche Mengenveränderungen ziehen die neuen Regeln nach sich? Und welche Kosten entstehen dadurch? Eine Studie hat die Folgen abgeschätzt.

Folgenabschätzung für Verpackungsgesetz


Das Hauptziel des Verpackungsgesetzes ist es, wesentlich mehr Abfälle aus privaten Haushalten zu recyceln. Dazu werden die Recyclingquoten für Glas, PPK, Eisenmetalle und Aluminium sowie für Getränkekartonverpackungen, Verbundverpackungen und Kunststoffe erhöht. Geplant ist die Vorgabe, dass bis zum Jahr 2021 mindestens 55 Prozent aller erfassten Abfälle recycelt werden müssen.

Bislang war stets klar, dass diese Quoten nicht einfach zu erreichen sein werden und zusätzliche Investitionen erfordern. Klar ist auch, dass die Kommunen großen Einfluss auf die Ausgestaltung der Sammlung nehmen können. Doch was das genau in Zahlen bedeutet, war in der Öffentlichkeit nicht bekannt.

Das ändert sich nun mit einer Studie, die die Unternehmensberatung A.T. Kearny im Auftrag des Grünen Punkts erstellt hat. Sie hat die drei Bereiche 1) Sammlung und Transport 2) Sortierung und 3) Verwertung unter die Lupe genommen. Herausgekommen sind dabei folgende Ergebnisse:

Sammlung und Transport:

  • Das Verpackungsgesetz könnte dazu führen, dass der Abholrhythmus sich von 4 oder 3 auf 2 Wochen ändert. Darüber hinaus ist ein Wechsel von Bring-­ zu Holsystemen und ein Wechsel von Sack zu Tonne vorstellbar. Hierdurch kann sich die Sammelmenge um bis zu maximal 208.000 Tonnen (+8 Prozent) erhöhen.
  • Diese Änderungen führen laut A.T. Kearny gleichzeitig zu einer leicht veränderten Zusammensetzung der Sammelmenge, da sich der Restmüllanteil erhöht. Ohne zusätzliche Maßnahmen wie zum Beispiel koordinierte Endverbraucher-Kommunikation würde dies zu einer Verschlechterung der stofflichen Verwertungsquoten führen.
  • Durch die erweiterten Freiheiten der Kommunen können sich die Erfassungskosten um bis zu 43 Millionen Euro (+ 11 Prozent) bzw. 4 Euro pro Tonne (+3 Prozent) erhöhen.
  • T. Kearny erwartet, dass die durchschnittlichen Transportkosten vom Umschlagplatz der Sammlung zur Sortieranlage pro Tonne Sammelmenge gleich bleiben werden und die mögliche Erhöhung der Sammelmenge um 208.000 Tonnen zu einer Erhöhung der Systemtransportkosten von 4 Millionen Euro führen kann.

Sortierung:

  • Zur Erreichung der Quoten im Entwurf des VerpackG werden Investitionen in die bestehenden Sortieranlagen in Höhe von ca. 50 Millionen Euro in den nächsten drei Jahren notwendig. Die Investitionen belaufen sich auf bis zu 1 Millionen Euro pro Einzelmaßnahme und in Summe bis zu ca. 1,7 Millionen Euro pro Sortieranlage abhängig von Anlagentyp, Größe und aktuellen Fähigkeiten.
  • Der Erhöhung der Betriebskosten von systemweit 18 bis 29 Millionen Euro pro Jahr steht ein Produktivitätsgewinn (Kostenreduzierung von bis zu ca. 3 Millionen Euro) gegenüber.

Verwertung:

  • Durch den Entwurf des VerpackG müssen jährlich ca. 430.000 bis 480.000 Tonnen mehr Kunststoffe stofflich verwertet werden. Dadurch wird die Gesamtmenge auf ca. 900.000 bis 950.000 ansteigen. Dies bedeutet eine Verdoppelung der benötigen Verwertungskapazitäten im Vergleich zu heute.
  • Laut Schätzungen sind diese Kapazitäten bereits größtenteils im Markt verfügbar (600.00­ bis 800.000 Tonnen in 2016).
  • Die fehlende Kapazität muss durch Verdrängung von importierten Mengen oder eine Erhöhung der Exporte zur Verwertung im Ausland (kurzfristig), Kapazitätserweiterungen durch bestehende Akteure oder Markteintritte (mittel­- bis langfristig) abgedeckt werden
  • Die größte Steigerung benötigter Kapazitäten zur stofflichen Verwertung von Kunststoffen verzeichnen spezielle Teilfraktionen der heutigen Mischkunststoffe. Es wird erwartet, dass diese ca. 260.000 bis 280.000 Tonnen in 2020 ausmachen werden.
  • Der Engpass der Quotenerfüllung und wesentlicher Kostentreiber im System wird der stoffliche Wiedereinsatz der Mischkunststofffraktionen und neuartiger Fraktionen (z.B. PET-Schalen, Schwarze Kunststoffe) sein.

Nach Einschätzung des Grünen Punkts werden in der Gesamtbetrachtung aber dennoch keine oder nur geringe Kosten auf die deutsche Wirtschaft zukommen. „Höhere Recyclingquoten führen nicht automatisch zu höheren Kosten“, resümiert Michael Wiener, CEO der Duales System Holding. „Im Gegenteil – das Verpackungsgesetz wird helfen, einen Investitionsstau in den Anlagen aufzulösen, und damit schon bald für mehr Leistung sorgen.“

Was die Kosten im im dualen System vielmehr treibt, ist laut Wiener vor allem der ungleiche Wettbewerb: „Marktteilnehmer, die Verpackungen aus dem System herausdefinieren, verschaffen sich einen ungerechtfertigten Vorteil auf Kosten derjenigen Unternehmen, die ihre Verantwortung ernst nehmen.“

Auch A.T. Kearney erwartet als Folge der höheren Recyclingziele keine Kostensteigerungen. „Natürlich muss in die Sortieranlagen investiert werden“, so Sven Rutkowsky, Partner bei A.T. Kearney. „Den Investitionen stehen aber ein Produktivitätsgewinn sowie Einsparungen für die thermische Entsorgung gegenüber, sodass in Summe der Mehraufwand ausgeglichen wird.“

Insgesamt sieht A.T. Kearney durch Änderungen in der Sammelinfrastruktur, höhere Verwertungsmengen und höhere Quotenvorgaben Kostensteigerungen in Höhe von maximal 107 Millionen Euro in 2020. Die Berechnungen beruhen auf einem Entwurf des VerpackG vom August 2016. Demgegenüber sieht der Entwurf vom 10. November 2016 längere Übergangsfristen und teilweise geringere Recyclingquoten vor – die Auswirkungen auf die Kosten dürften also noch geringer ausfallen.

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