Windenergieanlagen

Die Verwertung der Rotoren von Windenergieanlagen ist nicht einfach. Häufig bleibt nur zersägen und verbrennen. Ein amerikanisches Forschungscluster könnte die Verwertung vereinfachen – mithilfe eines neuen Materials. [ Video ]

Forscher entwickeln Rotorblätter aus recyclingfähigem Material


In Deutschland gibt es aktuell 28.675 Onshore- und 1.196 Offshore-Windenergieanlagen. Nach einer Nutzungsdauer von mindestens 20 Jahren fallen die Anlagen irgendwann zur Entsorgung an. Hauptproblem sind dabei die Rotorblätter, allein schon wegen ihrer komplexen Zusammensetzung. Doch möglicherweise zeichnet sich eine Lösung ab, die das Recycling in Zukunft einfacher machen könnte.

Wie US-Wissenschaftler vom Institute for Advanced Composites Manufacturing Innovation (IACMI) mitteilen, ist es ihnen in einem Verbundprojekt gelungen, ein Rotorblatt mit recyclingfähigem Verbundharz zu entwickeln. Schlüssel sei ein neues Harz, das den Namen Elium trägt und vom industriellen Partner Arkema entwickelt wurde. Der international tätige Chemiekonzern mit Hauptsitz Frankreich hat das flüssige, thermoplastische Acryl erst im Herbst 2017 vorgestellt.

Mit dem neuen Harz ist es den Forschern zufolge möglich, Rotorblätter ohne Blasen oder Risse zu erzeugen. Das hätten Echtzeit-Infrarot-Aufnahmen des Aushärtungsprozesses im Labor beim Projektpartner Vanderbilt University gezeigt. Die für Rotorblätter häufig verwendeten Glasfasern würden eingebettet, anschließend erzeugt das Harz seine eigene Wärme und härtet langsam aus. Das spare Energie bei der Herstellung.

Darüber hinaus ermögliche Elium ein einfaches Recycling. Demnach könnten Komposit-Bauteile an ihrem Lebensende einfach zerkleinert, gemahlen und als Faser-Compoundierharz und wiederverwendet werden. Ein zweiter Weg ist die Rückgewinnung von Fasern und den chemischen Einzelbausteinen des Harzes durch Depolymerisation in einem Thermolyseverfahren.


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• Die Gesamtnutzungsdauer einer Windenergieanlage liegt zwischen 25 und 35 Jahren.

• Sie besteht aus Fundament, Turm, Gondel mit Getriebe, Generator und Steuerungselektronik sowie dem Rotor.

• Hauptmaterialien sind Beton (rund 64 Prozent) im Fundament und Stahl (gut 32 Prozent). Andere Werkstoffe, unter anderem auch faserverstärkte Kunststoffe, stellen im Vergleich eher geringe Gewichtsanteile.

• Für fast alle in einer Windkraftanlage verwendeten Materialien existieren geeignete Entsorgungswege. Bei der Rotorblattentsorgung wird nach geeigneten Wegen geforscht. Eine echte stoffliche Verwertung der GFK- oder CFK-haltigen Materialien ist bisher nicht etabliert.

• Aufgrund entsprechender Verordnungen dürfen Rotorblätter nicht deponiert werden; sie bestehen zu 30 Prozent aus organischen Anteilen (Harze, Füller und Sandwichmaterialien).

• In Deutschland fielen im Jahr 2015 knapp 1.600 Tonnen alte Rotorblättern aus Windkraftanlagen an.

• Alexandra Pehlken und Henning Albers von der Universität Oldenburg und der Bremer Hochschule schätzen, dass 2020 bereits 20.000 Tonnen ausgediente Rotorblätter und 2030 etwa 30.000 Tonnen zum Recycling anfallen werden (Stand 2017).

• Der Bundesverband Windenergie (BEW) geht auf Basis von Zahlen zum Zubau davon aus, dass die zukünftige durch Rotorblätter erzeugte Abfallmenge unter 40.000 Tonnen pro Jahr liegen wird.

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Bisher gibt es die neuartigen Rotorblätter allerdings nur in der Laborversion. Im nächsten Schritt wollen die Forscher den Prozess großtechnisch und damit Rotorblätter in Originalgröße realisieren.

Das Institute for Advanced Composites Manufacturing Innovation (IACMI) ist ein Forschungszentrum, das von der University of Tennessee und dem US-Energieministerium betrieben wird. Angedockt sind die Technische Universität Colorado School of Mines, die Vanderbilt University und die Purdue University. Außeruniversitäre Partner sind das staatliche National Renewable Energy Laboratory sowie der Hersteller von Bau- und Spezialprodukten Johns Manville, der Chemiekonzern Arkema und der Rotorhersteller TPI Composites.


Video: Rotorblätter aus Elium

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© 320°/bs | 19.02.2018

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